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Landtag, 14. Sitzung vom 28.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 38

 

Ihr denkt nur an euch, weil ihr der Meinung seid, die Ausländer würden vor allem euch wählen. Darum geht es euch doch! Und deswegen wollt ihr ein faires, modernes Wahlrecht für Inländer verhindern. Da steckt nicht Menschlichkeit dahinter. Eine reine Klientelpolitik steckt dahinter! (Aufregung bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz (unterbrechend): Herr Abg Gudenus, gestatten Sie einen kurzen Hinweis. In der Tat werde ich Ihnen einen Ordnungsruf geben, Sie haben es ja schon vermutet. Zweitens bitte ich Sie und alle anderen Rednerinnen und Redner, die heute noch zum Pult gehen, die Rede an den Landtag und nicht an Abgeordnete persönlich zu richten. Ich bedanke mich.

 

Abg Mag Johann Gudenus, MAIS (fortsetzend): Danke sehr, Herr Präsident. Ich nehme diesen Ordnungsruf demütig entgegen. Primitiv passt ja.

 

Es ist halt so, importierte Zuwanderer sollen die Inländer ersetzen, die Ihnen als Wähler davonlaufen. Das ist Ihre Rechnung, egozentrisch. (Aufregung bei Abg Mag Rüdiger Maresch.) Sie denken nur an Ihre Pfründe. Das ist alles. Nichts menschlich. Das ist entlarvend, das ist wirklich entlarvend und das sehen die Menschen auch.

 

Man sieht es ja auch am Beschlussantrag, der heute eingebracht werden soll. Da sieht man ja, egal, ob arbeitswillig oder nicht, egal, ob integrationswillig oder nicht, es soll ein Test abgeschafft werden. Wenn es nach Ihnen geht, schmeißen wir insgesamt das hohe Gut der österreichischen Staatsbürgerschaft jedem nach und das ist unverantwortlich!

 

Und ich sage abschließend: Bevor die Politiker (Weitere Aufregung bei Abg Mag Rüdiger Maresch.) das Volk austauschen, sollte das Volk schauen, dass die Politiker ausgetauscht werden, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freiheitliche wollen ein faires, modernes Wahlrecht für Inländer! (Aufregung bei Abg Dipl-Ing Martin Margulies. - Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster zum Wort gemeldet ist der Herr Abg Dr Stürzenbecher. Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Die FPÖ-Kassen sanieren mit der Staatsbürgerschaft! Das ist der Herr Scheuch! Sie wollen es verkaufen! Das ist eure Leistung!)

 

10.21.33

Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich habe mir immer zur demokratischen Angewohnheit gemacht, vorwiegend zum Thema zu sprechen und das ist heute das Wahlrecht für EU-Bürger. Insofern werde ich mich nicht darüber auslassen, wie wir das moderne Verhältniswahlrecht im Detail gestalten werden, sondern zitiere aus dem Regierungsübereinkommen zwischen SPÖ und GRÜNEN: „Ziel ist es, das Wahlrecht für in Wien Hauptwohnsitz gemeldete EU-BürgerInnen auf Gemeinderatsebene für Drittstaatsangehörige nach noch festzulegender Aufenthaltsdauer auf Gemeinderats- und Bezirksebene zu erreichen. Die Wiener Stadtregierung setzt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für eine bundesverfassungsgesetzliche Änderung ein.“ Das steht im Regierungsübereinkommen unter Demokratie und Kontrolle. Bei internationaler wie europäischer Stadtpolitik ist weiterhin noch einmal die Vorgabe, das kommunale Wahlrecht für EU-BürgerInnen auszubauen. Das sind die Vorgaben, die wir uns selbst auf Basis des Wählerauftrages der letzten Wahl gegeben haben. Und auf Basis dieses Übereinkommens, das 60 Abgeordnete dieses Hauses jedenfalls mittragen und wofür wir werben, dass das noch mehr sein werden, werden wir hier diskutieren.

 

Da spreche ich gleich einmal zum Wahlrecht der EU-Bürger. Es ist derzeit so, dass dieses kommunale Wahlrecht auf die Bezirksvertretungsebene beschränkt ist. Wir haben dort immerhin 108 367 Wahlberechtigte bei der letzten Wahl gehabt. Das sind rund 9 Prozent der Wahlberechtigten. Es ist so, dass von der Kollegin Vana richtig gesagt worden ist, dass beispielsweise der Gemeinderat von Graz auch von EU-Bürgern mitgewählt wird. Was wir aber durch unsere bundesverfassungsgesetzliche Sonderstellung mitberücksichtigen müssen, ist, dass Wien Gemeinde und Land in einem ist. Das heißt, wir sind heute Landtag und waren gestern Gemeinderat. Deswegen ist es nach meiner juristischen Auffassung und die ganz große überwiegende Mehrheit der österreichischen Juristen, die sich damit beschäftigt haben, ist auch dieser Auffassung, dass für die Einführung des Wahlrechtes für EU-Bürger auf Gemeinde- und Landtagsebene bei uns eine bundesverfassungsgesetzliche Änderung notwendig wäre. Das ist einfach so. Unser politischer Wille ist, dies herbeizuführen. Es ist unser Ziel, dass die EU-BürgerInnen auf Gemeindeebene wählen können. Aber weil wir auch Landtag sind und damit Gesetzgebungsorgan, ist es so, dass wir den Gemeinderat allein, was möglich wäre, die EU-Bürger wählen lassen können und den Landtag nicht, weil das ja eine Stimme ist. Folgedessen bemühen wir uns, dass wir auf Bundesebene Bündnispartner finden, die für eine bundesverfassungsgesetzliche Änderung sind. Da verstehe ich eigentlich nicht, warum die sogenannte Europapartei Österreichische Volkspartei hier nicht mitgeht.

 

Die Drittstaatsangehörigen, wofür wir auch sind, sind ein anderes Thema. Da hat sich die ÖVP bis auf den Gerstl, erfreulicherweise, aber ansonst relativ eindeutig einbetoniert. Aber die EU-Ebene ist etwas, wo man durchaus eine Veränderung relativ leicht herbeiführen könnte, wenn man die bundesverfassungsgesetzlichen Möglichkeiten dafür schafft. Damit ist irgendwie schon ein Test für die ÖVP verbunden, ob sie jetzt eine Europapartei ist oder nicht. Die Sozialdemokratie und die GRÜNEN sind eine Europapartei und wir sind dafür, dass die EU-Bürger soweit als möglich bei uns mitbestimmen können. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Es ist ja auch so, wir leben in einer politischen Union. Die Union wird sich immer mehr verdichten. Es ist natürlich wünschenswert, dass das nicht nur über Bankensektor, Rettungsschirme und Sonstiges geschieht, sondern dass das auch über das Wahlrecht geschieht, damit das Bewusstsein auch der Unionsbürger in den einzelnen Mitgliedsstaaten, wo sie nicht Staatsbürger sind, aber ihren Hauptwohnsitz haben, verstärkt wird. Es ist ja auch

 

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