Landtag, 3. Sitzung vom 29.01.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 66
gerechnet, im Schnitt bis über 1 Prozent. Dazu gibt es ein paar schöne Graphiken. Wer es nachlesen will, es ist alles auf der Homepage von Credit Suisse zu finden. Sie rechnen ganz deutlich die Nettomigration in den kommenden fünf Jahren vor. Sie gehen von einer hohen Zahl aus und sagen, dass wir um 5 Millionen wachsen. Das ist jedes Jahr 1 Million. Das ist mehr, als es das letzte Jahr war. Europa hat über 500 Millionen. Dieser Zufluss wird für kurzfristiges Wirtschaftswachstum sorgen. Längerfristig soll es sich vor allem in der besorgniserregenden Demographie und Rentendynamik in der Eurozone auswirken. Logisch, weil im Durchschnitt jüngere Leute kommen, als wir schon sind. „Starke Zuwanderung setzt Länder unter Druck, die sich sorgen, dass die Sozialsysteme überlastet werden,“ - das ist die Sorge, die hier tatsächlich manche haben und manche unfreundlich übertreiben – „in denen die Arbeitslosigkeit stark angestiegen ist und wo fremdenfeindliche Parteien an Zuwachs gewinnen.“ - Das ist unser Problem. Das macht uns die Arbeit.
Ich sage ganz ehrlich, aus meiner Sicht ist die Aufgabe, wie wir mit den Menschen umgehen, die zu uns flüchten, von so groß auf so groß die Aufgabe. Wie wir damit umgehen, dass rechtsradikale Parteien in Europa immer mehr zu sagen haben, ist die viel größere Aufgabe. Das ist das Problem und ist die Aufgabe für rote, grüne und andere Progressive in diesem Land und in ganz Europa.
Also, sie kommen einfach zu dem Schluss, wenn du nur ein Ökonom wärst und nur Geld verdienen willst, bist du ein Trottel, wenn du zusperrst. Ganz im Gegenteil, wenn jedes Jahr eine Million Menschen kommt - da sind dann Studien über Fertilitätsrate und alles Mögliche drinnen -, ist das Wesentliche, junge Migranten werden als Arbeitskräfte in die alternde berufstätige Bevölkerung integriert, steigern das langfristige Wachstumspotenzial und mit der Zeit wird durch diesen Zufluss an Migranten die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wachsen und sie zahlen mehr Steuern und Sozialleistungen, als sie erhalten. Das sage nicht ich, das sagen nicht irgendwelche Linken, das sagt nicht die Weltverschwörung, das sagt die Credit Suisse. Ganz echt, da steht kein Wort drinnen, dass man jemandem helfen muss oder nicht. Darin steht auch nichts über das, was mir wichtig wäre, Menschlichkeit und wie wir miteinander umgehen. Das steht alles nicht drinnen. Das ist nur eine ganz normale Berechnung. Das sollten sich diejenigen vor Augen halten, die selber auch zwischendurch sagen, ich weiß nicht, ob es sich ausgeht oder nicht.
Es ist genau anders. Das ist eine große Chance. Ich weiß eh, das ist genau der Text, den wir momentan nicht unterbringen. Aber das ist eine Notwendigkeit und ist eine große Chance für Europa, wirtschaftlich überhaupt wieder dorthin zu kommen, wo wir wollen. Man will es nicht wahr haben, aber wenn wir rundherum einen Zaun aufstellen und niemand mehr kommt, dann wird es unseren Enkeln und vielleicht schon der nächsten Generation schlecht gehen.
Es wird anders ausschauen. Es stimmt. Es kommen Leute, die ein bisschen anders ausschauen. Vielleicht haben wir nachher wieder mehr Locken in den Haaren. Das mag alles sein. Das Problem habe ich allerdings nicht. Ich weiß nicht, wie die Menschen in Europa in 500 Jahren ausschauen. Es ist mir auch wurscht. Ich hätte gerne, dass sie friedlich und freundlich zusammenleben können, so wie die Familie, mit der ich zu tun habe, so wie meine Familie und so, wie ich es jedem Menschen in Wien wünsche! - Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Präsident Prof. Harry Kopietz: Meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, da ich von mehreren Seiten aufgefordert wurde, Ordnungsrufe zu erteilen, gehe ich folgendermaßen vor: Ich schaue mir die Wortprotokolle inklusive der darin verzeichneten Zwischenrufe an und werde bei der nächsten Sitzung die notwendigen Konsequenzen, wenn notwendig, weitergeben und bekannt geben.
Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Blind.
Abg. Armin Blind (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich melde mich jetzt nur ganz kurz zum Wort, weil man einiges, was hier gesagt worden ist, nicht so stehen lassen kann.
Ich darf zunächst auf die Kollegin Hebein eingehen, die sagt, wenn wir keine legalen Mittel schaffen, fördert das die Schlepperei und bringt es quasi in einen unumstößlichen Zusammenhang mit der Einreise, mit der Einwanderung nach Österreich. Frau Kollegin, das geht so nicht! Sie stellen hier mehrere ganz fundamentale Grundsätze des Rechtsstaates in Frage. Sie stellen in Frage den Rechtsstaat per se, meine Damen und Herren. Sie stellen die völkerrechtliche Souveränität eines Staates in Frage, nämlich der Republik Österreich. Die Staaten definieren sich völkerrechtlich im Wesentlichen durch drei Elemente, nämlich durch das Staatsvolk, durch das Staatsgebiet und durch die Staatsgewalt. Dazu gehört auch als ganz fundamentales Prinzip, dass man die Souveränität behält, wer sich im Staatsgebiet grosso modo aufhält, meine Damen und Herren. Das stellen Sie in Frage, und das geht einfach nicht! (Beifall bei der FPÖ.)
Sie brauchen da gar nicht mit Sachen anzufangen, dass wir verlangen würden, irgendwelche Kinder niederzuknüppeln, Frau Kollegin. Das ist eine bodenlose Unterstellung! Das hat kein Mensch von der Freiheitlichen Partei verlangt!
Aber Sie können einfach nicht damit anfangen, zu sagen, dass wir den Grenzschutz komplett aufzugeben haben, nur weil Menschen, die kein Visum und keine Einreiselegitimation haben, beschlossen haben, hier herzukommen, meine Damen und Herren. Das geht nicht. Das ist etwas, was wir in Frage stellen. Da sind wir fundamental anderer Auffassung. Das ist auch die Meinung von großen Teilen der Bevölkerung. Diese Willkommenskultur, die sich im Sommer etabliert hat, die sich in teilweise komplett infantilen Willkommensorgien manifestiert hat, hat aufgehört. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Die Stimmung ist gekippt. Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass die Bevölkerung einen weiteren Zustrom von Leuten, die keinen Asylgrund haben und die Wirtschaftsmigranten sind, hierher nicht will! (Beifall bei der FPÖ.)
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