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Landtag, 19. Sitzung vom 13.12.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 46

 

stärkte Versingulierung der Haushalte. Berlin ist ein Musterbeispiel. Da gibt es zirka 54 Prozent Singlehaushalte. In Wien ist es noch nicht ganz so viel, aber die Tendenz ist auch steigend.

 

Das heißt, das zentrale Anliegen ist, wir brauchen mehr Wohnraum, sprich, wir brauchen mehr Neubau, meine Damen und Herren. Sowohl im geförderten Bereich – da muss einfach die Neubauleistung dramatisch nach oben gefahren werden, angesichts dieser Zahlen, denen wir gegenüberstehen – als auch im freifinanzierten Bereich. Dort gehören Anreize geschaffen, dass Menschen und Investoren überhaupt bereit sind, auch in Wohnbau zu investieren. Es gehört richtig gebaut, nämlich auch die richtigen Größen, entsprechend den Anforderungen der heutigen Bevölkerung, der heutigen Menschen, zum Beispiel eben der Singles. Wir haben da lange Zeit auch am Bedarf vorbeigebaut, viel zu viele große Wohnungen. Man sieht heute, wir brauchen kleine, effiziente Wohnungen, oder Familienwohnungen – 100 m² mit 5 Zimmern. Das geht in einer vernünftigen Architektur. Und wir brauchen – das hat ja sogar StR Ludwig festgestellt – eine Grundstücksoffensive in Wien. Wir brauchen mehr Widmungen. Man sieht ja, wie in dieser Koalition der Fluss an Akten auch im Vassilakou-Ressort immer dünner geworden ist. Wir brauchen eine Widmungsoffensive, es muss mehr für den Wohnbau gewidmet werde. Und wir brauchen auch mehr Vergabe von Baurechten, um die Grundstückspreise ein bisschen abzufedern.

 

Und schließlich brauchen wir auch eine große Offensive in der Inneren-Stadt-Verdichtung. Ich sage hier nur als kleines Stichwort – das wäre, glaube ich, einmal ein eigenes Thema für eine Aktuelle Stunde – Stadtverdichtung und etwa Dachgeschoßausbauten. Die letzte Erdbebenverordnung und die Verschärfung in den Richtlinien für einen Dachausbau haben nämlich das Gegenteil bewirkt, es wird immer schwieriger, auf Gründerzeithäuser aufzubauen, vor allem wenn es ins Zweistöckige geht. Ich glaube, dort haben wir einiges nachzudenken, wie wir die Wohnraumschaffung auch in dicht verbauten Gebieten wieder ankurbeln können. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Schauen Sie sich Beispiele aus dem Ausland an – etwa in Berlin-Lichtenberg das „Bündnis für Wohnen“, das Forum „Zukunftswohnen“ in Düsseldorf. In beiden Städten wird um Investoren im Wohnbau geworben, sei es im geförderten oder im privaten Bereich. Es wird geworben, und es werden nicht mit Horrormeldungen wie diesen 7 EUR für den Neubau Investoren vertrieben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.) Das Versagen – so kommt es mir vor – der öffentlichen Hand in der Wohnbaufrage soll nun auf dem Rücken der Privaten ausgetragen werden.

 

Und das führt mich zum nächsten, ganz wichtigen Punkt, meine Damen und Herren, an dem wir immer vorbeireden, und das ist das Thema Fehlbelag. StR Ludwig hat stolz gesagt, zirka 60 Prozent oder mehr der Wienerinnen und Wiener leben in direkt oder indirekt geförderten Wohnungen. Meine Damen und Herren, fast zwei Drittel der Wienerinnen und Wiener leben in geförderten Wohnungen! – Wo ist denn dann das Problem? Dann müsste es doch ausreichend billigen Wohnraum für alle geben. Das Problem liegt in der Versteinerung der Mietverhältnisse (Beifall bei der ÖVP.), sowohl im privaten Bereich, im Mietrechtsgesetz, als auch im geförderten Bereich, meine Damen und Herren. Abgesehen davon, dass es auch die Immobilität fördert, denn wenn man einmal in einer Altbaumietwohnung mit 2 EUR Miete logiert, dann ist man kaum mehr bereit auszuziehen und nimmt eher eine Fahrt durch die ganze Stadt in Kauf, vom Wohnort zum Arbeitsplatz, als umzuziehen, wie es in vielen anderen europäischen Städten dann der Fall wäre. – Die Stadt der kurzen Wege wird dadurch ad absurdum geführt.

 

Aber genauso wie im privaten Bereich, die Versteinerung von Altmietverträgen – Stichwort Friedenskrone – gibt es natürlich auch im Gemeindebau. In beiden Fällen letzten Endes auch durch die viel zu großzügig bemessenen Weitergabemöglichkeiten. Was Sie in den letzten Jahren damit gefördert haben, ist ein System der Privilegierten. Auf der einen Seite die, die bereits über extrem billigen Wohnraum verfügen, im geförderten wie auch im privaten Bereich, auf der anderen Seite vor allem junge Menschen, Jungfamilien, die nur viel schwieriger und viel teurer zu billigem Wohnraum kommen, obwohl genug vorhanden wäre. Unsere Forderung daher, meine Damen und Herren, auch im Gemeindebau, nach zehn Jahren erstmals eine Überprüfung oder automatische Anhebung – darüber kann man diskutieren – der Miete in Fünfjahresschritten auf ein marktgerechtes Niveau. Es soll – und das stelle ich gleich klar, denn ich weiß schon, dass dieses Argument kommt – um Gottes Willen keiner vertrieben werden. Ja, auch wir schätzen die soziale Durchmischung im Gemeindebau, das ist gar keine Frage. Aber, wenn jemand besser verdient – und das ist oft nach zehn oder mehr Jahren der Fall –, dann soll er auch mehr für das Wohnen zahlen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich kann Ihnen nicht ersparen, meine Damen und Herren, die Liste von „News" – ich glaube, Sie kennen das alle bestens - anzusprechen. 10 SPÖ-Gemeinderäte – von den Bezirksvorstehern, Nationalräten rede ich jetzt gar nicht –, also 18 Prozent Ihrer Fraktion wohnen in billigen Gemeindewohnungen. Ich möchte da gar nicht darauf eingehen, aber es wäre vielleicht einmal eine interessante Studie, wie viele Ex-Gemeinderäte es sind oder wie viele Wohnungen bereits im Familienverband weitergegeben wurden. Solange ein Fünftel, meine Damen und Herren, der Mandatare Ihrer Fraktion mit hohem Einkommen, wie wir es hier alle genießen, keinen angemessenen Mietzins zahlt, der dann zum Bau neuer Wohnungen für Bedürftige wiederverwendet werden könnte, dann ist dieses System – das sage ich in aller Deutlichkeit –, verrottet, dann ist etwas faul im Staate Wien, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.) Und Sie agieren in dieser Frage scheinheilig. Ich sage es noch einmal: Ein Fünftel Ihrer Fraktion wohnt im billigen Gemeindebau. Also ich würde mich dafür genieren.

 

Was kommt als Nächstes, Frau Vassilakou? Das Auto? Wollen Sie Kaufpreis- oder Leasing-Obergrenzen

 

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