Landtag, 26. Sitzung vom 27.06.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 75
hin fast 14 Prozent gestiegen und 60 Prozent aller Mindestsicherungsbezieher leben in Wien. Das heißt, in den letzten acht Jahren hat sich das versechsfacht! Auch das sollte Ihnen (Abg Godwin Schuster: Da würde ich doch nachdenken, warum das in den Bundesländern so ist!), Herr Kollege Schuster, schon zu denken geben. (Abg Kurt Wagner: In Niederösterreich trauen sich die Leute nicht, das zu beantragen!) Das ist kein Erfolgsnachweis Ihrer Politik, das ist ein Alarmzeichen. (Abg Kurt Wagner: In Niederösterreich trauen sich die Leute nicht, das zu beantragen!) Bitte wir leben in Wien und nicht im Vergleich. Ständig höre ich von anderen Bundesländern! Reden Sie über Wien! Da haben Sie genug zu tun! (Beifall bei der ÖVP. - Abg Kurt Wagner: Die Leute trauen sich nicht, das ist der Witz!)
Ja, auch ein klares Wort: Ja, wir stellen uns gegen den Sozialmissbrauch, den es auch gibt. Ich nehme an, Sie kennen Ihre Kontrollamtsberichte, wo das sehr klar ausgeführt wurde. (Abg Kurt Wagner: Das ist bei der Mindestsicherung nicht so!) Daher betreiben Sie, Herr Kollege Wagner, keine Vogel-Strauß-Politik. Es hat keinen Sinn (Aufregung bei Abg Kurt Wagner.), die Realität mit geschlossenen Augen zu sehen, sondern handeln Sie! Ja, weil die Frau Kollegin Mörk heute von der Hängematte gesprochen hat (Abg Silvia Rubik: Was ist die Hängematte? – Abg Godwin Schuster: Das ist keine Hängematte, sondern eher ein Sprungbrett. Das hat sie gesagt!), ja, auch wir wollen, dass die Mindestsicherung keine Hängematte ist, sondern ein Sprungbrett für ein eigenständiges Leben. (Beifall bei der ÖVP.) Aber wie schaut denn die Realität aus? Wie schaut denn die Realität aus, Herr Kollege Schuster? (Aufregung bei Abg Dipl-Ing Rudi Schicker.) Wenn jährlich 15 000 bis 20 000 Mindestsicherungsbezieher dazukommen, dann kann man von einem Sprungbrett leider nicht reden, und das ist auch wieder Ihre Schuld! (Beifall bei der ÖVP. - Aufregung bei Abg Kurt Wagner.)
Ich fasse zusammen: Ihre Versäumnisse in vielen Bereichen sind die Basis, dass so viele Menschen in Wien auf Almosen angewiesen sind. Sie berauben die Jugend um ihre Zukunft und die ältere Generation um einen ruhigen Lebensabend. Die Politik dieser Stadt macht die Bevölkerung arm. Wir aber wollen keine Almosenbezieher (Aufregung bei Abg Marianne Klicka und Abg Kurt Wagner.), sondern wir wollen eine Politik, wo die Menschen in dieser Stadt das Auskommen mit ihrem Einkommen haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg Godwin Schuster: Ja, da sind Sie gefordert!)
Präsident Prof Harry Kopietz: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abg Hebein zum Wort gemeldet. Bitte, Frau Abgeordnete.
Abg Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus): Ihr Zettel liegt noch da.
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Fünf Minuten, ich bringe es auf den Punkt: Sozialleistung dürfte keine soziale Hängematte werden, kritisiert der ÖVP-Generalsekretär Rauch über den angeblichen Sozialmissbrauch bei der Mindestsicherung in Wien. Auch Spindelegger will nicht glauben, dass die BezieherInnen, alle, wirklich die Ärmsten der Armen sind. Nachgelegt haben noch der Abg Hoch, die Frau Abg Tamandl, und so weiter, und so fort. Ich bringe es auf den Punkt: Sie von der ÖVP sagen, es gibt Missbrauch. (Abg Ingrid Korosec: Ja!) Wir sagen, wir leisten notwendige Hilfe, und es ist nicht einfach, Mindestsicherung zu beziehen. Man muss Einkommen nachweisen, behördliche Hürden überbrücken, man darf maximal 4 000 EUR am Konto haben, man muss das Auto weggeben, wenn man es nicht für den Beruf braucht. Und dazu kommt noch die Scham, überhaupt Mindestsicherung in Anspruch zu nehmen. Das sind die Fakten. Sie sagen, in Wien völlig dramatische Zahlen, und bringen immer Niederösterreich ins Spiel. Sie haben noch immer nicht begriffen, dass Städte eine Herausforderung sind und viele Menschen vom Land auch zuziehen, um hier eine Chance zu suchen. Sie haben noch immer keine Ahnung, dass viele Menschen mit Hungerlöhnen arbeiten, 7 EUR brutto verdient eine Friseurin. Sagen Sie mir, wie man da als Alleinerzieherin damit leben kann! (Aufregung bei Abg Mag Ines Anger-Koch.) Sie haben noch immer keine Ahnung, dass der Großteil eine Ergänzung zum Mindestmaß an Lebensqualität in der Stadt ist, um leben zu können! Sie können sich Abendessen leisten wie wir auch um, keine Ahnung, 700 EUR. Und da sind Sie Menschen neidig, dass sie 700, 800 EUR im Monat erhalten! Es ist schäbig! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Sie sagen, wir meinen eh nicht alle, aber Sie suggerieren! Sie machen eine Sündenbockpolitik! Sie grenzen Menschen aus! Sie machen eine Stimmung der Angst! Sie skandalisieren! Sie skandalisieren auf Kosten der Ärmsten! Das ist Ihre Politik! Sie sagen, die zahlen ja nichts, wir haben unsere Leistungsträger! Sie haben noch immer nicht begriffen, abgesehen davon, dass alle die Mehrwertsteuer zahlen, dass die meisten arbeiten und nicht mehr von ihrer Arbeit leben können. Sie reden von der sozialen Hängematte. Wir versuchen in Wien Arbeitsprogramme aufzustellen, leistbares Wohnen, in Bildung investieren. Wo sind denn da Ihre Konzepte, Ihre Umsetzung, wo? Wo, sag’ ich Ihnen, wo ist Ihre Verantwortung? (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – Aufregung bei Abg Henriette Frank.)
Sie sagen, wir streichen den Heizkostenzuschuss. Wir sagen, wir machen eine Energieunterstützung, wo wir versuchen, auch durch Aufsuchen der Arbeit Menschen zu erreichen, die das brauchen! Viele brauchen nicht nur 100 EUR, viele brauchen mehr, 200, 300, 400, weil sie die Jahresrechnung nicht zahlen können. Sie sagen, wir erhöhen die Gebühren. (Aufregung bei Abg Mag Wolfgang Jung.) Wir sagen ganz klar, und das hat Ihnen der Klubobmann vorgerechnet: Gebührenerhöhungen sind keine sozialpolitischen Maßnahmen. Konkret bedeutet das pro Person 10 EUR mehr in einem Jahr. Und Sie schaffen es nicht einmal, der Kindermindestsicherung zuzustimmen, weil wer weiß, was die Leute mit dem Geld dann machen. Sollen sie es sich verdienen. Sie retten Banken. Wir versuchen, die Würde der Menschen auf Augenhöhe in der Stadt zu erhalten! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – Aufregung bei der ÖVP.)
Sie machen Politik auch auf Kosten der Ärmsten, auf
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