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Landtag, 3. Sitzung vom 27.01.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 43

 

nicht sein, dass die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft deswegen den notwendigen Schutz nicht bekommen, weil im Behörden- und sonstigen Wirrwarr letztendlich Zuständigkeiten nicht wahrgenommen werden und im Endeffekt der notwendige Schutz ausbleibt.

 

Also, hier ist auch der Föderalismus einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Hier geht es im Endeffekt auch um Zivilcourage, einerseits von ganz normalen Menschen, die Beobachtungen auch entsprechend nicht durch Wegschauen vertuschen sollen, sondern Beobachtungen weiterleiten müssen, wenn es derartige Vorkommnisse gibt, weil meistens haben solche Dinge ja auch einen gewissen Vorlauf. Hier dürfen sich Behörden auch nicht damit entschuldigen, dass sie nur für Einzelbereiche zuständig sind, sondern hier geht es um eine Gesamtsicht und im Endeffekt hat die Politik, das heißt, wir alle, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, dass solche Dinge möglichst nicht passieren.

 

Ich glaube, es sind schon einige Schritte getan worden. Auf der einen Seite, dass die Spitäler Kindesmisshandlungen melden, und da hat Kollege Gudenus völlig recht, der Datenschutz darf wirklich nicht eine Ausrede sein, dass man bei Verdacht auf Kindesmisshandlungen sozusagen nichts sagt. Den Datenschutz, den sollte man viel lieber bei den neuen Medien, wie beim Facebook und bei anderen Dingen, stärker beachten, aber dass sozusagen in solchen Fällen eine staatliche Stelle der anderen unter dem Hinweis auf Datenschutz nichts sagt, das ist sicher nicht im Sinn der Erfinder.

 

Aber es sollen die Spitäler besser vernetzt werden und dass auch die Sicherheitsbehörden, wann immer hier Alarm geschlagen wird, vielleicht lieber fünf Mal zu viel fragen als einmal zu wenig. Und da gilt es schon auch kritisch anzumerken, dass auf der einen Seite bei Tierschützern mit einer Akribie gearbeitet wird, die man schon hinterfragen kann, wo Spitzel eingeschleust werden und ich weiß nicht, was noch und wo man mit Terrorismusparagraphen agiert. Gestern gab es wieder einen Bericht im Fernsehen, dass Väter, die um das Besuchsrecht für ihre Kinder kämpfen, auf einmal auch unter Terrorismusverdacht stehen und dort, wo offenkundige und amtsbekannte Gewalttäter mit Kindern zu tun haben, man eigentlich die Dinge liegen lässt. Also ich glaube, hier ist auch die Justiz und hier sind auch die Sicherheitsbehörden nicht aus ihrer Verantwortung zu entlassen.

 

Das Gleiche gilt natürlich auch für die anderen Institutionen, die mit Kindern zu tun haben, also Schule, Kindergärten, Schulärzte. Auch hier ist das entsprechend Notwendige zu tun, dass mögliche Verdachtsmomente mit der gebotenen Sorgfalt und mit den gebotenen Möglichkeiten, dass es ja auch hoffentlich nicht stimmen kann, ihre Beobachtungen weitergegeben werden.

 

Das, was aber Landesaufgabe ist, ist eben, dass unsere Jugendämter und unsere Jugendwohlfahrtsbehörden ausreichend dotiert werden. Und da sind jetzt sozusagen wir gefordert und da ist der Wiener Landesgesetzgeber gefordert und da ist die Wiener Verwaltung gefordert. Es haben sich die Situationen in den Familien in den letzten Jahren und Jahrzehnten massiv geändert. Alleinerziehertum ist weit verbreitet, andere Kulturen haben Einzug bei uns gehalten, die Überforderungen haben zugenommen, es wird ein anderes Menschenbild tradiert, also es bedarf wirklich einer Aufstockung in der Jugendwohlfahrt.

 

Ich glaube, das Vier-Augen-Prinzip ist hier wichtig. Es darf eben nicht nur in Akutfällen das Personal da sein, und ich glaube, das ist man letztendlich auch den geänderten Verhältnisse in der Gesellschaft schuldig, und der Wiener Verwaltungsapparat ist groß genug, dass man ohne Einbußen auf der einen Seite sozusagen Ressourcen dorthin umlenken kann, wo die Notwendigkeiten gegeben sind.

 

Es handelt sich um einen sensiblen Bereich, es handelt sich um Elternrechte, aber ich denke, die Elternrechte hören dort auf, wo das Wohl der Kinder massiv in Gefahr ist. Und dort haben der Staat und die Gemeinschaft nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht einzugreifen. Und da, glaube ich, braucht man dafür auch einen entsprechend geschulten und gut dotierten Apparat, der auch in der Lage ist, diese heikle und sensible Aufgabe durchzuführen, und das wäre schon auch etwas, was man sich in den zukünftigen Stellenplänen wirklich anschauen muss, wie man die Wiener Jugendwohlfahrt personell ausstatten kann.

 

Es ist auch eine sehr belastende Tätigkeit, hier ist auch eine entsprechende Supervision notwendig, hier muss es auch den entsprechenden Wechsel geben können, weil das sind alles unangenehme Dinge. So wie vielleicht auch das Personal in den Intensivstationen nach einer gewissen Zeit ausgewechselt werden muss, weil die Arbeit zu belastend ist, müsste man das auch hier andenken. Ich glaube, da sind auch die Personalvertretung in Wien und die Gewerkschaft entsprechend gefordert, hier ihre Vorstellungen und ihre Erfahrungen beim Dienstgeber einzubringen. Das heißt, es liegt hier ein Bereich vor, wo Justiz, Polizei, Jugendämter, sonstige Behörden, Schule, Kindergärten insgesamt gefordert sind, aber auch die Nachbarn nicht wegschauen dürfen. Im Endeffekt geht es hier um unsere Kinder und um unsere Zukunft. Ich meine, diese Kinder sind alle umsonst gestorben, aber um diese sinnlosen Tode im Prinzip irgendwie mit einer Zukunftsperspektive zu versehen, könnte das nur bedeuten, dass sozusagen diese tragischen Ereignisse zum Anlass genommen werden, das System einfach insgesamt zu verbessern.

 

Und einen letzten Satz: Also, ich muss mich schon auch wundern, vor dem Hintergrund unserer sonstigen Sozialdebatten, und wenn man hört, wie schwierig es oft ist für Menschen, die 40 Jahre gearbeitet haben, zu einer Invaliditätspension zu kommen - die Pensionsversicherung agiert natürlich in Selbstverwaltung, aber sie lebt auch sehr stark von Zuschüssen der öffentlichen Hand - und die Frage, wie man in dem Alter zu einer Invaliditätspension in dieser Höhe kommen kann, die würde mich einfach auch als Experten auf diesem Gebiet schon sehr interessieren. Und auch die Sozialversicherungsanstalt lebt nicht im luftleeren Raum und muss sich einer öffentlichen Debatte stellen, und dieser Debatte wird sie sich auch zu stellen haben. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 

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