Landtag,
33. Sitzung vom 24.06.2010, Wörtliches Protokoll -
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Präsident Prof Harry Kopietz:
Danke, Herr Landeshauptmann. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg
Mag Jung. Ich bitte darum.
Abg Mag Wolfgang Jung
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke, Herr Landeshauptmann. Nur eine
Anmerkung zu Ihrer Kurzvorlesung. Sie haben mit der
gemeinsamen Außenpolitik begonnen und mit dem Außenminister der EU, den es ja
nicht gibt. Das muss auch dazu gesagt werden. Der Richtigkeit halber wäre auch
anzumerken, es ist kein Er, es ist eine Sie. Aber wir haben gerade in den
letzten Tagen festgestellt, dass diese keine Kompetenz haben und dass die
Nationalstaaten anscheinend nicht sehr gewillt sind, der EU stärkere Rechte im
Bereich der Außenpolitik abzutreten.
Worum es aber geht, nämlich in den konkreten Bereichen:
Sie haben davon gesprochen, ohne EU wären die Exporte zusammengebrochen, und so
weiter. Es gab ein Österreich vor der EU, Herr Landeshauptmann, und wir haben
auch kräftig in dieser Zeit exportiert und alle, die bei uns kaufen, würden
deswegen nicht abbestellen. Das glaube ich nicht, und sie kaufen wegen der
Qualität der Produkte und weil sie es brauchen.
Sie
haben angesprochen, die EU sei notwendig, um gemeinsam die Probleme zu lösen.
Ja, das sehen wir. Das, was wir gemeinsam machen, ist, in eine Kasse
hineinblechen, nämlich diejenigen, die Nettozahler sind, damit Staaten saniert
werden, die bisher den Schlendrian zum Staatsprinzip gemacht haben. Die
EU-Berichte der Stadt Wien der letzten Jahre äußern ja auch Zweifel und zeigen
durchaus in einigen Bereichen sehr große Skepsis. Das ist die
Dienstleistungsrichtlinie, und es werden Probleme bestehen bei der
Rückvergütung von Behandlungskosten - wir haben sie ja zum Teil schon - und die
Sozialleistungen.
Präsident Prof Harry Kopietz (unterbrechend): Ihre Frage, Herr
Abgeordneter!
Abg Mag Wolfgang Jung
(fortsetzend): Und in diesem
Zusammenhang stelle ich die Frage an Sie, Herr Bürgermeister, weil Sie und die
Stadt Wien dort Skepsis geäußert haben: Wodurch, glauben Sie, ist diese
berechtigte Skepsis jetzt entschärft worden mit diesem Vertrag?
Präsident Prof Harry Kopietz:
Herr Landeshauptmann!
Lhptm Dr
Michael Häupl: Zunächst einmal, Herr
Abgeordneter, bedanke ich mich für Ihre Hinweise und Ergänzungen. Es ist sehr
schade, dass ich beim EU-Außenminister die Anführungszeichen nicht mitsprechen
konnte, aber ich werde das, wenn ich weiß, dass Sie die Zusatzfrage stellen, in
Zukunft natürlich auch entsprechend richtig zitieren, und vielleicht auch bei
manchen Bemerkungen einen kleinen Smiley dazu machen,
es ist ja auch Humor nicht jedermanns Sache. Ich werde mich bemühen, mich beim
nächsten Mal verständlicher auszudrücken, vielleicht werden dann die
Missverständnisse dadurch geringer.
Ja, selbstverständlich ist die EU eine Demokratie,
für uns noch viel zu wenig Demokratie, das ist ja außer jedem Zweifel.
Natürlich ist das Verhältnis zwischen Rat, Kommission und Parlament weiter entwickelbar, und natürlich, und ich sage das, was ich hier
schon öfter gesagt habe, der Vertrag von Lissabon kann nicht das Ende eines
Weges sein, gerade, was die Demokratisierung der Europäischen Union betrifft,
aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Denn wenn ich es mit der Zeit
davor vergleiche, so ist zweifelsohne der Vertrag von Lissabon ein wesentlicher
und positiver Schritt in Richtung zu mehr Demokratie in der Europäischen Union.
Und, ich wiederhole es, wo es mir noch ein „Mehr“ an Demokratie sein könnte:
Bei der Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments.
Also, so gesehen gibt es hier natürlich in vielerlei
Hinsicht Kritik im Detail, aber selbstverständlich, und die habe ich auch
selbst immer wieder geübt, beispielsweise in der Frage der
Dienstleistungsrichtlinie. Wenn man versucht hat, Gemeinden zu bevormunden in
der Vor-Lissabon-Vertrags-Ära, so ist das nunmehr
durch den Lissabon Vertrag wesentlich schwieriger geworden, als es vorher der
Fall war. Und ich möchte mich nicht wiederholen, es ist eine Reihe von
Instrumenten auch dabei. Ja, selbstverständlich führen wir hier auch
Diskussionen um den Richtlinienstreit, um die entsprechenden Gesetzesvorhaben,
die es in Europa doch gibt, und selbstverständlich gibt es auch im Parlament
heftige Diskussionen, dazu ist ja das Parlament letztendlich auch da.
Also, für mich ist das, was Sie hier kritisieren, ein
Bestandteil einer sich durchaus in eine positive Richtung entwickelnden europäischen Politik. Und dass wir unsere Interessen dabei
zu vertreten haben, ist ja wohl selbstverständlich. Wir haben in der
Vergangenheit reichlich Gebrauch davon gemacht und ich werde das auch in
Zukunft tun. Aber das ist die Normalität der Demokratie, und daher freut es
mich - Sie wird es wahrscheinlich weniger freuen, nehme ich einmal an - aber
mich freut es jedenfalls, dass der Verfassungsgerichtshof so entschieden hat,
wie er entschieden hat. Die Begründung ist natürlich auch lesenswert, aber
vielleicht sollte man auch einmal öffentlich darauf hinweisen, dass Sie
beispielsweise in Ihrem Klagebegehren den Verfassungsentwurf falsch zitieren
und dann vom Verfassungsgerichtshof darauf hingewiesen werden müssen, dass der
eigentlich gar nicht beklagt werden kann, weil er überhaupt nicht Bestandteil
des Rechtsgewerkes der Europäischen Union wurde. Das
ist aber eine andere Sache und das müssen Sie mit Ihren Juristen ausmachen. Ich
jedenfalls sage Ihnen, reinen Herzens freue ich mich über diesen Entscheid des
Verfassungsgerichtshofes. Es schließt sich übrigens der Verfassungsgerichtshof
der Tschechischen Republik an, der auch die Meinung des dortigen Präsidenten
nicht geteilt hat. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Prof Harry Kopietz:
Danke, Herr Landeshauptmann. Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg
Schreuder. Ich ersuche darum.
Abg Marco Schreuder
(Grüner Klub im Rathaus):
Herr Landeshauptmann!
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