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Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 186 von 251

 

noch ein wunderbares Bild mit auf den Weg: Kommt nach Wien, denn in Wien braucht ihr keine Regeln einzuhalten! - Das ist ungefähr das Bild, das hier suggeriert wird.

 

Ich glaube, dass das ganz einfach so nicht geht! Wenn man nämlich Wiener ist, dann hat man sich an all diese Gesetze und Verordnungen zu halten. Ich erwähne das jetzt nicht nur deswegen, weil in Wien diese Bestimmungen für die Wienerinnen und Wiener dann trotzdem gelten. Vielmehr mache ich auch darauf aufmerksam, dass das in Summe ungefähr 150 Paragraphen sind. Das ist ein ganzer Schippel samt den Nebengesetzen, dem Feuerpolizeigesetz, dem Aufzugsgesetz oder dem Kleingartengesetz. Und all diese Nebengesetze und Verordnungen sollen hier ja offensichtlich auch außer Kraft gesetzt werden.

 

Der Rechnungshof hat das auch schon kritisiert. - Das passt ganz gut zu diesem Thema: Diese Containerbauten sind nämlich notwendig, weil Wien die Bereitstellung von Wohnungen eben anders nicht schafft, und Wien schafft das deshalb nicht, weil das Bauen so kompliziert ist und es so viele überbordende Regeln gibt. Der Rechnungshof hat diesen Punkt angesprochen, und zwar ganz konkret auf Grund eines Beispiels im Zusammenhang mit der Brandordnung, in deren Rahmen es 13 Gesetze, 37 Verordnungen und über 500 Richtlinien und Normen gibt, die einander laut Rechnungshofbericht teilweise auch widersprechen.

 

Wenn Ihnen jemand sagt, dass es für einen Bereich sehr viele Regeln und dutzende Verordnungen gibt, sodass sich kein Mensch auskennt, weil alles so kompliziert ist, und dann fragt: Was tun wir? - Die meisten Menschen - allerdings keine Politiker -, die ich einfach einmal gefragt habe, was sie in einer solchen Situation tun würden, haben auf der Stelle gesagt: Das ist ganz einfach! Man muss das durchforsten und vereinfachen.

 

Was aber tut die Stadt Wien? Sie schafft einen neuen Dienstposten! Sie schafft eine neue Kompetenzstelle Brandschutz in der Magistratsdirektion! Wenn es schon so viele Gesetze und überbordende Vorschriften im Bereich des Brandschutzes im Zusammenhang mit der Brandschutzordnung gibt, dann schafft man eben eine eigene Dienststelle, deren Aufgabe es ist, den Bewohnerinnen und Bewohnern zu erklären, was darin steht. Anstatt dass man das Ganze einfacher macht, damit es jeder versteht, schafft man eine eigene Kompetenzstelle, deren Aufgabe es faktisch ist, das eigentlich nicht den Bürgern, sondern den Experten zu erklären, die das selber nicht mehr verstehen, weil es so überbordend und kompliziert ist.

 

Ein spannendes Detail in diesem Schreiben an den Rechnungshof ist mir auch aufgefallen. Darin heißt es nämlich sinngemäß, dass dort, wo die Verordnungen und Richtlinien einander widersprechen, letztlich diese Kompetenzstelle Brandschutz entscheidet, was tatsächlich gilt. - Das ist überhaupt das Beste! Man durchforstet das Ganze nicht, sondern man hat dann noch einen, der entscheidet und sagt: „Puh, da gibt es Widersprüche, aber macht nichts, nehmt halt die andere Vorschrift!“

 

Das ist die Antwort auf diese unglaubliche Gesetzeswut und auf diese unglaubliche Gesetzesdichte, meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Kommen wir zum Bereich der Barrierefreiheit: Das ist auch ein nicht unwesentlicher Faktor, denn die Barrierefreiheit scheint ja offensichtlich gerade den Grünen besonders wichtig zu sein. Gerade auch in diesem § 71c ist wieder die Rede von Barrierefreiheit. Wenn dieses Gebäude beziehungsweise dieser Container - denn „Gebäude“ kann man dazu ja nicht sagen! - beziehungsweise diese Holzhütte länger als 5 Jahre steht, dann gibt es zwei zusätzliche Bestimmungen, die dafür gelten. Es gilt sonst nichts, aber zwei Bestimmungen gelten von 5 Jahren bis 15 Jahre, nämlich einerseits die Wärmedämmung, was gut ist, und andererseits die Barrierefreiheit: Als ob wir sonst keine anderen Sorgen hätten! Barrierefrei muss der Container sein. Das passt auch ganz gut zu den sonstigen Bestimmungen der Bauordnung, im Hinblick auf welche viele Fachleute aus der Baubranche und aus der Immobilienwirtschaft und sogar aus den gesetzlichen Berufsvertretungen und Fachverbänden wesentlich Kritik üben, weil die Barrierefreiheit einer der großen Kostentreiber ist.

 

Natürlich ist Barrierefreiheit wichtig, überhaupt keine Frage, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren! Aber es muss doch nicht den unbedingten Zwang geben, überall und alles in dieser Stadt immer barrierefrei gestalten zu müssen, nur damit jeder und ausnahmslos in jeder Lebenslage an jedem beliebigen Fleck leben kann.

 

Es ist dies zweifellos eine Errungenschaft der Stadt Wien, das sei Ihnen durchaus auch einmal als Kompliment gesagt, keine Frage! Man soll auch einmal erwähnen, wenn etwas gut läuft. So ist Wien zum Beispiel eine Stadt, wo man nicht über jede Gehsteigkante stolpert, weil die Ecken zum Beispiel an den Kreuzungen abgesenkt sind. Oder man kann in Wien beispielsweise auch jede U-Bahn-Station barrierefrei erreichen. Das ist eine Errungenschaft, keine Frage! Und wer schon einmal nur in den umliegenden Großstädten Österreichs war - ich denke jetzt etwa an Prag oder Budapest oder in die andere Richtung an München und auch andere Städte -, der weiß, wovon ich rede. Dort steht man nämlich tatsächlich oft vor dem Problem - und das merkt man vor allem dann, wenn man mit Koffern anreist -, dass man zum Beispiel vor einer U-Bahn-Station steht und Barrierefreiheit wirklich brauchen würde, aber teilweise nicht hinunterkommt, weil es nicht einmal Rolltreppen gibt, sondern nur Stiegen. Dass das in Wien nicht so ist, ist fraglos eine Errungenschaft!

 

Im Baurecht bedeutet diese Barrierefreiheit, dieses Schaffen von überbreiten Eingangsbereichen, von breiteren Türen im Wohnungsbereich, von größeren Nassräumen und von größeren Zugangsbereichen, allein durch den entsprechend größeren Flächenbedarf und den Einsatz von mehr und größeren Materialien, dass das Bauen extrem teuer wird.

 

Um es ganz offen zu sagen: So notwendig es auch sein mag, grundsätzlich barrierefrei zu sein: Es hat mir aber bis jetzt noch niemand erklären können, wie denn jemand, der es wirklich barrierefrei braucht, in einem

 

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