Landtag, 18. Sitzung vom 22.11.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 74
einen Seite die Fraktionen GRÜNE und SPÖ, die für eine soziale und solidarische Umverteilung stehen, für Chancengleichheit für alle, und dann gibt es die Beschützer der Reichen und Vermögenden, das sind die FPÖ und die ÖVP. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
In diesem Sinne komme ich zum Schluss und möchte wiederholen, ich glaube, dass dieser Stabilitätspakt, den wir heute beschließen, eine Halbwertszeit von zwei Jahren hat. Spätestens 2017, 2018 ist er gänzlich überholt, denn bis zu diesem Zeitpunkt muss Europa, nicht nur Österreich, sondern Europa, sich einiges überlegt haben, um nicht in eine Vielzahl von kleinen Teilen zu zerfallen, um nicht neue kriegerische Auseinandersetzungen zu provozieren. Entweder es gelingt uns gemeinsam, ein soziales, ökologisches, demokratisches Europa in den kommenden Jahren zu entwickeln oder die Zukunft sieht nicht rosig aus, und das wünsche ich uns nicht! - Danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Präsident Johann Herzog: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abg Mag Feldmann gemeldet. Ich erteile ihr das Wort und teile mit, dass die Redezeit drei Minuten beträgt.
Abg Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!
Ich möchte erwähnen, dass wir uns hier zum Stabilitätspakt unterhalten und nicht eine Reichenneiddebatte führen. Aber Sie wissen vielleicht, wie das ist, wenn ein Schüler nur das Thema Maus kann und ihn der Lehrer zum Thema Elefant fragt. Dann braucht er halt einen Umweg und kommt wieder zum Thema Maus. (Abg Birgit Hebein: Also, bitte! Was soll das jetzt?) Dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn das Interesse an Ihrem Beitrag nicht so hoch ist! - Danke. (Abg Kurt Wagner: Was war das jetzt für eine tatsächliche Berichtigung?)
Präsident Johann Herzog: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Abg Mag Jung. Ich erteile es.
Abg Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Einer der seltenen Fälle, wo man in manchen Bereichen dem Kollegen Margulies folgen kann - aber nicht in seinen Schlussfolgerungen aus der ganzen Sache! (Heiterkeit bei den GRÜNEN.)
Zuerst aber noch ein Wort zur Kollegin Schinner, die vorhin das Dogma der Bundesregierung nachgebetet hat, mit dem solidarischen Umverteilen und so weiter. Sie hat davon gesprochen, Österreich ist eine Insel der Seligen. Ja, relativ im Vergleich zu Griechenland. Aber Sie wissen auch alle ganz genau, dass in Wien 300 000 Personen armutsgefährdet sind - also so selig werden die nicht sein!
Kollege Margulies! Ja, Halbwertszeit, das kann sogar noch schneller gehen. Allerdings, ich glaube nicht an die großen Kriege zwischen europäischen Staaten. Die Konflikte werden - und man sieht es ja auch zum Teil schon - eher gewaltsam innerhalb der Staaten ausgetragen werden. Unsere Aufgabe - und da unterscheide ich mich vom Kollegen Margulies - ist es, Österreich möglichst aus diesen Konflikten herauszuhalten, nicht unser Land in diese Situation zu stürzen - und damit auch unser Geld zusammenzuhalten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich entnehme dem von Bundeskanzler Faymann gut gesponserten Leitblatt, dass er heute um 13.30 Uhr abhebt. Ich sage Ihnen, der Herr Bundeskanzler und die ganze Bundesregierung haben schon längst abgehoben! (Abg Kathrin Gaal: Das ist aber sehr lustig!) Abgehoben von dem, was in der Bevölkerung vor sich geht, abgehoben von dem, was die Bevölkerung über diese ganzen Manipulationen im Finanzbereich meint und spricht.
Ich bin überzeugt davon, alle von Ihnen wurden schon - nicht nur ein Mal, sondern oft - von Bürgern darauf angeredet, was sich hier eigentlich tut mit den sich ständig erhöhenden Krediten, Verzichtserklärungen, kreativen Ideen, wie man das in Brüssel nennt, um zumindest einen unmittelbaren Zusammenbruch der Pleitestaaten Griechenland, Spanien, Portugal, Zypern und neuerdings auch Slowenien zu verhindern und weitere Kredite und Haftungen zumindest hinauszuzögern. Sie alle haben das sicher schon erlebt, und wenn nicht, dann empfehle ich Ihnen, einmal ins Internet zu schauen und sogar die sonst so reformfreudige Leserschaft im „Standard“ mitzuverfolgen. Dann werden Sie sehen, dass auch dort die Stimmung völlig, wirklich völlig gekippt ist!
Ich bringe ihnen aus einem „Standard“-Artikel einen kurzen Auszug: Sogar die grüne „Basis brodelt“, „mit ihrem Ja zum ESM habe die Bundespartei die Basis schwer verärgert, sagt Hans Arsenovic, Sprecher der Wiener Grünen Wirtschaft. Jene Bedingungen, die beim letzten Bundeskongress für eine grüne Zustimmung zum ESM gestellt wurden, würden nicht erfüllt ... ‚Es wird ein Beschluss des Gremiums ignoriert‘, kritisiert Arsenovic“ - Grüne Wirtschaft! „Wir agieren schon“, sagt er, „wie eine richtige Partei.“ Ja, was tut man eben nicht alles, um bei der SPÖ unter das Regierungskleid kriechen zu können!
Aber auch - nein, heute ist er nicht da – „der grüne Wiener Landtagsabgeordnete Klaus Werner-Lobo sieht die“ (Abg Dipl-Ing Martin Margulies, auf die Schriftführung hinweisend: O ja, er ist da! Hinter Ihnen!) Oh, sehr schön! Auch er „sieht die Zustimmung zum ESM kritisch ... ‚Problematisch‘, findet Werner-Lobo, ‚die Tatsache, dass die Regierung in Zukunft mit einfacher Mehrheit Beschlüsse über Maßnahmen des ESM fassen kann.‘" Da werden Sie dann nicht mehr gefragt werden, Sie von den GRÜNEN, die jetzt zugestimmt haben! „Hier hätte er sich eine Zweidrittelmaterie gewünscht.“ Ja, Sie haben eben alles über Bord geworfen. „Es gibt einen einheitlichen Beschluss“, sagt er, „des grünen Bundeskongresses.“ Das zählt anscheinend nichts, die innerparteiliche Demokratie bei den GRÜNEN! „Wenn man diesen mit dem Ergebnis vergleicht, dann ist das schon eine Spur wenig“, so Werner-Lobo.
Ich sage Ihnen: Es ist nicht wenig, Herr Kollege Lobo, es ist verdammt wenig! Denn künftig werden die GRÜNEN in ESM-Belangen nichts mehr, gar nichts mehr mitzureden haben. Sie haben Ihre Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, für ein Linsengericht verkauft!
Wir sollen heute indirekt einem Vertrag zustimmen, der in unmittelbarem Bezug direkt zu dem vom Parlament beschlossenen ESM-Vertrag steht. Da sollten wir
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