Landtag, 3. Sitzung vom 29.01.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 66
jeden Fall hat der Antrag unsere Zustimmung. Ich hoffe, dass dieses Thema in Zukunft besser gehandhabt wird, weil es enorm wichtig ist. (Beifall bei den NEOS.)
Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Dr. Aigner.
Abg. Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren!
Es ist in der Tat eine sehr wichtige Angelegenheit, die offenkundig auch den medialen Diskussionen geschuldet ist, dass es weniger bei den großen Kindergartenbetreibern, sondern viel mehr bei den vielen kleinen privaten Kindergruppen massive Qualitätsprobleme gibt, die bis dahin gehen, dass es auch hier radikale, demokratiefeindliche Tendenzen geben soll. Es gibt fördermäßig Probleme der richtigen Abrechnung bis hin zu offenkundig strafrechtlich relevanten Handlungen.
Uns liegt ein sehr dürrer Initiativantrag vor, der darin besteht, dass normiert wird, dass die Bildungsarbeit in Kindergruppen nach den Grundsätzen des Wiener Bildungsplans erfolgt. Und dieser Wiener Bildungsplan ist im Internet nachzulesen. Er ist eher eine wissenschaftliche Arbeit, ich weiß nicht, wer diesen quasi formal beschlossen hat. Er beruht indirekt auf dem Bundes-BildungsRahmenPlan, der verankert ist in den 15a-Vereinbarungen zwischen den Bundesländern. Aber die Rechtsqualität des Wiener Bildungsplans, der jetzt zum Inhalt des Gesetzes gemacht wird, ist mir nicht ganz klar. Und als Jurist meine ich, dass der Normunterworfene, das sind ja vor allem die Betreiber von Kindergruppen, sozusagen aus dem Gesetz unmittelbar die Rechte und Pflichten, die sie treffen, entnehmen sollen und nicht auf irgendeine Homepage weiterverwiesen werden. Das ist, glaube ich, keine sonderlich saubere Legistik.
Wenn man des Weiteren möchte, dass der Bildungsplan in den Kindergruppen umgesetzt wird, wäre es auch sprachlich eleganter, einen Imperativ zu normieren und zu sagen, die Bildungsarbeit hat zu erfolgen, und nicht einfach feststellend zu sagen, erfolgt danach. Das ist immer das Problem, von einem „sein“ auf ein „sollen“ zu schließen. Nur weil etwas als „sein“ in einem Gesetz drinsteht, heißt das ja noch lange nicht, dass sich die Normunterworfenen auch daran halten. Also ich finde, man sollte den Bildungsplan, wenn man ihn in dieser Form möchte, zumindest verordnen oder minimal müsste man eine Anlage an das Gesetz hängen, damit man auch weiß, in welcher Fassung dieser Bildungsplan ist. Der Bundes-BildungsRahmenPlan ist vom Charlotte Bühler Institut gemacht worden. Er enthält ja auch sehr viele Definitionsfragen. Der normative Gehalt ist ja auch innerhalb dieses Plans nicht so, dass man jetzt genau weiß, welche „sollen“-Anforderungen werden an Kindergruppenbetreiber tatsächlich gestellt, es wird sehr viel definiert und erklärt. Ich glaube, da müsste man in der Legistik noch nachschärfen.
Was mir auch unangenehm aufstößt, ist, dass es bis dato noch gar keine politische Debatte in einem gesetzgebenden Gremium über diesen Plan gegeben hat. Und Sie wollen uns den jetzt mehr oder weniger fast unterjubeln. Man macht einen Einzeiler, einen einzigen Paragraphen, und so weiter, und eigentlich sollte man sich schon auch über die Inhalte dieses Bildungsplanes politisch unterhalten, denn bis dato war das ja außerhalb einer normativen Qualität, bestenfalls über Förderrichtlinien. Diese Debatte wird man wahrscheinlich heute nicht in dieser Ausführlichkeit führen können.
Ich habe mir den Bundes-BildungsRahmenPlan angeschaut, ich habe mir natürlich unseren Wiener Bildungsplan angeschaut, und zum Vergleich den niederösterreichischen Bildungsplan. Da gibt es natürlich auch aus ideologischer Sicht schon ein paar Dinge, mit denen man zumindest herausarbeiten kann, wes Geistes Kind in manchen Bereichen zu erkennen ist. Wenn es um die Sexualität geht, so ist das, glaube ich, ein besonders sensibler Bereich, gerade auch in Wien, wo wir die Missbrauchsfälle in den städtischen Kinderheimen haben. Und in unserem Bildungsplan, der jetzt Gesetz werden soll, steht: „Mädchen und Buben sind sexuelle Wesen. Kindliche Sexualität findet unter anderem Ausdruck im Lustempfinden, das durch Körper- und Hautkontakt, Temperaturreize, Phantasie, Erinnerung entsteht und sich entfalten kann. Alle Kinder sollen im Kindergarten ein unbefangenes Verhältnis zu ihrem Körper und seinen Ausdrucksweisen entwickeln können. Ihre Fragen zur Sexualität benötigen klare und situationsangemessene Antworten.“
Den letzten Satz kann ich unterschreiben, aber für mich ist diese frühkindliche Sexualisierung einfach zu früh. Ich weiß nicht, ob man damit schon im Kindergarten beginnen soll. Irgendwo denke ich unweigerlich an den Abgeordneten Cohn-Bendit und an Debatten, die es vor allem in Deutschland bei den Grünen gegeben hat (Abg. Birgit Hebein: Bitte!), wo man Kinder eher als Sexobjekte dargestellt hat. (Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Das ist Ihr eigenes Problem!) Das gefällt mir persönlich nicht. (Beifall bei der FPÖ.) Das gefällt mir persönlich nicht, und ich weiß nicht, ob man Missbrauchssituationen, die in den 70er, 80er Jahren stattgefunden haben, nicht vielleicht genau auf diese Ideologie der zu frühen Sexualisierung zurückführen kann und weniger auf die Jahrzehnte zurückliegende NS-Zeit.
Es geht aber weiter im Bildungsplan, und auch da habe ich ein Problem: „Sexualpädagogik geht aber weit über biologische Informationen hinaus. Eine geschlechtersensible Sexualpädagogik begleitet Mädchen und Buben dabei, ihre geschlechtliche Identität zu finden.“ – Also ich gehe eigentlich davon aus, dass man eine Identität hat und dass man die nicht suchen muss. ( Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Haben Sie ein Problem mit der Aufklärung?) Die geschlechtliche Identität ergibt sich eben hauptsächlich aus der biologischen Situation und nicht aus einer ewigen Suche. (Beifall bei der FPÖ.)
„Mädchen und Buben erproben im Spiel, was es heißt, männlich oder weiblich zu sein. Sie reproduzieren, variieren und überschreiten Geschlechterzuweisungen, zum Beispiel im Rollenspiel. Was wir unter Weiblichkeit oder Männlichkeit verstehen, also das soziale Geschlecht,“ – jetzt sind wir mitten drin in der Gender-Debatte – „ist gesellschaftlich konstruiert und nicht biologisch festgeschrieben.“ – Da sage ich als christdemokratischer Politiker, da kann und will ich nicht mitgehen. (Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Sie sind kein christdemo
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular