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Landtag, 8. Sitzung vom 20.10.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 30

 

Wir haben jetzt schon einiges zur finanziellen Situation der Stadt Wien gehört.

 

Ich möchte auf das ein bissel näher eingehen, davor allerdings noch eine kurze Bemerkung über die Glaubwürdigkeit in der Politik machen, über das Verhalten innerhalb dieses Hauses, aber auch außerhalb dieses Hauses.

 

Wenn in irgendwelchen Pamphleten zum Beispiel geschrieben wird, dass ein Herr Landtagspräsident Herzog der einzige Politiker ist, der auf Dienstwagen verzichtet, so ist das dezidiert seit vielen, vielen, vielen, vielen Jahren falsch und das wissen Sie. Die GRÜNEN haben in Oppositionszeiten noch nie einen Dienstwagen in Anspruch genommen, obwohl er ihnen immer zugestanden ist. Das wissen Sie. Das ist falsch.

 

Wenn Sie über eine Tarifreform sprechen, wo Sie den Wienern weismachen wollen, der Einzelfahrschein kostet 2,80 EUR, dann ist das falsch. Sie sagen bewusst die Unwahrheit. (Aufregung bei der FPÖ.) Sie sagen bewusst die Unwahrheit. Der Volksmund würde anders dazu sagen, aber ich darf nicht Lügner sagen. Ich darf auch nicht Lügenbold sagen. Ich darf nicht Pinocchio sagen. Das darf ich alles nicht sagen. Aber dass Sie mit Ihrer Zeitung die Unwahrheit sagen, das darf ich sagen. Und dass Sie bewusst mit dieser Zeitung verhetzen, das darf ich auch sagen, wenn man sich den Jargon dieser Zeitung ansieht. In meinen Augen ist das so.

 

Und jetzt komme ich aber tatsächlich zurück zu den inhaltlichen Vorstellungen, die Sie hier heute präsentieren und beginne einmal bei der Tarifreform.

 

Vorweg Ausgangspunkt Wien. Sie wissen, krisenbedingt Rechnungsabschluss 2010 Maastricht-Abgang 672 Millionen EUR, viele Investitionen et cetera. Im Voranschlag 2011 Maastricht-Abgang budgetiert rund 570 Millionen EUR. Es wird weniger werden, davon gehe ich jetzt schon aus, es wird weniger werden. Und Sie wissen, Stabilitätspakt, innerösterreichischer Stabilitätspakt, der auf uns zukommt, der für alle Bundesländer vorgibt, wie hoch die Verschuldung sein darf, wird für Wien in der Größenordnung, je nachdem, wie sehr am Ende dann das BIP-Wachstum in Österreich ausschaut, zwischen 360 und 380 Millionen EUR liegen. Das heißt, von heuer auf nächstes Jahr wird das Schwierige in der Budgetplanung prinzipiell sein, 200 Millionen EUR einzusparen. Das habe ich bislang von Ihnen noch nicht gehört, dass Sie das kritisieren, sondern eher das Gegenteil. Sie sind sogar der Meinung, die Stadt Wien soll ihr Defizit schneller abbauen. Ich finde es interessant, dass Sie an der Auseinandersetzung anscheinend nicht wirklich Interesse haben, Kollege Gudenus, sondern dass Sie eher Interesse haben, sich einfach hinzustellen und Sachen zu fordern. Aber Interesse an der Auseinandersetzung zeigen Sie nicht wirklich, denn sonst könnten Sie mir wahrscheinlich eine Frage beantworten, die die FPÖ bislang schuldig geblieben ist. Sie wissen ja, wir als Wiener GRÜNE haben als Wahlkampfforderung 1, 10, 100 plakatiert. Dazu stehen wir auch als Forderung, weil wir dies in ein anderes Verkehrssystem einbetten, in eine andere Organisation von Mobilität, wo der Individualverkehr zurückgeht und der öffentliche Verkehr ausgebaut wird und dadurch auch die Kosten für den Individualverkehr sinken, die Kosten der öffentlichen Hand, und damit mehr Geld für den öffentlichen Verkehr zur Verfügung steht. Noch sind wir nicht da und dennoch haben wir eine Tarifsenkung, wie es Kollege Ellensohn schon präsentiert hat, erreicht, die sich sehen lassen kann. In keinem anderen Bundesland, eigentlich in keinem anderen Land wurden die Tarife für öffentliche Verkehrsmittel jemals so deutlich gesenkt wie in Wien und da können wir als GRÜNE und auch als rot-grüne Stadtregierung stolz darauf sein. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Aber ich frage Sie jetzt ganz bewusst: Haben Sie sich durchgerechnet, wie viel Geld von der jetzt präsentierten Tarifreform fehlen würde, wenn man Ihrem Antrag folgt und wie schlagen Sie vor, diese gegenzufinanzieren? Können Sie mir die Summe sagen? Ich habe es nämlich nachgerechnet. (Abg Mag Wolfgang Jung: Das ist ja Ihr Antrag gewesen!) Noch einmal, ich habe es versucht zu erklären: 1, 10, 100, wenn es GRÜNE realisieren, steht in einem Konzept. Ich vermisse Ihr Konzept. (Heiterkeit bei Abg Mag Wolfgang Jung.) Es gibt kein Konzept. Sie stellen einfach einen Antrag und sagen, mir sind die Stadtfinanzen egal. Würde die Stadt Wien, würden die verantwortungsbewussten Politiker und Politikerinnen in diesem Saal Ihrem Antrag zustimmen, würde sich das Defizit der Stadt Wien schlagartig um bis zu 300 Millionen EUR erhöhen. Das sagt Ihr Antrag.

