Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 251
de Wirkung haben sollen - dass die Behörde aber ausnahmsweise aufschiebende Wirkung zuerkennen können soll.“
Damit weicht diese Regelung, meine Damen und Herren, vehement von der Systementscheidung des § 13 VwGVG ab, und Sie können nicht begründen, warum Sie das hier so regeln. Es ist dies eine systementscheidende Abweichung, das heißt, Sie vollziehen hier einen gravierenden Eingriff in dieses Rechtssystem, und das wurde bis jetzt nicht erklärt.
Ich zitiere weiter: „Damit weicht diese Regelung von der Systementscheidung des § 13 VwGVG ab, der rechtzeitigen und zulässigen Beschwerden grundsätzlich die aufschiebende Wirkung einräumt und umgekehrt den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer gesonderten behördlichen Entscheidung vorbehält.“
Weiter sagt der Verfassungsjurist: „Nun ordnet Art. 136 Abs. 2 B-VG an, dass das Verfahren der Verwaltungsgerichte durch ein besonderes Bundesgesetz einheitlich geregelt werden soll.“ - Das komplette Verfahren der Verwaltungsgerichte soll einheitlich geregelt werden, und weiter: „Das VwGVG“ - nämlich das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - „ist dieses besondere, einheitliche Bundesgesetz.“ - Und dieses behandeln Sie hier ungleich.
„Gemäß Art. 136 Abs. 2 3. Satz B-VG darf der Landesgesetzgeber Regelungen über das Verfahren der ‚Verwaltungsgerichte nur treffen, ‚wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind‘. Der Verfassungsgerichtshof interpretiert dieses Erfordernis so, dass die abweichende verfahrensrechtliche Regelung im Interesse der Materie ‚unerlässlich‘ sein muss.“ Und in diesem Fall, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das eben nicht unerlässlich. (Beifall bei der FPÖ.)
Im Gutachten geht es dann weiter: „Dass § 71c Abs. 7 des Entwurfes, der eine zum VwGVG abweichende Regelung im Sinn des Art. 136 Abs. 2 B-VG enthält, zur Regelung der Materie unerlässlich sein soll, ist nicht ersichtlich. Es ist nämlich nicht einzusehen, warum nicht das System des § 13 VwGVG - Möglichkeit zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Einzelfall - auch für Zwecke des § 71c des Entwurfes ausreichen sollte. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits darauf hingewiesen, dass es Fälle gibt, in denen das öffentliche Interesse an einer effektiven Gefahrenabwehr die sofortige Umsetzung einer Entscheidung verlangen kann, diesem öffentlichen Interesse wird jedoch bereits mit der Möglichkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung durch die anordnende Behörde unter den Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 2 VwGVG entsprochen.“ - Da haben wir es eben!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich zitiere weiter: „Da diese rechtliche Möglichkeit hinreicht, ist der generelle Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht erforderlich.“ - Wenn also ein Initiativantrag von Ihnen von einem Verfassungsjuristen so etwas von zerpflückt wird, dann sollten Sie sich wirklich überlegen, ob Sie hier diesen Tagesordnungspunkt nicht doch vertagen wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Es geht weiter in dem Gutachten. Nach dem von mir soeben zitierten Satz, findet sich folgender Klammerausdruck: „so VFSlg 19.922/2014, freilich zu einer Regelung, die den ausnahmslosen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung vorsah.
Allerdings hat der VfGH zuletzt auch die den § 71c Abs. 7 des Entwurfs strukturell vergleichbare Regelung im § 56 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 als verfassungsrechtlich zulässig akzeptiert.“
Wir haben vorher auch schon von Kollegen Pawkowicz gehört, warum man das hier gemacht hat. - „Freilich kehrt § 56 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 das System des § 13 VwGVG für erteilte Baubewilligungen generell um, was die Wiener Bauordnung gerade nicht als ‚unerlässlich‘ erachtet.“ - In diesem Sinn können Sie einen Vergleich anstellen, wenn Sie § 136 der Wiener Bauordnung nachschlagen.
„Vielmehr bezieht sich § 71c Abs. 7 des Entwurfes bloß auf die erfassten ‚Notunterkünfte‘. Somit erhebt sich neben dem Bedenken, dass an sich die Möglichkeit des § 13 Abs. 2 VwGVG genügen sollte, weshalb § 71c Abs. 7 des Entwurfes nicht ‚unerlässlich‘ ist, das weitere Bedenken“ - hinsichtlich Ihres Initiativantrags gibt es also nur Bedenken! -, „dass die Bauordnung in der Fassung des vorliegenden Entwurfes nicht in anderen Fällen ebensolcher Dringlichkeit - etwa bei anderen im öffentlichen Interesse liegenden Gebäuden wie Krankenanstalten - ebenso die aufschiebende Wirkung ausschließt, mit anderen Worten die Abgrenzung des Anwendungsbereiches des § 71c Abs. 7 des Entwurfes unsachlich vornimmt.“ - Hier haben wir also schon wieder eine Unsachlichkeit! - „§ 71c Abs. 7 des Entwurfes begegnet daher den verfassungsrechtlichen Bedenken, sich in Widerspruch zu Art. 136 Abs. 2 B-VG und zu Art. 7 Abs. 1 B-VG zu setzen.“
Das heißt: Wir haben hier in Ihrem Initiativantrag einen totalen Widerspruch zur Bundesverfassung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn man sich dieses Gutachten genauer anschaut - und ich nehme an, dass Sie alle sehr aufmerksam zugehört haben! -, muss man sagen, dass Ihre Bauordnungsnovelle, die Sie hier heute zur Beschlussfassung bringen, nur so strotzt vor Formulierungen, zu denen es verfassungsrechtliche Bedenken gibt! Das, was Sie hier tun, ist ein Drüberfahren über Nachbarschaftsrechte, und damit wird vorprogrammiert, dass es Konflikte mit den Anrainern geben wird, wenn Sie diese Container irgendwo aufstellen. Und ich sage Ihnen klipp und klar, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ und von den GRÜNEN: Ein solches Drüberfahren hat sich die Wiener Bevölkerung nicht verdient, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Sie haben dieses Problem verursacht! Sie haben es durch Ihre undifferenzierte Willkommenspolitik erst notwendig gemacht, dass es Notmaßnahmen geben muss, und diese Notmaßnahmen widersprechen allerdings - wie gesagt - unserer Verfassung!
Etwas ist dabei für mich besonders erschreckend: Sie haben dieses Problem verursacht, und nun pflanzen
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