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Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 114 von 251

 

Dann gibt es wieder einen Praxistipp: „Nähere Angaben zu den Belegen des Baubewilligungsverfahrens können auch im Internet auf abrufbaren Merkblättern der Baupolizei entnommen werden.“ - Das brauchen wir alles. Das müssen wir uns alles antun, hätte ich beinahe gesagt. Diese Verfahrensschritte sind alle einzuhalten. Noch ein Praxistipp, den ich Ihnen ausnahmsweise erspare.

 

„Die Zustimmung der Liegenschaftseigentümer zum Bauvorhaben muss liquid vorliegen. Sie kann somit bis zur rechtskräftigen Erteilung der Baubewilligung formlos zurückgezogen werden. Vermag die Bauwerberin beziehungsweise der Bauwerber die Zustimmung der Eigentümer der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft nicht nachzuweisen, ist die Baubewilligung nicht zu erteilen. In einem derartigen Fall besteht für die Bauwerberin beziehungsweise den Bauwerber nur die Möglichkeit, die erforderliche Zustimmung durch gerichtliche Entscheidung beim Gerichtsverfahren zu ersetzen.“ - Dann kriegt man ein Urteil, wenn man Anspruch darauf hat. Sonst hat man Pech gehabt.

 

„Die Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Unterlagen,“ - der ganzen Unterlagen, die man beibringen muss - „die einem Antrag auf Bewilligung anzuschließen sind, trägt die Verfasserin beziehungsweise der Verfasser.“ - § 65 Abs. 2 Bauordnung. „Stellen sich die Unterlagen als vollständig und schlüssig dar, gilt die widerlegbare Vermutung, dass sie inhaltlich richtig sind.“ - Immerhin schon etwas. Da gibt es schon einmal eine Vermutung. § 67 Abs. 1 Bauordnung. „Stößt die Behörde jedoch auf Mängel, die geeignet sind, die inhaltliche Richtigkeit der Unterlagen in Zweifel zu ziehen, muss sie eine detaillierte inhaltliche Prüfung vornehmen.“ - Dann geht es rund. Dann wird einmal genauer geschaut, ob es eh in Ordnung ist.

 

Ausnahmebewilligung: Auch das gibt es in der Bauordnung. Es gibt also ohnehin schon einige Instrumente der Bauordnung. Trotzdem müssen wir dieses Gesetzesvorhaben beschließen.

 

„Ausnahmebewilligung: Entspricht das eingereichte Bauvorhaben nicht den im Bebauungsplan festgesetzten Bebauungsvorschriften, besteht die Möglichkeit, die Bewilligung von Abweichungen von den Bebauungsvorschriften zu erwirken.“ - Der berühmt-berüchtigte, hätte ich beinahe gesagt, § 69 Bauordnung. - „Dafür bedarf es keines gesonderten Antrags, sondern das Ansuchen um Baubewilligung gilt zugleich als Antrag auf Bewilligung der für das Bauvorhaben erforderlichen Abweichungen nach § 69 Bauordnung für Wien.“ § 133 Abs. 4 Bauordnung.

 

„Aus § 69 Abs. 2 BO für Wien ergibt sich jedoch die Pflicht, jede Abweichung von den Vorschriften des Bebauungsplans darzustellen und zu begründen. Die Bewilligung der Abweichungen gemäß § 69 BO für Wien erfolgt für ein einzelnes Bauvorhaben mit Bescheid.“ Wir werden sehen, bei unserer Gesetzesnovelle gibt es gar keinen Bescheid. Wenn es auf sechs Monate befristet ist, dann brauchen wir gar nichts, nicht einmal einen Bescheid. Na gut.

 

„In § 69 Abs. 1 bis 4 BO für Wien werden die Kriterien für die Beurteilung der Zulässigkeit von Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplans festgelegt. Die Abweichungen dürfen die Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans nicht unterlaufen.“ Eigentlich naheliegend! Selbst für Ausnahmebewilligungen müssen die Zielrichtungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans als solche erhalten bleiben. Das gilt nicht bei unserem Gesetzesvorhaben!

 

„Damit soll gewährleistet werden, dass die Kompetenz des Gemeinderates“ - aha! - „zur Beschlussfassung über den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, der eine Verordnung der Gemeinde darstellt, nicht im Einzelfall durch die bescheidmäßige Bewilligung von Abweichungen unterlaufen wird.“ Auch das haben wir heute schon gehört: Mit unserem neuen Gesetz oder neuen Paragraphen - 71c - gibt es das nicht mehr. Vorbei. Gemeinderat: keine Kompetenz.

 

„In der Praxis wird zur Beurteilung dieses Kriteriums im Zuge des Baubewilligungsverfahrens eine Stellungnahme der beziehungsweise des für Stadtplanung zuständigen Amtssachverständigen eingeholt.“ - Brauche ich alles nicht mehr in unserem Verfahren. - „Im Einzelnen besteht zu dieser Frage eine umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die trotz Neufassung des § 69 BO für Wien, LGBl. 2009/25, weiterhin gültig ist, weil diese bereits nach der früheren Rechtslage auf dieses Kriterium abstellen.“ Gut, dazu gibt es wieder weitere Ausführungen. Die erspare ich Ihnen.

 

„In der Folge legt § 69 Abs. 1 ZZ 1 bis 4 BO für Wien negative Auswirkungen fest, die durch die beantragte Abweichung nicht eintreten dürfen. Folgende Voraussetzungen müssen kumulativ vorlegen.“ Also da wird dann auch ziemlich detailliert geschrieben: Wann gibt es diese Ausnahmebewilligung nur?

 

„Die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen darf nicht vermindert werden, es sei denn, der Nachbar stimmt zu.“ No na - aber doch, also das gibt es eben auch im Ausnahmeverfahren. Darauf muss man Rücksicht nehmen.

 

„Es dürfen nicht mehr an Emissionen zu erwarten sein,“ - Auch das ist ein Thema bei uns, in unserem Gesetzesvorhaben sind Emissionen wurscht. - „als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entstehen.“

 

„Das örtliche Stadtbild darf nicht störend beeinflusst werden.“ Also sogar im Ausnahmebewilligungsverfahren ist das Stadtbild ein Thema! Es darf nicht störend beeinflusst werden. Bei unserem Gesetzesvorhaben: alles kein Thema.

 

„Die beabsichtigte Flächennutzung sowie -aufschließung dürfen nicht grundlegend anders werden. Ferner muss im Bauansuchen dargelegt werden, dass die beantragte Abweichung zumindest einen der in § 69 Abs. 2 ZZ 1 bis 4 BO für Wien genannten positiven Effekte nach sich zieht.“ Also es wird noch verlangt: Erstens darf etwas nicht sein, und zweitens muss noch etwas sein, nämlich positive Effekte.

 

Und was kann man da als Ausnahmebewilligungswerber behaupten? Was kann man ins Treffen führen?

 

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