Landtag, 40. Sitzung vom 02.07.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 53
Präsidentin Marianne Klicka: Bitte um die Beantwortung.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Ein paar Punkte dazu.
Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass es mich freut, dass die MA 24 in meinem Auftrag einen wirklich sehr guten Bericht gemacht hat. Ich halte diesen Sozialbericht wirklich für sehr transparent. Wir hatten ja in den letzten Tagen immer wieder die Diskussion, dass Dinge nicht oder nicht rechtszeitig gesagt werden oder etwas geheim gehalten wird. – Ich meine, gerade der Sozialbereich zeigt, dass ich hier einen Weg gehe wie in den anderen Bereichen auch, dass ich eben jährlich oder alle zwei Jahre – je nachdem, wieviel sich tut – einen Bericht vorlege.
Sie haben jetzt die schockierende Situation erwähnt und in den Raum gestellt, wie kurz die Menschen auf dem Arbeitsmarkt sind. – Dazu muss man einige ganz wichtige Punkte nennen, und dazu möchte ich gerade heute, da die Galerie voller junger Menschen ist, die Gelegenheit nützen.
Mindestsicherung bezieht man im Bedarfsfall dann, wenn man weniger als 800 EUR im Monat hat. Zwei Drittel der Menschen, die einen Antrag stellen und die Stadt Wien um Hilfe ersuchen müssen, haben maximal Pflichtschulabschluss. Das bedeutet: Bildung ist ganz wichtig. Das sage ich jetzt, wenige Tage, bevor die Ferien beginnen und man schon hoffnungsfroh sein kann, dass eine Pause kommt. Es freuen sich sowohl die Lehrerinnen und Lehrer als auch die Schülerinnen und Schüler. Aber auch wenn einem Bildung unter dem Jahr manchmal etwas auf den Nerv geht: Sie zahlt sich für das weitere Leben wirklich aus, denn – wie gesagt – zwei Drittel aller Mindestsicherungsbezieherinnen und -bezieher haben maximal Pflichtschulabschluss!
Wir haben nahezu keine Mindestsicherungsbezieherinnen und –bezieher, die über längere Zeit, also immer wieder, kommen, die eine höhere Ausbildung haben, außer es kommen Erkrankungen dazu. Das rechne ich jetzt ganz heraus, denn das ist eine andere Situation. Das heißt: Bildung ist die allerbeste und in Wahrheit auch die einzige Maßnahme, die langfristig hilft, um Armut zu vermeiden beziehungsweise dass man keine gegen Armut sichernde Netze braucht. – Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt ist die Frage: Warum bin ich so skeptisch bei der – wie ich das jetzt einmal bezeichnen möchte – Lohnsubvention? – Ich bin selbstverständlich der Meinung, dass man alles tun muss, um die Menschen in Beschäftigung zu bringen. Das ist also kein Grund dafür, dass ich hinsichtlich der Lohnsubvention skeptisch bin. Wir verhandeln das Ganze jetzt mit der neuen 15a-Vereinbarung, und daher gibt es noch kein Ergebnis. Aber Sie haben mich nach meiner Meinung gefragt, warum ich nicht dafür bin, dass man da jetzt ganz einfach Ja sagt.
Ich weiß, dass Sie bei der Frage der Lehrlingsausbildung sehr engagiert waren und sind. – Wie Sie wissen, gibt es heutzutage nahezu keinen einzigen Lehrbetrieb mehr, der ohne Subventionen in der freien Wirtschaft Lehrlinge ausbildet. – Jetzt werde ich gleich wieder Briefe von den drei Betrieben bekommen, die das doch tun! – Ohne Subventionen tun das wir in den überbetrieblichen Lehrwerkstätten und tut das die öffentliche Hand.
Begonnen hat das mit dem Blum-Bonus für die Ausbildung von Lehrlingen. Das war 100-prozentig gut gemeint, es hat sich nur aus meiner Sicht in eine vollkommen falsche Richtung entwickelt, weil jetzt nahezu niemand mehr Lehrlinge ausbildet, ohne einen Bonus zu bekommen, und zwar inklusive jenen, die das, bevor es den Bonus gab, getan haben. Ich sage jetzt noch einmal: Ausnahmen bestätigen die Regel, aber von der großen Zahl her schaut es gegenwärtig so aus.
Das ist meine Sorge bei diesem Modell. Ich befürchte eine ähnliche Auswirkung wie die eben beschriebene, wenn wir jetzt in Aussicht stellen, dass es, wenn Menschen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung beschäftigt werden, einen Bonus gibt. Menschen würden dann wohl einen Job bekommen. Aber die Auswirkung könnte letztlich sehr wohl sein, dass zukünftig niemand mehr jemanden aus der Bedarfsorientierte Mindestsicherung anstellt, ohne dass er von der öffentlichen Hand zusätzlich Geld dazu bekommt. – Das ist meine Sorge.
Präsidentin Marianne Klicka: Danke für die Beantwortung. Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg Mag Ebinger. Ich ersuche ihn darum.
Abg Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Ich kann natürlich nur unterstreichen, dass Bildung ganz wichtig für die Jugend ist. Das müssen wir immer wieder sagen, denn wir wollen ja nicht, dass das wahr wird, was auf manchen Werbeplakaten steht: „Wenn ich groß bin, dann werde ich arm.“ – Man muss den Leuten also Bildung geben.
Unsere Fragen betreffend Mindestsicherung stellen wir hauptsächlich deswegen, weil wir nicht wollen, dass das eine Hängematte ist, sondern weil wir wollen, dass das eine Überbrückung ist, dass es so ist, wie Sie gesagt haben: Wenn jemand wirklich in Not ist, dann soll geholfen werden. Und die Leute sollen, so gut es eben geht, wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden.
Auch das Selbstwertgefühl der Menschen ist zu berücksichtigen. Das muss man auch einmal sagen! Es ist deprimierend und schadet dem Selbstwertgefühl, wenn man immer nur abhängig ist und selbst nichts zustande bringt. – Ich könnte so wahrscheinlich nicht leben!
Ich möchte jetzt am Schluss, nachdem wir heute sozusagen eine Mindestsicherungsfragestunden haben, noch eine Frage in eine andere Richtung stellen, damit wir die Dimension abstecken können.
Herr Volksanwalt Kräuter hat, glaube ich, im Oktober letzten Jahres darauf hingewiesen, dass es eine beachtliche Anzahl von Menschen gibt, denen die Mindestsicherung an sich genehmigt werden würde, die diese aber aus gewissen Gründen, etwa aus Scheu vor Behörden, und so weiter, nicht in Anspruch nehmen. Volksanwalt Kräuter hat damals gesagt, dass in Wien eh 77 Prozent die Mindestsicherung in Anspruch nehmen, dass es in den umliegenden Bundesländern aber weniger sind.
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