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Landtag, 3. Sitzung vom 27.01.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 43

 

Appell betrachten, darüber nachzudenken, ob man diesem Bereich auch in der täglichen Arbeit und immer wieder auch in Diskussionen hier in diesem Haus den entsprechenden Stellenwert einräumt oder ihn nur dann hervorkramt, wenn es eben - und es ist ja mehrmals darauf hingewiesen worden - tragische Fälle gibt - zwar nicht in Wien, aber sie sind auch nie auszuschließen, ich glaube, da sind wir uns auch alle einig -, ob man also nur dann dieses Engagement zeigt, wenn es um diese tragischen Fälle geht.

 

Ich muss sagen, dieser Bereich, für den ich jetzt zuständig bin, ist ein Bereich, dem eben immer wieder - das ist ja auch in mehreren Wortmeldungen, ganz egal, von welcher Partei, angesprochen worden - entsprechendes Augenmerk zu widmen ist und der auch ein belastender Bereich ist, wenn man weiß, dass Kinder Gewalt ausgesetzt sind. Es ist ein Bereich, in dem man tagtäglich sein eigenes Handeln zu überprüfen hat: Ist das jetzt genau der richtige Schritt oder ist das nicht der richtige Schritt? Aber da können wir ja noch trefflich darüber philosophieren.

 

Für die SozialarbeiterInnen, für die Sozialpädagogen und –pädagoginnen stellt sich diese Frage ja noch wesentlich intensiver. Daher finde ich es einfach notwendig, dass wir, wenn wir heute hier eine Debatte führen, diese Thematik auch immer wieder in der laufenden Arbeit etwas intensiver diskutieren. Und da muss ich ganz ehrlich sagen, ich erinnere mich an viele Debatten hier im Gemeinderat, wo ich dieses Engagement der Freiheitlichen, das heute zu hören war, oder durchaus auch konstruktive Vorschläge vermisst habe. Viele ihrer Vorschläge halte ich nämlich nicht für sinnvoll, sage ich auch dazu, denn es ist schon darauf hingewiesen worden: Die gesamte Datenbankgeschichte klingt sehr gut, aber im konkreten Fall, über den wir diskutieren, hätte sie null geholfen, wenn dort jemand nicht gemeldet ist. Aber man kann zumindest einmal sagen, darüber kann man diskutieren.

 

Diese Diskussionen habe ich vermisst, als es zum Beispiel darum ging - wir haben das ja auch hier am Rande von diversen Budget- und Rechnungsabschlussdiskussionen immer wieder gehabt -, im Sinne dessen, was Sie, Kollege Wansch, Verantwortung genannt haben, dass die Sozialarbeiterin auf einmal die war, die bei Gericht verurteilt wurde. Darüber haben wir mehrmals hier diskutiert. Da kann ich mich nicht an besonderes Engagement Ihrerseits erinnern, als es darum gegangen ist zu sagen: Wo sind denn hier strukturelle Mängel? - Aber es kann doch nicht so sein, dass jene Kollegin - Kollegin im Sinne von einer Sozialarbeiterin -, die eine sehr, sehr schwierige Aufgabe hat, die Erste ist, die dann plötzlich zur Rechenschaft gezogen wird.

 

Also ich glaube, man muss diese Diskussion ständig führen. Insofern appelliere ich an Sie: Führen wir diese Diskussionen! Und ich ersuche Sie da schlicht und ergreifend, sich weiterhin einzubringen. Denn bisher, muss ich sagen - und das ist das, was ich eben nicht ganz teile - führen wir diese Diskussion nur dann, wenn es irgendwo einen Einzelfall gibt. Zum Glück war dieser nicht in Wien, aber das hilft nichts. Die Frage, ob richtige Strukturen vorhanden sind, muss man sich täglich stellen, immer in der tagtäglichen Arbeit.

 

Ich erinnere auch an die Diskussion, als wir vor rund einem Jahr die Arbeit der Eltern-Kind-Zentren – so viel auch noch zur Personalausstattungsdiskussion - ganz bewusst, was durchaus auch hier politisch kritisiert wurde, in der Struktur verändert haben. Es geht ja nicht immer darum, zusätzliches Personal zu schaffen, sondern es geht auch darum zu sagen: Welche Einrichtungen habe ich, und was an Angeboten kann ich in einer bestimmten Situation eben nicht mehr bieten, zum Beispiel im Sinne von klassischen Kursangeboten, die wir für den Mittelstandsbereich hatten? Da sage ich, das ist nicht der Kernbereich der MA 11, sondern wir sollten uns mehr jenen Problemstellungen widmen, um die es geht: Um die Prävention, um die Unterstützung von Eltern oder im Speziellen auch Kindern oder Ehepartnern, die Gewaltsituationen ausgesetzt sind, hier Hilfestellung zu geben.

 

Darüber ist diskutiert worden, und ich bin auch kritisiert worden und gefragt worden: Warum gibt es die Babytreffs nicht mehr? Und ich habe ganz offen gesagt: Deshalb, weil ich glaube, die Jugendwohlfahrt hat sich mehr genau solchen Dingen zu widmen, als zum Beispiel ein Angebot zu schaffen, von dem wir ganz genau gewusst haben, dass jene, für die es gedacht war, es nicht in Anspruch nehmen, sondern es war ein netter Treffpunkt für viele Eltern. Solange man das tun kann, soll man es auch tun, aber wenn es neue Prioritäten gibt - und steigende Gefährdungsmeldungen sind neue Prioritäten -, dann machen wir es nicht mehr, weil ich glaube, hier ist der richtige Ansatz.

 

Insofern ersuche ich daher: Diskutieren wir diese Fälle nicht immer nur anhand von Einzelfällen, denn solche werden leider immer wieder irgendwo auftauchen, sondern diskutieren wir Strukturen, diskutieren wir Qualitätsstandards und bemühen wir uns gemeinsam, dass eines - und das ist ja mehrmals gesagt worden - endlich kommt, nämlich wirklich einheitliche Standards in ganz Österreich. Da brauchen wir uns nicht zu verstecken, sondern da haben viele andere aufzuholen, aber das ist für uns auch eine Bestätigung unserer Arbeit.

 

Zum Abschluss möchte ich vor allem noch ein herzliches Dankeschön an all jene Kolleginnen und Kollegen sagen, die sich tagtäglich die Frage zu stellen haben: Was ist für dieses - heute mehrmals eingeforderte - Kindeswohl das Richtige? Dass das Kind bei der Mutter bleibt? Dass es beim Vater bleibt? Dass es in eine Wohngemeinschaft geht? Dass es in ein Krisenzentrum geht? Und: Welche therapeutischen Angebote werden erstellt? - Diese Fragen haben sich KollegInnen, und es sind Hunderte in Wien, tagtäglich zu stellen. Und daher sollte man, glaube ich, diese Arbeit an dieser Stelle nach so einer Diskussion durchaus auch würdigen und schlicht und ergreifend Danke sagen, denn es ist eine große Belastung, und diese Verantwortung tragen diese Menschen in Wien. - Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Präsidentin Marianne Klicka: Danke, Herr Stadtrat. Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Gudenus. Ich

 

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