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Landtag, 14. Sitzung vom 28.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 38

 

Und Frau Landesrätin Frauenberger hat es schon angesprochen, selbstverständlich treten die Grünen seit Langem auch für das kommunale Wahlrecht von Drittstaatsangehörigen ein, das in 18 anderen europäischen Ländern, in Dänemark, Schweden, Irland, Niederlande - und das seit vor 1994, bitte, seit den entsprechenden Regelungen auf EU-Ebene -, Belgien, Estland, Finnland, Großbritannien, Litauen, Luxemburg, Polen, Slowakei, Spanien, Schweden und Ungarn längst gut funktioniert, nämlich das kommunale Wahlrecht für Bürger und Bürgerinnen, die hier leben, die hier arbeiten, die hier etwas bewegen wollen und die halt einfach nur keinen österreichischen Pass besitzen. Diese Ungerechtigkeit wollen die Wiener GRÜNEN gemeinsam mit der SPÖ beseitigen und deshalb werden wir das kommunale Wahlrecht für EU-BürgerInnen einführen.

 

Das werden wir deshalb früher tun als unsere Forderung nach Drittstaatsangehörigen, weil es einfach rechtlich leichter ist, weil es nämlich auch, und das wissen Sie, meine Damen und Herren, wir diskutieren das hier nicht das erste Mal, ein Grundrecht in der EU darstellt. Das kommunale Wahlrecht für EU-BürgerInnen ist eigentlich bereits 1957 in den Römer-Verträgen mit der Personenfreizügigkeit und der Nichtdiskriminierung angeklungen und wurde dann bereits im Maastricht-Vertrag 1992 und dann in Folge in einer Richtlinie 1994 als verpflichtend umzusetzendes Recht für sogenannte UnionsbürgerInnen festgeschrieben.

 

Sie wissen, es gibt nicht sehr viele Vorteile, die Bürger und Bürgerinnen so unmittelbar aus dem Unionsvertrag ziehen können. Das sind, juristisch gesagt, vier unmittelbare Rechte, die für Unionsbürger und –bürgerinnen unmittelbar auf Grund des EU-Vertrages gelten: Das eine ist das Recht, sich im EU-Raum frei zu bewegen und aufzuhalten. Das andere ist das Recht, diplomatischen und konsularischen Schutz in allen EU-Ländern zu beantragen. Das dritte ist das Petitionsrecht. Und das vierte ist wohl das wichtigste Recht, und das haben wir auch in Wien umzusetzen, das ist das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen.

 

Dieses Recht ist auch im Lissabon-Vertrag eindeutig normiert und verankert. Art 20 Abs 2 Z b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sieht vor, dass UnionsbürgerInnen in dem Mitgliedsstaat, in dem sie ihren Hauptwohnsitz haben, das Recht haben, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen auszuüben. Das ist richtig, finden wir. Denn dort, wo der Lebensmittelpunkt ist, dort soll auch das Umfeld, das Lebensumfeld mitgestaltet werden. Das erhöht auch die Identifikation der Bürger und Bürgerinnen mit ihrer Stadt, mit ihrem Lebensumfeld. Übrigens, das sei an dieser Stelle auch gesagt, auch die Bundesverfassung normiert dieses Recht, das wir in den Ländern umzusetzen haben und zwar heißt es dort, und zwar für Gemeinderatswahlen - Achtung, nicht nur für Kommunalwahlen, sondern für Gemeinderatswahlen: „Art 117 Abs 2 der Bundesverfassung normiert für Gemeinderatswahlen unter den von den Ländern festzulegenden Bedingungen stets das aktive und passive Wahlrecht auch den Staatsbürgern und Staatsbürgerinnen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu.“

 

Wenn also Wien das Wahlrecht für EU-BürgerInnen auf kommunaler Ebene beschließt, hat das nicht nur eine demokratiepolitische Bedeutung für Wien, sondern auch eine europapolitische Bedeutung. Ich darf an dieser Stelle auch die ÖVP daran erinnern, dass damals der massivste Kämpfer für die Einführung dieses kommunalen Wahlrechts auf EU-Ebene Altbundeskanzler Helmut Kohl war, der das als Zeichen der europäischen Solidarität gesehen hat und genauso sehen wir GRÜNEN das auch.

 

Für die GRÜNEN ist aber die Einführung des kommunalen Wahlrechts für EU-Bürger und –Bürgerinnen selbstverständlich keine juristische Frage, sondern natürlich eine politische Frage. Es darf keine Taktik sein, wer in dieser Stadt wählen darf und wer nicht. Rot-Grün will die bestmöglichen demokratischen Standards. Wir wollen auch Standards, die in fast allen anderen europäischen Städten längst State of the Art sind. Deshalb wollen wir mit dem erweiterten Wahlrecht für EU-BürgerInnen nicht nur mehr Demokratie in Wien schaffen, sondern selbstverständlich auch ein Zeichen für mehr Weltoffenheit setzen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Eigentlich dürfte das für die Oppositionsparteien auch in diesem Haus kein Problem sein, diesem Vorschlag zu folgen, denn Sie haben sich ja in den letzten Wochen mit Vorschlägen zur Verbesserung der Demokratie in diesem Land direkt überschlagen. Deshalb sehen wir gerade das Wahlrecht für EU-BürgerInnen als eine Stärkung der repräsentativen Demokratie, denn darum geht es uns ja auch, einerseits mehr direktdemokratische Elemente, aber das setzt auch eine Stärkung und eine Wiedererlangung des Vertrauens in die repräsentative Demokratie, in den Parlamentarismus voraus. Und was gibt es denn da Besseres als die Einführung des kommunalen Wahlrechts für alle Bürger und Bürgerinnen, die hier leben?

 

Ich denke, die ÖVP soll sich einfach überlegen, mit wem sie hier, mit welcher Partei, mit welchen Strömungen sie in Demokratiefragen gemeinsame Wege in dieser Stadt geht. Denn zum Beispiel der frühere nicht amtsführende Stadtrat und jetzige Nationalratsabgeordnete Wolfgang Gerstl hat sich im Jänner, aber auch in den letzten Monaten, vehement für die Einführung eines kommunalen Wahlrechts, und zwar nicht nur für EU-BürgerInnen, sondern sogar für Drittstaatsangehörige auf kommunaler Ebene ausgesprochen, weil er gesagt hat, es kann doch nicht sein, dass die Mitbestimmung über Kindergärten oder wann die U-Bahn nachts fährt oder über Zebrastreifen von der Bundespolitik vorgegeben wird. Das sollte selbstverständlich auch im Sinne der Stärkung von Gemeinde- und Städteautonomie Sache der Städte sein.

 

Ich habe schon erwähnt, es sind fast 126 000 EU-Bürger und –Bürgerinnen, die laut Statistischem Jahrbuch der Stadt Wien in Wien leben. Die Zahl ist stark steigend. Erst gestern ist der internationale Migrationsausblick der OECD erschienen, der klar sagt: „In keinem anderen Land ist die Zuwanderung durch Migration aus

 

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