Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 222 von 251
Aber damit sind wir jetzt nicht beim Tagesordnungspunkt, und ich will selbstverständlich keinesfalls den Herrn Präsidenten bemühen, mich zur Sache rufen zu müssen. Selbstverständlich werde ich sehr brav sein und immer nur bei der Sache bleiben. Da muss man ein bisschen brav sein! (Zwischenruf von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Selbstverständlich!
Es erhebt sich nun natürlich die Frage, wie genau das Ganze sein muss; Wie genau muss der Gesetzgeber eine Norm definieren? - Klar ist sicherlich: Eine sogenannte bloß formalgesetzliche Delegation ist verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber seine Kompetenz als Gesetzgeber nicht selbst ausübt, sondern - das besagt schon der Begriff „formalgesetzliche Delegation“, all das ist ja an und für sich alles selbsterklärend - an die Verwaltung delegiert, also dieser überträgt.
Das heißt: Der Gesetzgeber entschlägt sich seiner Regelungsverpflichtung und überträgt sie der Verwaltung, der Administration, und gerade, was dieses Gesetz betrifft, ist dieser Determinierungsgrad nicht hinreichend, und was das bedeutet, meine Damen und Herren, werden wir in Folge sehen.
Natürlich verhehle ich nicht, dass ein Gesetz nicht bis in die kleinste Nuance ausdifferenziert sein muss. Das kann der Gesetzgeber gar nicht leisten, das geht auch aus der Bundesverfassung, und zwar, genauer gesagt, aus Art. 130 Abs. 2 B-VG hervor, dem man vollkommen klar entnehmen kann, dass der Gesetzgeber der Verwaltung einen gewissen Spielraum einräumen kann, aber nicht die Möglichkeit zur Willkür einräumen darf. Das heißt, die Handlungen der Verwaltung müssen direkt aus dem Gesetz determiniert - jetzt sind wir wieder bei der formalgesetzlichen Delegation, die nicht stattfinden darf - sein.
Damit sind wir jetzt schon relativ weit. Wir haben uns jetzt einmal damit beschäftigt, wie das beim Gesetzgeber ausschaut. Dann kommen wir auf eine Stufe darunter. Wir haben ja vorher gelernt, dass die gesamte staatliche Verwaltung auf den Gesetzen basiert, wie übrigens auch die Rechtsprechung, aber das steht nicht explizit drinnen, weil der Gesetzgeber das damals als klar vorausgesetzt hat, während das bei der Verwaltung damals noch nicht so klar war. Deswegen wurde das explizit hineingeschrieben, betreffend Rechtsprechung wurde das als nicht nötig erachtet, aber selbstverständlich ist auch die Rechtsprechung an die Gesetze gebunden.
Ich habe vorher schon dieses Ermessen angesprochen. (Zwischenruf von Abg. Dominik Nepp.) Es kommt noch eine ganze Menge, Herr Kollege Nepp! Dieses Ermessen wird der Verwaltung so übertragen, dass sie von diesem Ermessen nur im Sinne des Gesetzes Gebrauch machen darf, und diesbezüglich gibt es eben zwei Möglichkeiten: Entweder die Verwaltung handelt sehenden Auges nicht im gesetzlichen Sinn und verhält sich also gesetzwidrig, dann ist diese Handlung natürlich - wie ja schon der Namen sagt - gesetzwidrig. Oder aber es fehlen die Voraussetzungen: Dann ist das Gesetz selbst - und dieser Ansicht sind wir im gegenständlichen Fall ganz nachdrücklich! - verfassungswidrig, denn gemäß Art. 18 B-VG wird dieses schrankenlose Ermessen eben gerade nicht eingeräumt, meine Damen und Herren!
Jetzt haben wir also die entsprechenden verfassungsrechtlichen Grundsätze zumindest rudimentär abgearbeitet. Deswegen darf ich nun zu einer kleinen Kurzzusammenfassung dieses ersten Kapitels kommen: Art. 18 B-VG normiert, dass die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf. Jedes Verwaltungshandeln, im Übrigen auch das eines Selbstverwaltungskörpers, ist somit an die Gesetze gebunden und bedarf einer gesetzlichen Grundlage. Die Verwaltung kann somit nicht ihre eigenen Vorstellungen durchsetzen, sondern ist an die Vorstellungen der demokratisch legitimierten Mehrheit gebunden.
Übrigens sehr interessant ist, dass es in der Stammfassung des B-VG 1920 in Art. 18 Abs. 2 noch geheißen hat, dass jede Verwaltungsbehörde „Verordnungen im Rahmen der Gesetze“ erlassen kann. Das ist dann erst durch die B-VG-Novelle 1925 auf „auf Grund der Gesetze“ geändert worden. - Ich glaube, es reicht, wenn ich das jetzt anreiße und sage, dass durch die Wortfolge „im Rahmen der Gesetze“ eben kein weiterer Spielraum eingeräumt werden sollte, das heißt, das Ganze enger gefasst werden sollte.
Bitte merken Sie sich das jetzt wieder: Es gibt einen immer höheren Determinierungsgrad! Es kommt in der verfassungsrechtlichen Entwicklung und in der Verfassungsgeschichte immer zu einer höheren Bindung des Gesetzgebers selbst und der Verwaltung und nicht zu einer Reduktion des Auftrags der Bundesverfassung.
Nach diesem kleinen Exkurs kommen wir nun einmal zum Initiativantrag selbst. Dieser ist relativ interessant. Er ist in zwei Artikel gegliedert, in einen normativen Artikel und in einen Artikel, der die Festlegung des Inkrafttretens und Übergangsbestimmungen enthält.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden verstehen, dass auch ich in diesem durchaus guten Gutachten einen Faden finden werde, zwar keinen rot-grünen, sondern einen blauen, aber lassen Sie mich zunächst damit beginnen, dass die grundsätzliche Kritik sicherlich lautet, dass der neu zu schaffende § 71c in der Fassung dieses nun vorliegenden Entwurfs zwei große Gruppen an Bauvorhaben schafft.
Es gibt also einerseits - Kollege Kowarik hat es schon erwähnt - die Bauvorhaben der Normalsterblichen und andererseits die privilegierten Bauvorhaben, wie ich diese jetzt nenne, damit wir einmal einen etwas anderen Begriff hereinbringen. Wer vorher aufgepasst hat, der hat zum Art. 7 Abs. 1 gelernt: Gleichheitssatz, allgemeines Sachlichkeitsgebot, widrigenfalls Verfassungswidrigkeit.
Es ist schon angesprochen worden, dass - und ich glaube, das ist hier im Raum unbestritten - wir in letzter Zeit einen sehr starken Zustrom an Menschen nicht nur in das Bundesgebiet, sondern auch in die Stadt Wien hatten. - Jetzt betont Kollege Stürzenbecher immer wieder seit mehreren Debatten, dass Wien das einzige Bundesland ohne Außengrenze ist. Die Sicherheitspolizei ist im Übrigen nicht Landeskompetenz, es wäre also gleichgültig, auch wenn wir eine Bundesgrenze hätten,
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