Landtag,
33. Sitzung vom 24.06.2010, Wörtliches Protokoll -
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mehr. Ich denke, dass die Argumente mehrfach ausgetauscht sind. Was für
mich nicht ersichtlich ist, ist, wieso es der SPÖ nicht möglich ist, auch nur
auf eines dieser nachvollziehbaren, sehr simplen Argumente einzugehen. Dazu
kommt inzwischen auch, dass diese Argumente nicht nur von den GRÜNEN oder von
der FPÖ oder von der ÖVP kommen, wo man sagen könnte, sie kommen nur von der
Opposition und die Opposition ist per Definition nur jener Ort, aus dem nur
Widerspruch und nur Sinnloses kommen. Das kann ja auch eine Sicht der Dinge in
der SPÖ sein. Nein, sie kommen auch aus dem eigenen Bundeskanzleramt. Denn es
wird Ihnen nicht entgangen sein, dass aus dem Bundeskanzleramt genau jene
Kritik wiederholt worden ist, um die es hier unter anderem eigentlich geht,
nämlich dass eine Regelung, die darauf abstellt, bestimmte Hunderassen als
besonders gefährlich einzustufen, und nur für diese und für Kreuzungen dieser
Rassen einen verpflichtenden Hundeführschein vorzuschreiben, in der Praxis
nicht anwendbar ist. Die Polizei, die das zu vollziehen hat, wird mit
erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert sein, weil es nicht leicht möglich
ist, bei einem Mischling rein optisch festzustellen, ob ein bestimmter Anteil
einer bestimmten Hunderasse dabei ist und wenn ja, welche. Nachdem in Wien der
berühmte Promenadenmischling der verbreitetste Hund ist, wird es zu etlichen
Schwierigkeiten beim Vollzug dieser Regelung, die Sie hier beschlossen haben,
kommen.
Dazu kommen auch allerlei absurde Vorstellungen, wie denn der Vollzug
auszusehen hat, inklusive der Idee, dass der Polizist, der das zu vollziehen
haben wird, den Hund mit dem Handy fotografiert und auf diese Art und Weise
hinterher bei Unsicherheiten festgestellt werden soll, ob eine bestimmte Rasse
dabei war oder nicht. Es wird Ihnen spätestens jetzt klar geworden sein, dass
Sie hier etwas geschaffen haben, das in der Umsetzung mit sehr großen
Schwierigkeiten konfrontiert sein wird, genau genommen, scheitern wird. Das
sage ich hier nicht als Hobby-Kassandra, sondern deshalb, weil es solche
Regelungen bereits gegeben hat, etwa in Deutschland, und überall dort, wo man
solche Regelungen angewandt hat, man inzwischen dabei ist, sie alle rückgängig
zu machen. Warum? Weil sie nämlich in der Praxis nicht funktionieren. Weil es
eben in der Praxis nicht mehr möglich ist, genau zu sagen, ob ein bestimmter
Rasseanteil bei einem bestimmten Hund dabei ist oder nicht.
Damit habe ich Ihnen, meiner Meinung nach, eigentlich das wesentlichste
und vernichtendste Argument gegen die Regelung, die Sie hier beschlossen haben,
gebracht. Aber nein, es bleibt dabei, weil das, was man sich vorgenommen hat,
ist es und wir brauchen nicht darüber zu diskutieren, ob es funktionieren wird oder
nicht. Wir brauchen auch nicht darüber zu diskutieren, wie man es besser machen
kann. Dazu kommt noch die Problematik, wenn man versucht, auf eine bestimmte
Liste von Rassen abzustellen, man sich jener Debatte ausliefert, die keinen
Anfang und kein Ende hat, die sich immer als Fass ohne Boden erweist, weil es
nie möglich sein wird, sich auf eine Liste zu einigen, die wirklich alle
angeblich besonders gefährlichen Hunderassen enthält.
Sie wissen, und auch hier hat es in den vergangenen Wochen mehrfach Publikationen
gegeben, die Sie wahrscheinlich alle, zumindest diejenigen von Ihnen, die sich
mit der Materie befassen, gelesen haben werden, dass es etwa nicht haltbar ist,
eine Liste von angeblich besonders gefährlichen Hunden zu erstellen und darin
den Deutschen Schäferhund nicht aufzunehmen. Ich habe das von hier aus auch
schon, ich weiß nicht, wie oft, gesagt. Der Deutsche Schäferhund ist ein sehr
beliebter und sehr verbreiteter Hund, der in der Hundestatistik König und
Kaiser ist, und das seit Jahr und Tag, in Wien, in Österreich und auch sonst wo
auf der Welt. Zu diesem alten Argument, es wäre deshalb, weil so viel
Schäferhunde in Wien und im deutschsprachigen Raum sind, kann ich Ihnen
bestätigen, dass auch in anderen Ländern, in denen der Deutsche Schäferhund
weder so beliebt noch so verbreitet ist, er König und Kaiser in der
Hundestatistik und sehr gefährlich ist. Er kann Menschen töten. Er kann
erwachsene Menschen töten, er kann vor allem kleine Kinder töten. Aber er
findet sich nicht auf der Liste der besonders gefährlichen Hunde.
Genauso, sehr geehrter Herr Landeshauptmann, findet sich der
Cockerspaniel nicht auf dieser Liste. Er sieht zwar sehr putzig aus, ist aber
ebenfalls verdammt bissig und kann für ein Kleinkind sehr gefährlich sein.
Der Golden Retriever ist jener Hund, der inzwischen in Wien am
häufigsten wegen Aggression eingeschläfert wird. Er gilt als allseits beliebter
und äußerst verbreiteter Familienhund, aber wegen Überzüchtung und sonstiger
Schwierigkeiten neigt dieser Hund ebenfalls zu besonders hoher Aggression und
kann sehr gefährlich werden.
Jetzt kommt der Schluss meiner Ausführungen. Das alles wissen Sie. Sie
wissen, dass der einzige Weg, den es gibt, um eine Regelung, die halbwegs hält,
zu erreichen, ist, einen verpflichtenden Hundehaltekurs oder meinetwegen
Hundeführschein für alle Frauchen und alle Herrchen in dieser Stadt zu machen.
Warum Sie es nicht machen, steht in den Sternen, weil bisher haben Sie es uns
nicht erklären können. Ich bin gespannt, ob Sie es heute schaffen. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg Mag Wolfgang
Jung: Justament ist das! Wir sind wir!)
Präsident Heinz Hufnagl:
Als nächster Redner ist Herr Abg Dipl-Ing Stiftner zum Wort gemeldet. Ich
erteile es ihm.
Abg Dipl-Ing Roman Stiftner
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Werte Damen und Herren!
In der Tat ist es so, dass wir uns hier nicht das
erste Mal über ein unrühmliches Gesetz unterhalten haben. Aber auf der anderen
Seite ist es durchaus verständlich, dass Hunde, die nunmehr seit, glaube ich,
15 000 Jahren Begleiter des Menschen sind, auch
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