Landtag, 34. Sitzung vom 21.09.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 24
mit religiösen Bauten. Beispielsweise in Telfs in Tirol konnte man sich nach so einem Prozess einigen, dass eben die Minarette, die die Menschen dort auch als bedrohlich empfunden haben, von 20 m auf 15 m verringert wurden und somit alle gut miteinander leben können. Oder auch in Bad Vöslau, wo man nach einem langen Prozess auch etwas anderes geschafft hat, nämlich nicht nur diese Bauform irgendwie so abzustimmen, dass es für alle verträglich scheint, sondern auch die Leute zusammenzubringen.
Ich glaube, um das geht es ja eigentlich. Gefährlich wird es dann, wenn Häuser, die zur Religionsausübung dienen, abgeschottete Dinge sind, wo man nicht hineinkommt und wo man sich bedroht fühlt. Aber wenn es einen Dialog gibt, wenn es einen Austausch gibt, glaube ich - und das zeigen auch diese Beispiele sehr gut -, bringt es unserer Gesellschaft etwas. Es bringt uns weiter, wir brauchen keine Angst zu haben, wir brauchen nicht Hass zu predigen, sondern wir können gut zusammenleben. Das ist jedenfalls die grüne Philosophie, wie man damit umgeht.
Ich möchte Ihnen wirklich diese Angst vor den spitzen Türmen in Wien nehmen. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass Sie jemals etwas gegen den Flötzersteig unternommen hätten, gegen den Donauturm oder die Müllverbrennung Spittelau. Insofern würde ich sagen: Cool down, schauen Sie sich die Bauordnung genau an und beenden Sie endlich Ihre hasserfüllte, gesellschaftsspaltende Politik! Die ist nämlich in Wahrheit das Problem in dieser Stadt. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. - Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Aigner. Ich erteile es ihm.
Abg Dr Wolfgang Aigner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien) : Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Ein sehr wichtiges Thema zu einem mehr als ungünstigen Zeitpunkt, denn die Frage des Baus religiöser Bauwerke, des Zusammenlebens eignet sich wahrscheinlich nicht wirklich gut, kurz vor einer Wahl unter Wahlkampfaspekten diskutiert zu werden. Nichtsdestoweniger steht das Thema heute auf der Tagesordnung. Mein Zugang dazu ist, dass man die verschiedenen Problemkreise auch entsprechend voneinander trennt.
Die Sache mit den Minaretten war wahrscheinlich auch vom Präsidenten der Glaubensgemeinschaft kurz vor wichtigen Wahlen nicht wirklich günstig gewählt, da man weiß, welche Emotionen mit diesem Thema verbunden sind. Eine Forderung aufzustellen, ist wahrscheinlich genauso ungünstig wie ein apodiktisches „Nein, das kommt überhaupt nicht in Frage!", weil wir ja auch Beispiele in Österreich haben, wo man sehr wohl mit Einbindung der Anrainer sozusagen allen Ansprüchen Genüge tun kann.
Mein Zugang ist, dass auf der einen Seite selbstverständlich die Glaubens- und Gewissensfreiheit in Österreich sehr hochgehalten wird. Im Unterschied zu vielen Ländern, wo die Glaubens- und Gewissensfreiheit eher in den privaten Bereich zurückgedrängt wird, ist es bei uns so, dass alle Religionsgesellschaften im Rahmen der Gesetze ihren Glauben auch nach außen sichtbar ausüben dürfen.
Man kann sich natürlich die Frage stellen, inwiefern man beim Baustil arabische und sonstige Traditionen nach Europa importieren soll. Ich zitiere hier ganz neutral jemanden, der ganz unverdächtig ist, nicht auf den Schutz religiöser Minderheiten zu achten, den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, der auch meint: Es ist überall dort, wo Bedarf nach Gebetshäusern besteht, dieser natürlich entsprechend abzudecken. Es ist auch wichtig, dass Moscheen aus den Hinterhöfen herausgeholt werden, sich der Öffentlichkeit zuwenden, auch um das eine oder andere tatsächliche oder vermeintliche Gerede zu beenden.
Auf der anderen Seite ist es natürlich auch eine Frage, wie das mit der Architektur ist, ob Bethäuser bei uns in Mitteleuropa genau so ausschauen sollen wie im Nahen und Fernen Osten.
Ich glaube, wenn man sich ausgehend von dieser Haltung dem Thema nähert, dann kann man eigentlich sagen: Selbstverständlich, wir sind ein liberales, wir sind ein tolerantes Land. Das ist auf der einen Seite ein Geben, auf der anderen Seite aber auch ein Nehmen, dass man sich selbstverständlich auch in die hiesige Gesellschaft einfügen soll. Es darf die Religionsfreiheit nicht der Vorwand dafür sein, dass hier auch Lebensformen und Lebensweisen, die in Europa nicht üblich sind und die wir auch nicht wollen, sozusagen hereinkommen.
Hier ist es, glaube ich, nicht allzu schwer, unter Einbezug aller Betroffenen einen Mittelweg zu finden, der einerseits der Glaubens- und Gewissenfreiheit, auf der anderen Seite auch den berechtigten Ängsten und Bedürfnissen von Anrainern und anderen Menschen, die sagen, wir sind hier nicht in Kabul, wir sind nicht in Afghanistan, sondern in Europa, gerecht wird. Das kann man ganz sine ira et studio sagen, und es gibt ja Gott sei Dank auch Beispiele dafür, wie man das in Österreich abhandeln kann.
Eine zweite Thematik, die eigentlich vom rein religiösen Gebetshaus doch zu unterscheiden ist, sind die diversen Kulturzentren, die teilweise wie Schwammerln aus dem Boden schießen, die meistens mit irgendeiner Hinterhofsache beginnen, wo eben ein Verein sich ansiedelt, wo dann ein Rund-um-die-Uhr-Betrieb stattfindet und wo es berechtigte Anrainerbeschwerden gibt. Auch da ist es gut, wenn man sich der Thematik so nähert: Worum geht es denn eigentlich?
Es geht hier ja weniger um religiöse Übungen, sondern es geht darum, dass Multifunktionszentren entstanden sind und entstehen, für die man den entsprechenden Raum braucht. Man braucht entsprechende Verkehrskonzepte. Es ist meines Erachtens auch gut und wichtig, wenn man die Anrainer in solche Vorhaben rechtzeitig einbezieht. Eine eigene Widmung ist wahrscheinlich auch kein Fehler, die auch berücksichtigt, dass es sich hier eben um eine Stätte handelt, bei der sehr viele Menschen tagaus, tagein verkehren und dann natürlich auch entsprechende Probleme bereiten. Wenn das ordentlich gewidmet ist, dann werden diese Aspekte im Vorfeld einbezogen und dann kann man sich auch sehr viele
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