Landtag, 6. Sitzung vom 30.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 69
verfolgen darf und hier hat die ÖVP zum Bildungsbereich Kindergarten auch schon anders argumentiert. Ich glaube, es war ein sehr langer, sehr intensiver Diskussionsprozess, dass es auch bei den Konservativen angekommen ist, dass der Kindergarten die erste Bildungseinrichtung ist und nicht eine Aufbewahrungsstelle. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Bis Sie vor zwei Jahren endlich zu Ihrem kostenlosen Kindergarten kamen, haben Sie zehn Jahre gebraucht!) Ich halte das für einen Erfolg und bin mir sicher, dass wir es auch in den nächsten Jahren schaffen werden, in vielen anderen Bereichen, wie zum Beispiel Oberstufenreform, aber auch gemeinsame Schule oder Ganztagesschule, ein Umdenken im konservativen Lager zu bewirken.
Der Kollege Aigner hat sich heute offensichtlich der Bildungsdebatte entzogen, was ich schade finde, nachdem er selbst Pädagoge ist. Dafür durften wir hier die Geburtsstunde der Aigner-Partei erleben, weil nicht anders kann ich das interpretieren, was da heute abgelaufen ist, eine ausschließliche Kritik an der Bundesregierung, quer durch den Gemüsegarten, von der Pensionsreform bis zum Ausbau der ÖBB-Infrastruktur. Ich bin nur einmal überrascht gewesen, weil ich weiß, dass er sich bildungspolitisch durchaus auch artikulieren kann.
Die Sozialdemokratie steht für ein Bildungssystem, das Chancengerechtigkeit bietet, das vor allem, und das ist das Problem, an dem Bildung arbeiten muss, sozioökonomische Kriterien ausschalten soll, sozioökonomische Benachteiligungen von Kindern ausschalten soll, weil davon sprechen wir. Ich komme aus einem Bezirk, der das ganz deutlich macht, nämlich Döbling. Man könnte jetzt glauben, in Döbling wohnen nur die besonders gescheiten Kinder, weil dort fast alle ins Gymnasium gehen und es nur sehr wenige Hauptschulen oder Neue Mittelschulen gibt. Diese gibt es nämlich nur dort, wo es besonders viele Gemeindebauten gibt. Damit sind wir auch schon wieder beim Thema. Das heißt, dort wo der sozioökonomische Background ein besonders guter ist, gehen Kinder ins Gymnasium und haben bessere Chancen, und dort, wo es sozioökonomisch schlechter ist, gehen sie in die Mittelschule beziehungsweise in die alten Hauptschulen. Das wissen inzwischen alle. Das streiten nicht einmal mehr die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer oder sonst irgendjemand ab, außer hartnäckig ein kleines Grüppchen an ÖVP-Mandataren in Wien und im Bund. Sogar die Steirer sind draufgekommen, man müsste das Bildungs-Volksbegehren eigentlich unterstützen und die ÖVP lässt hier Reformwillen vermissen. Ich kann den Kollegen in der Steiermark nur sagen, Gratulation zu diesem mutigen Schritt! Ich hoffe, Sie setzen sich innerhalb der ÖVP auch durch!
Wien versucht gerade, diesen Lesetest durchzuführen. Ich finde, wie der Kollege Chorherr schon gesagt hat, das war ein wirklich mutiger Schritt, weil man wusste, es gibt Probleme in der Lesekompetenz.
Es ist kein PR-Gag. Es ist ein Lesetest, der eine individuelle Auswertung für jedes einzelne Kind bietet. Das heißt, der Pädagoge/die Pädagogin weiß jetzt ganz genau, wie die Lesekompetenz jedes seiner/ihrer Kinder ist und welche Maßnahmen er/sie setzen kann. Dazu wurde ein ganzes Bündel von Maßnahmen erarbeitet, wo nicht nur jene Bereiche der Schule hineinspielen, sondern auch jene Bereiche, die außerhalb der Schule stehen, das heißt, Büchereien und Bibliotheken, die Jugendwohlfahrt, die Kinder- und Jugendarbeit. Alle Bereiche können hier ein kleines Puzzleteilchen dazu beitragen, dass die Leseschwäche dieses Kindes im Laufe der nächsten Zeit aufgehoben wird, dass es dann sehr gut lesen kann und so eine Chance hat, bis ans Ende der Bildungskarriere, wenn man so sagen möchte, zu klettern.
Die SPÖ steht daher für eine Bildungspolitik, die für alle die Möglichkeit zur bestmöglichsten Ausbildung, die dieses Land zu bieten hat, bietet. Ich hoffe, diese wird immer besser, wenn wir gemeinsam daran arbeiten, um sie unabhängig davon zu erreichen, wie viel Geld oder welchen Bildungsstand die Mama oder der Papa hat. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Präsident Johann Herzog: Die Aktuelle Stunde ist somit beendet.
Vor Sitzungsbeginn ist von Landtagsabgeordneten des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien ein Antrag eingelangt. Den Fraktionen wurde dieser Antrag schriftlich bekannt gegeben. Die Zuweisung erfolgt wie beantragt.
Die Abgen Yilmaz, Mag Berger-Krotsch, Ekkamp, Mag Wurzer und Dr Vana haben am 1. Juni 2011 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend eine Änderung der Dienstordnung 1994 - 30. Novelle zur Dienstordnung 1994, der Besoldungsordnung 1994 - 39. Novelle der Besoldungsordnung 1994 und der Vertragsbedienstetenordnung 1995 - 35. Novelle zur Vertragsbedienstetenordnung 1995 eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal zugewiesen.
Die Abgen Dr Stürzenbecher, Dipl-Ing Al-Rawi, Hora, Reischl, Wagner und Ellensohn haben am 1. Juni 2011 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend Änderung des Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetzes - WWFSG 1989, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung zugewiesen.
Die Abgen Mag Straubinger, Schuster und Hebein haben am 6. Juni 2011 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend Erlassung eines neuen Wiener Prostitutionsgesetzes eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal zugewiesen.
Nach Beratung in der Präsidialkonferenz nehme ich folgende Umstellung der Tagesordnung vor: Die Postnummern 1, 5, 2, 3, 4, 6, 7, 8, 9, 10 und 11 werden in dieser genannten Reihenfolge verhandelt. – Gegen diese Umreihung wurde kein Einwand erhoben. Ich werde daher so vorgehen.
Die Postnummer 1 der Tagesordnung betrifft den 32. Bericht der Volksanwaltschaft 2010 an den Wiener Landtag.
Es freut mich sehr, die drei Volksanwälte bei uns begrüßen zu dürfen, nämlich Herrn Dr Peter Kostelka, Frau
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