 

Ich frage Sie nur: Haben Sie dafür eine Gegenfinanzierung? (Abg Mag Wolfgang Jung: Es war ja Ihr Antrag!) Ja, Sie werden es nachher hier sagen, wie die Gegenfinanzierung für die 300 Millionen EUR aussieht. Ich gebe zu, ich bin gespannt. Ich bin wirklich gespannt, wer erklären wird - ich glaube, die Kollegin Kappel wird nach mir reden -, woher sie die 300 Millionen EUR nimmt, um in der jetzigen Situation, die nochmals eine andere ist als vor einem Jahr, so eine Tarifsenkung wirklich argumentieren zu können. Denn vielleicht ist es Ihnen entgangen, ich glaube, Kollege Aichinger hat es nämlich gesagt, aber vielleicht haben Sie nicht zugehört: Das WIFO hat die Wachstumsprognosen, wie Sie richtig gesagt haben, halbiert mit den Auswirkungen auf Wien, dass das für kommendes Jahr bedeutet, dass noch einmal zwischen 60 und 80 Millionen EUR weniger vorhanden sind, als ursprünglich überlegt wurde, was notwendig ist, et cetera. Aber ich lasse mich von der Quadratur des Kreises überraschen. Vielleicht wollen Sie die Kindermindestsicherung wieder abschaffen. Da haben Sie ja eh nicht zugestimmt bei der erhöhten Kindermindestsicherung. ÖVP und FPÖ haben da nicht zugestimmt. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Sie machen einen Antrag und reden über soziale Sicherheit, aber der Kindermindestsicherung haben Sie nicht zugestimmt.

 

Jetzt komme ich noch zum Valorisierungsgesetz. (Aufregung bei Abg Mag Wolfgang Jung.) Ich glaube, und ich sage das ganz offen, das habe ich auch das letzte Mal schon gesagt, ich halte das Valorisierungsgesetz prinzipiell nicht für das Gelbe vom Ei. Die Realität zeigt auch, dass wir mit oder ohne Valorisierungsgesetz jedes Jahr eine Diskussion über Gebühren hier im Haus haben. Im Endeffekt, sind wir uns ehrlich, wenn sich die

 

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