«  1  »

 

Landtag, 4. Sitzung vom 01.04.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 49

 

Umbau einzuleiten.

 

Ich möchte das an einigen Beispielen klarlegen. Das ist jetzt kein Angriff auf Schwarz-Rot in der Steiermark, und dennoch haben wir von der Steiermark als erstem Bundesland gehört: 604 Millionen EUR einsparen im nächsten Jahr, 908 Millionen EUR einsparen im Jahr darauf - ein knappes Fünftel des gesamten Budgets. Andere Bundesländer werden folgen. Warum ist das eigentlich der Fall? Und wo finden die Einsparungen statt? - Die Einsparungen sind: Gratiskindergarten in der Steiermark weg; im Spitalsbereich zwischen 700 und 1 400 Personen weniger; im Behindertenbereich Deckelungen, 1 000 Personen weniger; Einsparungen im Bereich der Kultur et cetera.

 

Ist das das, was Sie auch für die anderen Bundesländer wollen? Ist das das, was Sie für Österreich wollen? - Ich will das nicht.

 

Jetzt kommen wir auf die Entwicklungen auf europäischer Ebene zu sprechen, die sich in den letzten Tagen dramatisch verschärft haben. Sie sind in den Hintergrund geraten. Einerseits hat der Europäische Rat einen Rettungsschirm über 700 Milliarden EUR beschlossen, wo den Menschen vorgelogen wird, dass dieser Rettungsschirm auch nur irgendetwas mit der Stabilität des Euros zu tun hätte. Gleichzeitig, damit die Staaten das alles leisten können, wird ein Euro-Plus-Paket beschlossen - Plus soll etwas Positives symbolisieren; in Wirklichkeit bedeutet das Plus, dass auch Nicht-Euro-Staaten sich daran beteiligen sollen -, das in die Richtung geht, dass den einzelnen Nationen Lohndumping vorgeschrieben werden soll, dass die einzelnen Länder, die beteiligt sind, sich selbst verpflichten sollen, das Pensionsalter zu erhöhen, niedrigere Pensionen zu zahlen, die Sozialstandards zu senken - alles hinter dem Popanz der Aufrechterhaltung der Stabilität des Euros; der Stabilität eines Euros, der im Endeffekt dadurch gefährdet wird, dass all diese Pakete nicht damit verknüpft werden, dass den Banken und riesigen Versicherungen, den Spekulanten enge Handfesseln angelegt werden, sondern ganz im Gegenteil: Wir haben immer noch die Situation, dass sich Banken bei der Zentralbank um 1 Prozent Geld leihen, um in Anleihen mit einer 8-prozentigen Rendite zu investieren, die gesichert sind, und damit überhaupt nichts passieren kann, durch einen 700-Milliarden-EUR-Schirm, in den alle Staaten einzahlen. Das ist Diebstahl an öffentlichem Eigentum! Ich betone das: Das ist wirklich Diebstahl am öffentlichen Eigentum!

 

Und jetzt breche ich die Situation auf Österreich herunter: Wir werden hier darauf vorbereitet und eingestellt, dass Sparpakete kommen werden. Wissen Sie, dass die Prognosen des Vermögenszuwachses des obersten Prozents in Österreich für 2011 das Dreifache des prognostizierten Budgetdefizits betragen? Der Vermögenszuwachs des obersten Prozents beträgt das Dreifache des prognostizierten Budgetdefizits! Und zahlt das oberste Prozent irgendetwas dafür? - Nein! Denn bedauerlicherweise, und jetzt komme ich auch auf die Situation des Bundes zu sprechen: Von der ÖVP, ich sage es ganz offen, da erwarte ich es mir nicht, und gerade auf europäischer Ebene hat die Geldkofferpolitik bei der europäischen christlichen Union Wirkung gezeigt. Die Geldkofferpolitik hat auf europäischer Ebene dazu geführt, dass Geldkoffer nur noch Politik für Geldkoffer machen. Das ist das zentrale Problem! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Doch ich erwarte mir, dass dort, wo die österreichische Politik und dort, wo die Sozialdemokratie ihre Möglichkeiten haben, dem Einhalt geboten wird. Es ist daher unsinnig, dem Euro-Plus-Pakt zuzustimmen, es ist unsinnig, dem 700-Milliarden-EUR-Rettungsschirm zuzustimmen, solange es nicht auf europäischer Ebene Transaktionssteuern und Handfesseln für Spekulanten und Banken gibt.

 

Jetzt kommen wir auch zur österreichischen Ebene. Die Steuern in Österreich, insbesondere die, die im Zuge des Finanzausgleichs verteilt werden, werden 2011 auf demselben Niveau sein wie 2008. Die durchschnittliche Inflationsrate in diesem Zeitraum beträgt 5 Prozent. Das heißt, die an Länder und Gemeinden verteilten Mittel sind inflationsbereinigt automatisch um 5 Prozent niedriger als 2008 - dies bei einem erhöhten Maß an Arbeitslosigkeit, an Sockelarbeitslosigkeit, bei viel höheren Sozialausgaben. Jetzt frage ich Sie alle: Wie soll das funktionieren, wenn die Vermögenden nicht ihren Beitrag dazu leisten?

 

Die Antwort ist: Es funktioniert so wie in der Steiermark. Es zahlt die Mittelschicht die Zeche, es zahlen die Armen die Zeche. In der Steiermark wird der eben eingeführte Gratiskindergarten wieder abgeschafft - nur damit das eine Prozent derjenigen, die im Jahr 2011 zusammengenommen einen Vermögenszuwachs haben, der das Dreifache des Budgetdefizits beträgt, ungeschoren davonkommt.

 

Wollen Sie das, liebe Kolleginnen und Kollegen in der ÖVP? Wollen Sie das wirklich? - Das ist ja bösartig, wenn man das so will! Es geht doch darum, der breiten Masse der Bevölkerung zu helfen, jenen 99 Prozent, die nicht dem obersten Prozent angehören. Oder sind Sie wirklich nur mehr die Lobbyisten der Geldkofferpartei?

 

Und in diesem Sinne würde ich auch von Ihnen erwarten, dass Sie die Blockade der Vermögenssteuer aufgeben – zumindest, solange sich die Wirtschaft noch nicht erholt hat, zumindest, solange wir in Österreich eine Arbeitslosigkeit haben, die offiziell bei 250 000 Personen liegt, die aber, wenn man die prekären Beschäftigungsverhältnisse abzieht, im Endeffekt auf über 400 000 Personen steigt. Solange wir nicht hier ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit haben: Stimmen Sie einer Vermögenssteuer zu!

 

Denn das bringt auch mehr Geld für die Stadt Wien. Wir haben gestern von den Freiheitlichen gehört, der Gaspreis soll sinken, der Strompreis soll sinken, die Gebühren sollen sinken, heute haben wir gehört, die Gebrauchsabgabe soll sinken - alles soll sinken. Mich würde einmal interessieren, wie das gehen soll, denn gleichzeitig sagen Sie ja, alle möglichen Leistungen sollen erhöht werden. Das geht nicht! Das, was Sie gestern vorgeschlagen haben - nur als Beispiel -, führt die Wiener Stadtwerke in den Konkurs, wo dann Herr Neuhuber hergeht und sagt: Privatisieren wir sie! - Das ist

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular