Landtag, 23. Sitzung vom 05.04.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 36
handen ist; wir bekämpfen Ausbeutung, wo sie geschieht; wir bekämpfen aber nicht die Armen. Das ist die Zusammenfassung und das ist auch eine richtige und gute Politik. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN und ÖVP. – StR Mag Manfred Juraczka: Passt, können wir unterschreiben!)
Wir bekämpfen allerdings sehr wohl die Armut. Das ist überhaupt das wichtigste Ziel für Sozialdemokraten, hoffe ich, auch für unsere Bündnispartner, die Grünen; und ich bin zuversichtlich, dass es auch so ist, dass wir Armut so weit wie irgend möglich bekämpfen. Da wir aber heute als Landtag tagen, möchte ich doch ein bisserl auch auf die Landesgesetzgebung und auf unsere Funktion als Landesgesetzgeber eingehen.
Da möchte ich schon sagen, dass wir auf unsere Gesetzgebung wirklich stolz sein können. Unser Wiener Landes-Sicherheitsgesetz ist vom Höchstgericht eindrucksvoll bestätigt worden; während die Landes-Sicherheitsgesetze von Salzburg, aber auch in der Steiermark, die praktisch von einem absoluten Bettelverbot ausgegangen sind, aufgehoben worden sind, verfassungswidrig sind, nicht unserer Rechtsordnung entsprechen. Ich glaube, das waren wirklich gute Erkenntnisse. Zwar gilt ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs immer wie ein Schiedsrichterpfiff, aber in diesem Fall waren es ja auch gesellschaftspolitisch richtungsweisende und sehr positive Entscheidungen.
Im Urteil bezüglich des Salzburger Landes-Sicherheitsgesetzes wird zum Beispiel eindeutig ausgeführt: Die Aufrechterhaltung der Ordnung und der Schutz der Rechte anderer vermögen das Verbot auch stiller Formen der Bettelei, also des „Erbittens“ von Hilfe, nicht zu rechtfertigen. Dieses an öffentlichen Orten ausnahmslos zu verbieten, ist in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig. – Das sagt der Verfassungsgerichtshof, und dem können wir nur zustimmen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Infolgedessen sind auch Ihre heutigen Forderungen falsch, und es freut mich, dass Kollege Ulm eingeschwenkt ist. Es ist immer ein Zeichen von politischer Intelligenz, dass er das Wiener Landes-Sicherheitsgesetz nicht weiter verschärfen will, weil eine solche Verschärfung in die Verfassungswidrigkeit führen würde.
Ich darf dir aber trotzdem jetzt als Anwalt, weil du da immer herumhängst an dieser Strafgesetzdefinition von „gewerblich“, auch wenn die Zeit knapp ist, kurz vorlesen, was das Verfassungsgericht dazu gesagt hat. „Das WLSG - Wiener Landes-Sicherheitsgesetz - selbst enthält keine Definition, welche Verhaltensweisen unter den Begriff ‚gewerbsmäßig’ fallen. Auch die Materialien zum WLSG definieren den Begriff nicht, verdeutlichen jedoch, dass der Landesgesetzgeber damit – entgegen der Auffassung der Antragstellerin“, also für dieses Verfahren „– jedenfalls kein absolutes Bettelverbot vorsehen wollte. Vielmehr sollte mit der angefochtenen Wortfolge offenbar gezielt gegen Personen vorgegangen werden‚ die Wien offensichtlich organisiert und ausschließlich deshalb aufsuchen um zu betteln und sich auf diese Weise eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen.“
Das sind die Worte des Verfassungsgerichtshofes. Er erwähnt überhaupt nicht die sehr enge, nur für das Strafgesetzbuch geltende Definition der Gewerbsmäßigkeit. Deshalb stimmen auch diese 99 Prozent nicht. Aber egal, so viel dazu, quasi als Streit unter Juristen.
Gesagt sei aber jedenfalls: Wir haben als Landesgesetzgeber unsere Pflicht erfüllt. Die juristisch Zuständige ist die Innenministerin. Sie hat die Weisungsbefugnis über die Polizei. Es gibt die Sicherheitspartnerschaft zwischen Wien und dem Innenministerium. Aber wie Sie heute auch gehört haben, ist sozusagen die Einhaltung dieser Partnerschaft von Seiten der Innenministerin verbesserungsbedürftig. Sie soll das ordentlich einhalten, und da hoffe ich, dass die ÖVP hiezu Initiativen ergreift, soweit das eben möglich ist.
Ich glaube, man kann in fünf Minuten nicht noch sehr wichtige Ausführungen – auch zum Philosophischen über die Bettelei hätte ich sehr viel zu sagen – machen, aber ich glaube eines: Wir sind in Wien auf dem richtigem Weg. Wenn es Vollzugsdefizite gibt, ist es Sache der Innenministerin. Wir werden weiter nicht die Armut bekämpfen und sind damit auch im Einklang mit den Höchstgerichten. Wir werden aber, wie gesagt, alle Formen der Kriminalität bekämpfen. Ich hoffe auch, dass die EU-Richtlinie, die jetzt als Entwurf da ist, die darauf ausgerichtet ist, organisierte Bettelei als Ausbeutungsform im Sinn des Menschenhandels polizeilich zu verfolgen, eine sinnvolle Gesetzgebung wird.
Ich möchte schließen mit einem Wort des durchaus nicht sozialdemokratischen oder linken Journalisten Rauscher, der gesagt hat: „Es ist durchaus vernünftig, Bettelei zu regulieren, Humanität sollte aber der Maßstab sein, mit Realismus als Begleiter.“ – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Präsident Johann Herzog: Die Aktuelle Stunde ist somit beendet.
Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abg Mag Gudenus zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): In aller gebotenen Kürze: Man ist es ja schon fast gewöhnt, dass hier zu meiner Rechten vom grünen Hooligan-Sektor gewisse Maßstäbe nicht eingehalten werden. (Heftiger Widerspruch bei den GRÜNEN.) Wenn hier bei einem Thema der Aktuellen Stunde sich ein Klubobmann einer Regierungsfraktion 100 Prozent der Wortmeldung über ganz andere Dinge äußert, die im Entferntesten mit dem Thema der Aktuellen Stunde zu tun haben, so lässt das schon sehr tief blicken. Die Frage ist nur: Wohin führt das? Sollen auch wir in Zukunft bei jeder Gelegenheit herausgehen und, wenn Sie ein Thema vorschlagen, zu einer völlig anderen Sache reden?! Das kann es ja wohl nicht sein! (Anhaltende Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)
Präsident Johann Herzog (unterbrechend): Ich ersuche um Ruhe! Ich lasse die Wortmeldung zu und ersuche dann natürlich, auf die konkrete Geschäftsordnung eingehen. Es ist immer so, dass selbstverständlich eine Einleitung stattfindet. (Zwischenruf von Abg Dipl-Ing Martin Margulies.) Ja, das können Sie dann verlangen. Ich ersuche um Ruhe, um die Wortmeldung zu Ende zu
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