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Landtag, 6. Sitzung vom 30.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 69

 

Da hat man immer gesagt, das ist so unklar, das ist zwar ein bisserl klein, aber da gibt es so Eckerln, die nicht erfasst sind, etwa in der Felberstraße, aber auch in der äußeren Mariahilfer Straße oder in der Avedikstraße. Das ist so schwer nachvollziehbar, wo das jetzt wirklich ist. Man muss einmal den Plan in die Realität umsetzen können. Das ist für jeden schwer. Das war offensichtlich ungeeignet. Die Prostituierten haben gesagt, ich darf da eh stehen, die anderen haben es anders gesehen. Also das Hauptproblem des bisherigen Gesetzes ist die Unklarheit, die Nichtnachvollziehbarkeit für den Rechtsunterworfenen, was eigentlich das Wichtigste ist bei einem Gesetz.

 

Das Gesetz hat auch kein wirkliches Genehmigungsverfahren für Lokale vorgesehen – das war sehr dürftig, um es einmal vorsichtig auszudrücken –, und auch Strafen für Prostituierte hat es keine gegeben.

 

Also der wesentliche Änderungsbedarf – ich darf das hier noch einmal wiederholen, und das war eigentlich unbestritten von allen Fraktionen hier in dem Haus – war eine Einführung einer glasklaren Normierung der Verbotszonen beziehungsweise die Vertreibung der Straßenprostitution aus dem Wohngebiet.

 

Was ist daraus geworden? – Das Gesetz liegt vor. Ich darf mir jetzt erlauben, ein bisschen im Detail auf die einzelnen gesetzlichen Bestimmungen einzugehen. Ich glaube, das sollte eigentlich unsere heutige Aufgabe sein, den Gesetzestext tatsächlich zu analysieren und eine Diskussion darüber abzuhalten.

 

Ich fange mit den positiven Seiten des Gesetzentwurfes an. Ich möchte nicht behaupten, dass es nur Negatives in dem Gesetz gibt, das muss man fairerweise selbstverständlich dazusagen. Ich werde aber – das darf ich auch schon ankündigen – relativ schnell fertig sein mit den positiven Seiten.

 

Ich komme wieder auf den § 16 zu sprechen, das ist eben diese Freierbestrafung. Hier sagt auch die Freiheitliche Partei, das ist in Ordnung, das ist die Erfüllung unserer langjährigen Forderung, die jetzt endlich in einen Gesetzestext gegossen wurde. Da sind wir ein bisschen stolz darauf, dass das inzwischen auch die Regierungsparteien eingesehen haben. Also das ist drinnen, das ist okay, das ist sehr in Ordnung, das freut uns.

 

Was noch in Ordnung ist, sind unter anderem auch die Regelungen der § 6 ff. Das sind im Konkreten die Prostitutionslokale und die Genehmigungsverfahren. Die sind grundsätzlich in Ordnung, legistisch, glaube ich, ganz gut gemacht, aber – und das ist ein sehr großes Aber und mit fünf Rufzeichen dabei – was hier fehlt – und das ist eigentlich auch entscheidend –, ist eben eine Einbindung der Anrainer und eine Rücksichtnahme auf die Anrainerinteressen, die ein bisschen über die Formulierung „die Interessen sind wahrzunehmen" hinausgeht. Wir hätten uns vorgestellt, dass in diesem Gesetzesentwurf die Anrainer sehr wohl auch zumindest eine Beteiligtenstellung bekommen, sodass sie auch Einwendungen machen können, die im Verfahren zu berücksichtigen sind. Das ist leider Gottes nicht der Fall.

 

Es gibt dann noch im § 17 – auch das sei angemerkt – den Abs 10. Er betrifft das fortgesetzte Delikt. Das finde ich in Ordnung, das ist korrekt.

 

Auch der Abs 11 des § 17 ist in Ordnung, kann man so sagen, mit Verweis auf § 50 VStG.

 

Das waren die positiven Seiten.

 

Kommen wir zu den Sachen, die in diesem Erstentwurf, so wie er uns präsentiert wurde, von uns schwer kritisiert werden, um es einmal vorsichtig auszudrücken.

 

Es beginnt mit dem § 2 Abs 7. Im § 2 werden die Begriffsbestimmungen vorgenommen. Hier ist im Erstentwurf drinnengestanden: „Straßenprostitution ist die Anbahnung oder Ausübung von Prostitution an einem öffentlichen Ort außerhalb von geschlossenen Räumen." Man höre und staune! Anbahnung und Ausübung von Prostitution. Sie können sich vorstellen, was das ist, Ausübung von Prostitution.

 

Das ist deshalb interessant, meine Damen und Herren, weil in Verbindung mit dem § 9 Abs 1 plötzlich eine sehr kuriose Situation eingetreten wäre. In § 9 Abs 1 steht nämlich: „Die Ausübung von Straßenprostitution ist zulässig, sofern in Abs 2 nichts anderes bestimmt ist.“

 

Was hätte das für Konsequenzen gehabt? Diese Bestimmung des § 2 Abs 7 wäre – darf ich einmal behaupten – in sehr großer Konkurrenz zu den Bestimmungen des Landes-Sicherheitspolizeigesetzes gestanden. Da wäre dann womöglich die kuriose Situation eingetreten, dass man die Prostitution ausüben darf in den nicht verbotenen Zonen – wo auch immer das ist, im Rathauspark oder wo auch immer –, also dass man mit einer Prostituierten verkehren darf, aber nach dem Landes-Sicherheitspolizeigesetz nicht mit seiner eigenen Frau oder mit dem eigenen Mann oder sonst irgendwie.

 

Diese Unachtsamkeit – ich sage es einmal freundlich – wurde Gott sei Dank bereinigt im Abänderungsantrag. Sie ist aber sehr bezeichnend dafür, was man sich bei dem Gesetz gedacht hat, nämlich offensichtlich nicht sehr viel. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es geht weiter mit dem Abs 8 des § 2, der immer noch nicht saniert wurde oder nicht richtig saniert wurde, das ist eigentlich die Kernnorm des neuen Gesetzes, also die wesentliche Bestimmung des Gesetzesentwurfes, wo versucht wird, Wohngebiet zu definieren. Der Versuch ist in die Hose gegangen. Wir haben es schon gehört vom Kollegen Ulm, ich darf Ihnen das trotzdem vorlesen:

 

„Als Wohngebiet im Sinne dieses Landesgesetzes gelten Flächen der Stadt Wien, welche mehrheitlich mit Gebäuden bebaut sind, die offensichtlich Wohnzwecken dienen, einschließlich aller Straßen, Parks und sonstiger öffentlich zugänglicher Flächen, die innerhalb von Wohngebieten liegen oder ihnen benachbart sind."

 

Das war die ursprüngliche Fassung des § 2 Abs 8. Schwammiger geht es fast nicht mehr. Hier gibt es mehrere unsichere Bestimmungen. Wenn man schon eine Legaldefinition macht, dann sollte man sie auch glasklar und so machen, dass sie den rechtsstaatlichen Vorgaben entspricht.

 

„Fläche", „offensichtlich", „Wohnzwecke". Wir haben es schon gesagt, ich brauche nicht alles zu wiederholen, aber entscheidend ist auch, wo ist denn dann wirklich „innerhalb"? Das ist irgendwo alles, außer vielleicht der

 

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