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Landtag, 11. Sitzung vom 27.01.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 68

 

hört, dass dort, wo die Kommunen viel besser wissen, was für die Menschen in ihren Gemarkungsgrenzen und auch darüber hinaus besser ist, dies eben auch auf Entscheidungsebene in den Kommunen bleiben kann.

 

Weil heute auch von Herrn Jung und von anderen schon ein bisschen gesagt wurde zur Frage der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise: Sehr geehrte Damen und Herren, auch hier ist es ganz bedeutsam, dass auf europäischer Ebene natürlich noch nicht diese Regulierungen bestehen, die unbedingt und dringend erforderlich wären, dass eine sozial verträgliche Sanierung der Finanzen europaweit und eine Sanierung der Wirtschaftssituation bewältigt werden können. Da kann sich Österreich auch nicht ausnehmen. Es kann nicht so sein, dass eine Sanierung der österreichischen Haushalte ausschließlich durch Einsparungen erfolgt, die dann in der Regel auf Sozialleistungen, auf Leistungen für jene, die weniger verdienen, zurückgezogen werden.

 

Wir haben daher gemeinsam, die Sozialdemokraten und die GRÜNEN, auch hier im Haus einen Antrag zur Budgetkonsolidierung vorbereitet, mit dem wir Sie alle einladen, sich daran zu beteiligen, dass sehr wohl eine Budgetkonsolidierung geschafft wird, dass aber dabei Steuerprivilegien und Steuergerechtigkeit hergestellt werden und nicht das Sparen um jeden Preis im Vordergrund steht, sondern Sparen dort, wo man das sinnvoll tun kann und trotzdem die Wirtschaft weiter stimuliert wird. Das hat im Übrigen auch Standard & Poor's gesagt, dass man die Investitionstätigkeit und die Konsummöglichkeiten jedenfalls nicht allzu sehr einschränken soll. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zusammenfassen: Ich finde es sehr entscheidend, dass wir diesen Prozess der Integration von lokalen und europäischen Parlamenten in einen gemeinsamen Diskussionsprozess weiter vorantreiben. Ich finde es entscheidend, dass wir diesen beiden Anträgen und den anderen, die die beiden Regierungsfraktionen gemeinsam eingebracht haben, die Zustimmung erteilen, genauso wie dem Wiener Dienstleistungsgesetz. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete des Europäischen Parlaments Mag Lunacek. Ich erteile ihr das Wort mit der Bemerkung, dass ihre Restredezeit sechs Minuten beträgt.

 

13.12.47

EP-Abg Mag Ulrike Lunacek (GRÜNE)|: Vielen Dank, Frau Präsidentin, auch für den Hinweis auf die sechs Minuten - immer noch Luxus, wie gesagt, an meine erste Rede anschließend.

 

Ja, ich möchte oder muss jetzt doch in einigen Punkten auf den Herrn Abg Jung eingehen, den ich ja noch kenne aus der Zeit, als wir beide im Nationalrat waren und die FPÖ damals an der Regierung war, was ja viele in der FPÖ heute geflissentlich vergessen wollen, dass sie mit dabei waren bei dem schwarz-blauen Projekt, das Österreich massive Probleme geschaffen hat und auch die ganzen Korruptionsfälle, die jetzt im Nationalrat behandelt werden und zu einem Großteil aus dieser Zeit kommen. Das vergessen Sie ja sehr gerne.

 

Der Herr Jung hat gesagt, er ist kein glühender Europäer, denn da verbrennt man sich die Finger, wenn etwas glühend ist. (Abg Mag Wolfgang Jung: ... überzeugt, nicht glühend!) Kein Wunder, dass die FPÖ, der Herr Jung, Angst hat, sich die Finger an diesem gemeinsamen Europa zu verbrennen, weil genau dieses gemeinsame Europa, das nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aufgebaut wurde, das ist, das die Absage an die Nationalismen, die die FPÖ immer noch vertritt, nämlich bedeutet, und die Absage an Hass und Gewalt, die die Kriege des 20. Jahrhunderts provoziert und herbeigeführt haben. Deswegen haben Sie Angst, dass Sie sich die Finger verbrennen an unserem gemeinsamen Europa! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Das wundert mich nicht, und es wundert mich auch nicht, wie - zum Teil mit ein bisschen Unwissenheit, wie mir vorkommt - Sie auch mit dem Europaparlament umgehen. Sie sagen, im Europaparlament gibt es keine Zwischenrufe. Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal dort waren. (Abg Mag Wolfgang Jung: Abgeordneter!) Das Problem ist manchmal das Sprachliche, das gebe ich schon zu. Wenn ich mit Kopfhörern der Übersetzung eines litauischen oder einer maltesischen Abgeordneten zuhöre und ich dann in den vier Sprachen, die ich kann, antworte, verstehen die es wahrscheinlich nicht immer. Das ist ein reales Problem. Aber wir verstehen einander ziemlich gut, und es gibt sehr wohl auch Zwischenrufe. Also, vielleicht wollen Sie uns ja einmal besuchen kommen!

 

Das Zweite ist: Sie sagen, das Europaparlament hat keine vollen Kontrollmöglichkeiten. Ich glaube, Sie haben den Lissabon-Vertrag nicht gelesen, und auch andere. Der Herr Mölzer müsste Ihnen vielleicht schon erzählt haben, dass das Europaparlament mittlerweile volle Kontrollrechte über das Budget hat und auch beim Budget Europas mitzahlt, ja auch die Kontrollrechte. (Abg Johann Herzog: Weit übertrieben!) Vielleicht wissen Sie nicht genau, worüber wir uns dann auch immer wieder informieren und dass wir sehr wohl die Kommission und auch den Rat kontrollieren, soweit es der Rat zulässt. Das Problem ist sehr oft der Rat, da gebe ich Ihnen schon recht.

 

Noch etwas vielleicht zu dem, weil Sie gesagt haben, Sie wünschen sich ein anderes Europa: Das andere Europa ist tatsächlich ein grundsätzlich anderes, als wir GRÜNE und wohl auch die anderen Fraktionen hier im Landtag sich das vorstellen. Was Sie wollen - das wird uns wahrscheinlich der Herr Mölzer nach meiner Rede auch noch erzählen -, ist ein Europa der Vaterländer, das Sie aber mindestens national, wenn nicht deutschnational geprägt haben wollen. Das wissen wir ja auch alle, was heute am Abend stattfinden wird: der WKR-Ball, gegen den ich auch hier das jetzt nutzen werde, meinen heftigsten Protest dagegen einzulegen. Ein Ball der Ewiggestrigen, das ist nicht etwas, was Wien braucht, so anders darf Wien nicht sein! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Und ich bin froh, dass der nächstes Jahr nicht mehr in der Hofburg stattfinden kann.

 

Noch etwas: Der Herr Jung wünscht sich das ungarische Wahlrecht, das Fidesz eingeführt hat. Na Mahlzeit!

 

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