Landtag, 4. Sitzung vom 01.04.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 49
und an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung gerichtet ist. [Ihr Fraktionskollege Mag Chorherr hat laut Medienberichten gemeint, dass in Wien bis zum Jahresende einige Fahrradstraßen realisiert werden, auch wenn die dafür notwendige Novellierung der StVO (Straßenverkehrsordnung) auf Bundesebene nicht umgesetzt wird. Unterstützen Sie diese Vorgangsweise?]
Bitte, Frau Stadträtin!
LhptmStin Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Abgeordneter!
Lassen Sie mich zunächst erläutern, was eine Radstraße ist, was sie sein soll, bevor ich zur eigentlichen Beantwortung Ihrer Frage komme.
Wenn wir von einer Fahrradstraße sprechen, dann meinen wir Straßen, wie sie etwa derzeit in einigen europäischen Städten, auch in Berlin, existieren, die im Wesentlichen dem Radverkehr vorbehalten sind. Eine solche Fahrradstraße kann man so gestalten, dass dort nur Fahrräder die Straße benutzen können, so wie es etwa in der Novelle zur Straßenverkehrsordnung vorgesehen war, oder aber man kann sie so gestalten, dass sie vorwiegend von Fahrrädern benutzt wird, dass sie an sich Fahrrädern vorbehalten ist, aber sehr wohl für den Anrainerverkehr die Möglichkeit besteht, sie zu befahren, etwa um zuzufahren, aber auch um Liefertätigkeiten - um Ihnen Beispiele zu geben - zu ermöglichen. Das heißt, eine Fahrradstraße muss nicht unbedingt mit einem Fahrverbot für Kfz verbunden sein, sie ist allerdings eine Straße, auf der sich vorwiegend, wie gesagt, Fahrräder fortbewegen können, sie ist eine Straße, auf der Fahrräder den Vorrang haben, sie ist eine Straße, auf der das Fahren von Fahrrädern nebeneinander möglich ist. Das heißt, sie ist eine hochleistungsfähige Verbindung zwischen – meistens - einem Ort an der Peripherie und einem zentraler gelegenen Ort, mit der ermöglicht werden soll, dass man sich eben in Sicherheit, aber auch mit dem erforderlichen Platz, den es braucht, rasch fortbewegen kann.
Das heißt, Fahrradstraßen können allein nichts ersetzen, wenn es um Infrastruktur im Sinne des Radverkehrs geht. Sie sind eine sehr sinnvolle und sehr moderne Ergänzungsmaßnahme, wenn es darum geht, etwa in einer Stadt wie Wien den Anteil von, sagen wir, derzeit bestenfalls zirka 6 Prozent Radverkehr, den wir haben, zu steigern auf die gewünschten 10 Prozent oder vielleicht eines Tages auch auf jene 15 Prozent, die in München derzeit der Fall sind.
Warum wünschen wir uns, diesen Anteil so zu steigern? - Es ist kein Zufall, dass de facto sämtliche europäischen Städte sehr, sehr stark auf das Fortbewegungsmittel Rad setzen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel, und dieses Beispiel, glaube ich, verdeutlicht einiges: Die Stadt Sevilla hat es innerhalb eines Zeitraums von 2 Jahren geschafft, den Radverkehrsanteil von 0,2 Prozent - das heißt genau genommen, sie haben de facto keinen Radverkehrsanteil gehabt - auf ungefähr 6 Prozent mehr oder weniger über Nacht zu steigern. Sie liegen derzeit fast gleichauf mit Wien und haben das noch dazu innerhalb von 2 Jahren erreicht.
Was haben sie getan? - Sie haben Infrastruktur geschaffen in Form von Radwegen, und sie haben darüber hinaus auch ein öffentliches Radnetz, also ähnlich dem Vienna Citybike, ins Leben gerufen, das es ermöglicht, dass sehr viele Menschen, die kein eigenes Rad besitzen, auf diese Art und Weise auf den Geschmack kommen, sich aufs Rad zu schwingen und etliche ihrer Alltagswege mit dem Rad zu erledigen.
Warum wünscht man sich das? - Man wünscht sich das aus mehreren Gründen. Erstens, wie ich vorhin erläutert habe, aus Gründen der Verkehrssicherheit, die auf diese Art und Weise in Städten auf alle Fälle steigt.
Zweitens - und das ist schon ein Argument, das meines Erachtens für uns alle sehr spannend sein sollte -, weil es günstiger ist, weil es in Summe für Städte wesentlich günstiger ist, Infrastruktur für den Radverkehr zu schaffen und den Radverkehrsanteil zu steigern. Denn die Kosten für die Allgemeinheit, die das Rad mit sich bringt, sind wesentlich geringer - sie sind, genau genommen, lächerlich gering -, verglichen mit den Kosten, die andere Fortbewegungsmittel in Wahrheit nach sich ziehen, wenn es etwa darum geht, den Belag zu erhalten, Straßen zu errichten, die man für steigenden PKW-Verkehr braucht, und dergleichen mehr. Also wenn man, wie gesagt, diese Kosten miteinander vergleicht, kommt man drauf, dass es für die Städte günstiger ist, in den Radverkehr zu investieren.
Drittens, weil es gesund ist.
Viertens, weil es Spaß macht.
Fünftens, aus Gründen des Klimaschutzes, was bedeutet, dass wir hiermit auch eine Möglichkeit haben, einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen zu leisten und damit fit zu werden für jene Zeiten, die auf uns zukommen, wo wir eines Tages sehr wohl Rechnung darüber ablegen werden müssen, inwieweit wir fähig waren, die CO2-Reduktionsziele einzuhalten, was wir dafür unternommen haben - und wo im Übrigen, nur so nebenbei angemerkt, ab einem gewissen Zeitpunkt auch saftige Strafzahlungen drohen, hinsichtlich deren bis heute völlig unklar ist, wie diese Lasten zwischen Bund und Ländern aufgeteilt werden.
Es ist daher auch für Wien ein guter und kluger Weg, den Radverkehrsanteil zu steigern. Und deshalb ist es nicht nur unser erklärter Wille im Regierungsübereinkommen, sondern es ist darüber hinaus auch meine feste Absicht, alles zu unternehmen, was es braucht, um die notwendige Infrastruktur dafür zu schaffen.
Wenn Sie mich daher konkret fragen, was denn zu tun wäre für den Fall, dass das Unterfangen, Fahrradstraßen zu schaffen, im Rahmen der Straßenverkehrsordnungsnovelle scheitert - was wir mit dem Stand von heute, das sei noch einmal gesagt, noch nicht wissen; wir wissen nur, dass es im gestern beschlossenen Initiativantrag nicht enthalten war, aber es wird in den nächsten Monaten abzuwarten sein, ob nicht doch auch in der ÖVP, die dieses Vorhaben blockiert, noch ein Sinneswandel kommt -, dennoch: Auf Grund dessen, was ich Ihnen bereits geschildert habe, dass eben eine Fahrradstraße, so wie wir sie uns wünschen, im Wesentlichen
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