Landtag, 14. Sitzung vom 28.06.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 38
ger-Koch. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abg Mag Ines Anger-Koch (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Bürgermeister!
Danke vielmals für die Ausführungen. Ich finde es sehr menschlich und toll, was für diese Personen gemacht wird, weil das Leid furchtbar war. Trotz allem möchte ich doch fragen, weil auf Grund der Recherchen der Historikerkommission hervorgekommen ist, dass dieses Leid weder überzeichnet noch sonst etwas, sondern eigentlich noch stärker war, ob die Prüfkompetenz der Wilhelminenberger Kommission angesichts der Tatsache, dass die Heimhistorikerkommission bestätigt, dass der Missbrauch in Wiens Kinderheimen allgegenwärtig war, auch auf andere Heime ausgedehnt werden wird.
Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sollte dies von jener Kommission vorgeschlagen werden, die sich heute bereits mit all diesen Fällen beschäftigt, nämlich dem Weissen Ring, dann werden wir dem nachkommen. Ansonsten versuchen wir natürlich, den Menschen sehr unmittelbar zu helfen. Ich werde das aber im Sinne des Gesagten, dass man durch Herstellung einer Öffentlichkeit auch den nötigen Respekt vor diesem Leid vermittelt, selbstverständlich nicht ablehnen.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. Die 2. Zusatzfrage stellt Frau Abg Hebein. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abg Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Es herrscht noch immer großes Unverständnis gegenüber jenen Kindern und Jugendlichen, die großes Leid erfahren haben: Sie werden noch immer pauschal als schwer erziehbar, asozial und gefährlich gesehen, und der Grund hiefür ist nicht nur Unwissenheit, sondern es gibt dafür auch politisch-ideologische Gründe, wie der Bericht zeigt.
Meine Frage an Sie lautet: Wo sehen Sie die größte Herausforderung, solche Systeme nie wieder entstehen zu lassen, überhaupt in Anbetracht dessen, dass gleichzeitig auch heute Straflager und Schnupperhaft für Jugendliche gefordert werden und es hier kaum einen Aufschrei gibt?
Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Frau Abgeordnete!
Erlauben Sie mir, nur ganz kurz und ohne jemand damit zu belästigen, in meiner Erinnerung zu kramen. Als ich ein sehr junger Student war, befand sich unter den vielen Aktivitäten, die Schüler, Studenten und junge Akademiker in dieser Zeit gesetzt haben, auch der Kampf um eine Psychiatriereform und um eine Auflösung der Heime. Ich erwähne das deshalb, weil die Auseinandersetzung um die Psychiatriereform etwas war, was sehr viele als eine politische Notwendigkeit gesehen haben und sich entsprechend dafür engagiert haben. Hingegen war die Frage der Auflösung der Heime – wenn man das ein bisschen humorvoller ausdrücken will – nicht so schick, und das hatte mit Sicherheit seinen Grund auch darin, dass man die Kinder in den Heimen ganz tief in der Emotion als „Schmuddelkinder“ empfand. Das muss man mit einem Hauch von Selbstkritik am Rande auch anmerken. Und ich bin vielen späteren Freunden sehr dankbar sowohl hinsichtlich der Psychiatriereform als auch betreffend die Reaktionen der Stadt Wien im Zusammenhang mit den Auflösungen der großen Heime und all den Maßnahmen, die bereits auch in den späten 70er Jahren erfolgt sind.
Gerade daraus sollten wir aber auch lernen, dass man stets auch mit einem Blick nach innen und in sich selbst an diese Themen herangehen sollte. Wir wissen, dass in diesen Heimen Opfer und gleichzeitig auch Kriminalität geboren wurden. Daher bin ich sehr froh – und spüre eine entsprechende Verantwortung –, dass wir heute Betreuungssysteme haben, die zwar auch Verbrechen niemals ausschließen können, denn das kann kein Mensch, die aber ausschließen, dass sie Bestandteil eines Systems sind, und das ist mir wichtig. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg Nepp. Bitte, Herr Abgeordneter.
Abg Dominik Nepp (Klub der Wiener Freiheitlichen): Guten Morgen, Herr Landeshauptmann!
Sie haben richtig gesagt, dass man dieses Leid, das man diesen Kindern angetan hat, nie mehr wiedergutmachen kann und dass es hier prinzipiell um Anerkennung geht. Sie haben auch gesagt, dass darauf abzuzielen ist, dass man deutlich macht, was diesen Kindern passiert ist.
Ich freue mich, dass Sie eine Zeremonie machen wollen, die ganz Österreich umfasst, weil das sicherlich nicht nur ein Problem in Wien ist. Aber bis dahin könnte man als erstes Zeichen der Anerkennung eine Gedenktafel am Schloss Wilhelminenberg montieren, um in Form einer Mahn- oder Gedenktafel zu zeigen, dass man auch diese Opfer niemals vergessen wird.
Ich möchte Sie daher fragen: Können Sie sich eine solche Gedenktafel vorstellen?
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Selbstverständlich kann ich mir das vorstellen, wenn man gleichzeitig dort auch deutlich macht, welche Funktion das Schloss Wilhelminenberg im republikanischen Österreich hatte. Ich denke jetzt insbesondere an die Funktion als Haus für Kriegswaisen nach dem Ersten Weltkrieg, das auch eine ganz besondere und bedeutende Funktion hatte. Wer sich beispielsweise das Bild von Kokoschka anschaut, der kann daran erkennen, dass das nicht immer nur ein Haus der Finsternis und des Schreckens war.
Daher denke ich, dass man die Geschichte bis zum heutigen Jugendhotel, wie ich das jetzt ausdrücken möchte, in einer kompakten und lesbaren Form durchaus auch darstellen sollte.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. Die 4. Zusatzfrage stellt Frau Abg Mag Anger-Koch. Bitte, Frau Abgeordnete.
Abg Mag Ines Anger-Koch (ÖVP-Klub der Bundes
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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