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Landtag, 19. Sitzung vom 13.12.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 46

 

gierung zu besorgen sind.“ – Das heißt, die Landesregierung besorgt auch Justizverwaltungsangelegenheiten des Gerichtes. Auch dagegen gibt es verfassungsgerichtliche Bedenken. Das gibt es bei keinem Gericht, ist auch so im Bundesverwaltungsgerichtsgesetz nicht vorgesehen, meine Damen und Herren. Auch das ist also ein Manko.

 

§ 11 - Revisionsstelle. Auch das ist bezeichnend, meine Damen und Herren, nämlich dafür, wie hier über Umwege des Präsidenten auf das Gericht Einfluss genommen werden soll. § 11 Abs 2 sieht vor, dass eine Revisionsstelle einzurichten ist. Die Befugnisse dieser Stelle sind in Ordnung, sind dem § 78a Geschäftsordnungsgesetz nachgebildet. Das heißt, es sind nicht nur Empfehlungen dieser Revisionsstelle vorgesehen, die sich auf die Dienstaufsicht beziehen, sondern es sind auch Vorschläge der Revisionsstelle vorgesehen, „wie die Aufgabenerfüllung des Verwaltungsgerichtes Wien zweckentsprechender gestaltet werden könnte.“

 

Das heißt eben auch, Vorschläge hinsichtlich der Rechtsprechung, und da wird es problematisch, meine Damen und Herren. Der Präsident ist nämlich – anders als im Gerichtsorganisationsgesetz und im Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – bei der Besetzung der Revisionsstelle an keine gesetzlichen Vorgaben gebunden, weder hinsichtlich der Anzahl noch hinsichtlich der Auswahl noch hinsichtlich der fachlichen Qualifikation dieser Herrschaften. Es ist auch kein entsprechender Ausschuss vorgesehen. Auch das ist sowohl im Bundesverwaltungsgerichtsgesetz anders, da gibt es nämlich einen Ausschuss dafür, als auch im Gerichtsorganisationsgesetz, da gibt es sogar eine besondere Präsidialabteilung.

 

Ich darf diesbezüglich auf die Vereinigung der Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates verweisen. Der kennt in dieser Regelung ein der Landesverwaltung beigegebenes Instrument zur Kontrolle der richterlichen Tätigkeit. Das sollte es doch nicht sein, noch dazu, da es nicht einmal vorgesehen ist, dass diese Revisionsstelle von einem Richter geleitet werden muss. Es wird überhaupt keine fachliche Qualifikation dafür vorgesehen. Auch das nicht nur meiner Meinung nach, sondern auch nach Meinung mehrerer begutachtender Stellen problematisch im Sinne einer Unabhängigkeit der Richter.

 

§ 14, meine Damen und Herren, betrifft den Geschäftsverteilungsausschuss, und der ist wohl das größte Manko dieses Gesetzes. Es ist eine der wichtigsten Bestimmungen, darin werden wir uns hoffentlich einig sein. Es geht bei der Geschäftsverteilung um die Zuteilung einzelner Causen und jeweiliger Geschäftsgruppen an Richter und Senate und in Wirklichkeit auch um die Zusammensetzung der Senate. Also das ist ganz entscheidend für die Rechtsprechung und für das Gericht.

 

Auch da möchte ich wieder zuerst darauf verweisen, was im ersten Entwurf vorgesehen wurde. Da wird mir hoffentlich auch Kollege Stürzenbecher inzwischen zustimmen, dass das auf alle Fälle verfassungswidrig war; denn das hat sicher nicht dem Art 135 B-VG neu entsprochen. Da war es nämlich vorgesehen, dass es sieben Mitglieder gibt, davon zwei Amtsmitglieder, wenn Sie so wollen, also einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten, und zwei weitere Mitglieder wären von der Vollversammlung zu wählen gewesen, allerdings auf Dreiervorschlag, jeweils des Präsidenten und ein Mal des Vizepräsidenten. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Wir reden jetzt schon über den Entwurf?)

 

Nein, Herr Kollege, wir reden über alles. Wir reden auch über die Gesetzeswerdung dieses Gesetzes. Nachdem Sie das so en passant an dem Landtag vorbei durchschwindeln wollen, müssen Sie sich gefallen lassen, dass ich auch über den ersten Entwurf spreche, Herr Kollege. Das werden Sie hoffentlich aushalten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Aber es ist bezeichnend, dass es Ihnen offensichtlich selber peinlich ist, wenn darüber gesprochen wird. (Abg Heinz Vettermann: Wie kommen Sie darauf? – Ruf bei der SPÖ: Das ist eine Unterstellung!)

 

Ich habe nur zur Wortmeldung Ihre Kollegen Stellung genommen. Also, das war verfassungswidrig. Das werden Sie inzwischen vielleicht, auch wenn Sie es noch nicht zugeben wollen, selber erkannt haben, denn es kamen ja ein neuer Text und eine neue Regelung. Meine Damen und Herren, die neue Regelung ist aber ein fast noch plumperer Versuch, die Beherrschung des Präsidiums vorzusehen. Was ist jetzt passiert? Es gibt vier Mitglieder. Zwei davon sind Präsident und Vizepräsident. Der tolle Rest von zwei Mitgliedern wird von der Vollversammlung gewählt.

 

Was passiert, wenn es eine Stimmenunentschiedenheit gibt, das heißt, wenn keine Mehrheit gefunden wird bei einer Geschäftsverteilung? Das ist im Abs 5 vorgesehen: „Der Geschäftsverteilungsausschuss hat seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der Stimmen bei Anwesenheit aller seiner Mitglieder in nichtöffentlicher Sitzung zu fassen.“ – Wir brauchen also drei Mitglieder, die da zustimmen. – „Eine Stimmenthaltung ist unzulässig.“ – Soll so sein, und dann kommt’s: „Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme der beziehungsweise des Vorsitzenden den Ausschlag.“

 

Das ist aber schon sehr eindeutig, meine Damen und Herren! Und Frau Kollegin Dr Vana, das werden hoffentlich auch Sie gelesen haben. Wenn es Stimmengleichheit gibt, darf also der Präsident sagen, was los ist. Ist das Ihre Vorstellung von Unabhängigkeit? Ist das Ihre Vorstellung von einer fairen Geschäftsverteilungsbestimmung? Dann gute Nacht, meine Damen und Herren! Das kann es doch wohl wirklich nicht sein! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Was passiert, wenn sich die zwei anderen Mitglieder trauen, dagegen zu stimmen? Dann kann der Präsident erstens „overrulen“, wenn Sie so wollen, und da passiert noch etwas: „der Präsident ist jedoch verpflichtet, innerhalb von drei Wochen nach der betreffenden Abstimmung die Wahl der Mitglieder des Geschäftsverteilungsausschusses neu auszuschreiben.“ – Also wird gleich noch einmal neu gewählt. Frau Kollegin Dr Vana! Noch einmal: Haben Sie das genau durchgelesen? Ich glaube nicht.

 

Das ist auch weiterhin schwer zu kritisieren, und es ist eine erhebliche Verschlechterung des Rechtsschutzes

 

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