Landtag, 12. Sitzung vom 30.03.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 55
gibt wie „Ihr Österreicher, auf euch wollen wir nicht hören!" oder „Schwabos" – na, guten Morgen, dass sind ja keine neuen Sachen. Vorurteile gibt es in jeder Bevölkerungsgruppe. Davon ist keine einzige Bevölkerungsgruppe ausgenommen. Selbstverständlich gibt es auch Vorurteile von Menschen, die zugewandert sind – nicht allen –, gegenüber jenen, die nicht zugewandert sind, die hier geboren sind.
Natürlich gibt es das. Wir haben diese Einsicht, und wir haben auch eine dementsprechende Politik. Wir sind kritisch zu allen diskriminierenden Aussagen in der Gesellschaft und nicht parteilich im Sinne von: Wir schützen euch, und wir sind gegen die anderen! Das ist unsere Politik, und das haben Sie bis jetzt noch nimmer nicht verstanden, und Sie wollen es auch nicht verstehen, denn wenn Sie sich von Ihrer Position wegbewegen, dann haben Sie kein Feinbild mehr, und wenn Sie kein Feinbild mehr haben, dann haben Sie niemanden, auf den Sie zuschlagen können und mit dem Sie auch Menschen mobilisieren und motivieren können. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Was wollen Sie damit sagen?)
Daher sage ich: Lassen wir die Kirche im Dorf! Bleiben wir bei jungen Menschen, bei Jugendlichen und Erwachsenen. Dafür gibt es soziale Einrichtungen, dafür gibt es Jugendeinrichtungen, die ständig die Kommunikation zwischen Jugendlichen und Gemeindebaubewohnern suchen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich habe das selber oft gemacht im Theoder-Körner-Hof, im Dommes-Hof, im Reumann-Hof. Die Jugend- und Sozialarbeit war immer die Konfliktschlichtungsstelle beziehungsweise die Brücke zwischen erwachsenen älteren Menschen, Kindern und Jugendlichen, solange wir das als Probleme zwischen den Generationen begreifen und nicht als Probleme zwischen Nationen, Nationalitäten und Ethnien definieren.
Für mich sind diese Jugendlichen – damit Sie das auch verstehen – Österreicher und Österreicherinnen. Das muss auch einmal klar akzeptiert werden. Das sind Österreicher und Österreicherinnen, und Sie sollten nicht immer irgendwelche Zuschreibungen machen und in Wirklichkeit meinen, die werden eh nie dazugehören, die sollen immer Ausländer bleiben, weil Sie damit die eigene rechte Partie gewinnen wollen und aufhetzen wollen.
Ich nehme die Ängste und Sorgen der Bevölkerung sehr ernst (Abg Mag Wolfgang Jung: Sie ändern damit nichts!) und zeige auch auf, dass die Verschmelzung in der Gesellschaft, die Durchmischung der Gesellschaft nicht nur durch Geburten von unseren Kindern stattfindet, sondern auch schon bei Begräbnissen. Ich nehme zwei Begräbnisse als Beispiel: Der Dieter Schrage ist voriges Jahr gestorben. Bei seiner Beerdigung waren Menschen aus aller Welt da. Das ist Normalität, weil sich die Menschen nicht mehr fragen, ist das ein Österreicher mit ausländischem Ursprung oder sonst etwas. Oder Margarete Gal, die große Kämpferin und Antifaschistin. Bei ihrem Begräbnis war auch die gesamte Welt da.
Also während sich die Gesellschaft in Richtung einer Durchmischung bewegt, versuchen Sie es immer wieder so wie jetzt in Tirol in Ihrem Wahlkampf. Wie heißt dieses grindige Plakat, das sie da gemacht haben? „Marokkaner" und was weiß ich was. (Zwischenruf bei den GRÜNEN.) Hören Sie auf, soziale Probleme zu ethnischen Problemen zu stilisieren! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Sie werden, wenn Sie so weitermachen, dass friedliche Leben in diesem Land vergiften. Das machen sie tagtäglich. (Zwischenruf von Abg Mag Wolfgang Jung.) Das machen sie tagtäglich. Sie wollen, dass Nationalismen in unserer Stadt gestärkt werden. Türkische Nationalisten sagen, wir sind die Besseren, serbische Nationalisten sagen, wir sind die Besseren. Das passiert und alles Mögliche.
Damit das nicht passiert, auch im Gemeindebau nicht passiert, damit die Menschen das Zugehörigkeitsgefühl zur Stadt weiterentwickeln können, müssen Sie von Ethnisierungen und Zuschreibungen Abstand nehmen. – Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Präsidentin Marianne Klicka: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen und erteile dem Herrn Berichterstatter das Schlusswort.
Berichterstatter Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Landtag!
Also wenn Jugendliche in einem Gemeindebau oder auch in einem anderen Bau, vielleicht in einem privaten Wohnhaus, eine Scheibe einschlagen, dann lehne ich das ab, egal, ob sie Migrationshintergrund haben oder nicht. Ich glaube, darauf können wir uns alle gemeinsam einigen, und ich glaube nicht, dass man solche Probleme mit Delogierungen löst, um jetzt wieder auf das Thema unseres heute vorliegenden Gesetzes zurückzukommen.
Ich habe hier in diesem Haus auch schon eine ganze Reihe von Maßnahmen nicht nur angekündigt, sondern auch umgesetzt, die sich mit dem Zusammenleben im Gemeindebau, aber auch in anderen Wohnformen beschäftigen. Sie, Kollege Hofbauer, haben einige angeführt. Ich könnte das noch ergänzen: Die Wohnpartner, die das im Gespräche versuchen, die Ordnungsberater, die das auf Grund des Landesreinhaltegesetzes auch mit Organstrafmandaten können. Diese präventiven Maßnahmen haben auch dazu geführt, dass die Beschwerdefälle dramatisch zurückgegangen sind. Also man kann mit wirkungsvollen Instrumenten, wo man vor allem auch die Kommunikation unterstützt und auf die Menschen zugeht, auch die Konfliktfälle reduzieren.
Konfliktfälle wird es vor allem überall dort, wo es um die Nutzung des öffentlichen Raumes geht, wahrscheinlich immer geben. Das, was wir uns als Stadt Wien vorgenommen haben, ist, dass wir uns als Hauseigentümer, als Hausverwaltung mit diesen Konflikten beschäftigen. Und ich kann nur auch private Hauseigentümer einladen, das auch ihrem Bereich zu tun. Denn so zu tun, als gäbe es Nachbarschaftskonflikte nur im Gemeindebau, ist nur ein Teil der Wahrheit. Wir alle wissen – und das weiß ich sehr stark auch von
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