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Landtag, 4. Sitzung vom 01.04.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 45 von 49

 

wen treffen sie wirklich. Das finde ich beachtenswert, sich das konkret genauer anzuschauen.

 

Lehnen wir es striktest ab, auf Menschen hinzutreten, die am Boden liegen. Und ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Es ist mir ziemlich blunzen, ob Sie das in Springerstiefeln machen oder in Lackschuhen. – Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg Yilmaz. Ich erteile ihr das Wort.

 

13.45.56

Abg Nurten Yilmaz (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus!

 

Vor einem Jahr wurde mit den Stimmen der SPÖ, der ÖVP und der FPÖ das Verbot der gewerbsmäßigen Bettelei beschlossen. Für einige von uns war dieser Schritt ganz schwierig, manche sind an ihre Grenzen gestoßen. Denn einerseits müssen sich die Wienerinnen und Wiener ohne unzumutbare Belästigung und Drangsalierung bewegen können, andererseits ist jedes Zuviel an Verboten ein starker Eingriff in die Freiheits- und Menschenrechte. Deshalb das Gesetz im vorigen Jahr.

 

Schauen wir einmal an, was das bisherige Gesetz gebracht hat. Ich zitiere im Originalton Michael Lepuschitz, Stadthauptmann und Polizeichef von Favoriten: „Es sind jetzt deutlich weniger Bettler in der Stadt unterwegs, seit das Gesetz vor einem Jahr gemacht wurde und wir die Kontrollen entsprechend angepasst haben. Früher wurden zum Beispiel Fußgängerzonen und Einkaufszentren in ganzen Gruppen belagert, das war eindeutig erkennbar organisiert. Jetzt geben uns die Bestimmungen die Möglichkeit einzuschreiten, damit können wir etwas anfangen." – Ein Originalzitat im „Kurier".

 

Das Fazit nach einem Jahr in Zahlen – ich habe ein bisschen andere –: Nach dem neuen Straftatbestand, also der gewerbsmäßigen Bettelei, wurden 56 Personen angezeigt, für aggressives Betteln, also wenn sich jemand etwa in den Weg stellt, wurden 19 Personen angezeigt, und wegen organisierter Bettelei gab es 8 Anzeigen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Warum sollen wir ein allgemeines Bettelverbot einführen? Das Gesetz wirkt. Das sind künstlich erzeugte Debatten von der FPÖ, die um ein bisschen mehr Vernunft betteln, und die ÖVP spendet dieser populistischen Aktion noch ihre Unterstützung.

 

Wie sieht die Forderung von der FPÖ und ÖVP, vernünftig betrachtet, aus? Was heißt, ein allgemeines Bettelverbot? Was ist Betteln eigentlich? Darf das Rote Kreuz nicht mehr an die Tür kommen wegen einer Jahresmitgliedschaft? Dürfen die Kinder zu Halloween nicht mehr an den Türen läuten? Und für unsere Freunde von der ÖVP: Darf nach der Heiligen Messe vom Messediener der Klingelbeutel nicht durch die Reihen gereicht werden? (Abg Mag Wolfgang Jung: Die ÖVP tarnt sich gut!) Na ja, nach diesem Gedankengut wäre das eigentlich viel ärger als betteln, wahrscheinlich Nötigung.

 

An diesen Beispielen sehen wir übrigens, wie absurd eine derartige Forderung nach einem allgemeinen Bettelverbot ist. Wer legt die Grenzen für erlaubtes Betteln fest? Der Herr Gudenus und der Herr Strache? So ein Gesetz würde niemals vor einem Verfassungsgericht bestehen. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Ach so! Und in der Steiermark, in Salzburg, in Tirol? Voves? Burgstaller? Was ist mit denen?)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Was ist der nächste Schritt der Verbotspartei FPÖ? Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass in Turkmenistan das Rauchen im Freien verboten wird, denn dort ist nämlich das Rauchen in geschlossenen Räumen erlaubt, weil es dem despotisch regierenden Präsidenten unfein erscheint, wenn man im Freien raucht. So etwas könnte ich mir von der FPÖ vorstellen. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Die Burgstaller und der Voves handeln also verfassungswidrig?)

 

In Österreich haben viele Menschen jahrhundertelang gekämpft, damit Menschen in Österreich frei leben können. Darum ist jede Einschränkung dieser Rechte besonders heikel.

 

Sie wollen Zeitungsverkäufe verbieten – wie es die ÖVP verlangt, unterstützt von der FPÖ, oder die FPÖ verlangt, unterstützt von der ÖVP, wie auch immer –, und jetzt haben wir es erfahren, Sie wollen nicht die Trafikanten verhaften, aber die Kolporteure schon. Jenen Kolporteuren, die eine Zeitung verkaufen – warum Sie gerade den „Augustin" herausnehmen, sind Sie uns schuldig geblieben, aber nichtsdestotrotz –, wollen Sie, wenn sie vor einem Einkaufszentrum stehen, das verbieten lassen. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Ahnungslos! Das ist ja kaum zu glauben!)

 

Österreich ist kein Unrechtsstaat. Alle Gesetze fußen auf Bundesverfassung. Von uns wird auch niemand verlangen können, dass wir etwas beschließen, was klar gegen die Verfassung ist. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: So wie in Salzburg!)

 

Wir sind bei der Gesetzesänderung im Vorjahr so weit gegangen wie möglich und notwendig. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Vor der Wahl!) Das Gesetz wirkt, und die Situation hat sich gebessert. Es gibt auch um vieles weniger Kinder, die betteln, alleine oder mit Eltern, und das zeigt uns auch, dass dieses Gesetz notwendig war und auch wirkt.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Gebettelt wurde im Laufe der Menschheitsgeschichte immer. Vor den Kirchen, vor den Palästen, vor den Herrenhäusern waren immer Bettler zu finden. Und an die Adresse unserer christlich-sozialen Freunde im Haus: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir angetan." Jesus, Sohn Gottes, im Neuen Testament, Matthäus 25. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Wirklich ein gutes Zitat!)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Zweite Präsident Herzog. Ich erteile es ihm.

 

13.52.33

Abg Johann Herzog (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident!

 

Ich darf zuerst auf die Wortmeldungen kurz eingehen. Die Frau GRin Hebein hat eigentlich ihren Realitätsbezug vermissen lassen. Am Anfang hat sie festgestellt, das gibt es alles nicht, dann hat sie gesagt, das gibt es vielleicht doch, und zum Schluss hat sie resignie

 

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