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Landtag, 9. Sitzung vom 30.09.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 80 von 89

 

Die Zahl der BezieherInnen ist durch die Flüchtlingsthematik noch zusätzlich gestiegen. Das Problem liegt aber ganz woanders: Es liegt in einem starren System, das kein Sprungbrett, sondern im Moment ein Hemmschuh ist. Ich verwahre mich in diesem Zusammenhang auch gegen die Hängematten-Rhetorik von FPÖ und ÖVP, denn das Nichtstun kann man nicht den Menschen vorwerfen, die Unterstützung brauchen, sondern nur der derzeit regierenden Politik, die es trotz der offensichtlichen Schwächen des Systems seit Jahren nicht geschafft hat, eine sinnvolle Reform auf den Weg zu bringen.

 

Es ist nämlich keine Reform, eine bloße Deckelung oder gar Kürzungen vorzunehmen und denjenigen, die nichts haben, noch mehr zu nehmen. Unsere Aufgabe ist es, die Mindestsicherung so zu gestalten, dass sie tatsächlich zum Sprungbrett wird. Wir müssen dafür sorgen, dass jeder Mensch genug zum Leben hat, wir müssen aber vor allem Chancen und Anreize schaffen, dass Mindestsicherungsbezieher so schnell wie möglich wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können. (Beifall bei den NEOS.)

 

Und gerade hier scheitert das derzeitige System laut Wifo-Studie auf allen Ebenen. Es darf nicht sein, dass ein Mindestsicherungsbezieher einen Job annimmt und trotzdem nicht mehr Geld bekommt als vorher - sei es, weil sein Job, wie heute schon erwähnt, schlecht bezahlt ist, so schlecht bezahlt ist, dass er aus der Mindestsicherung nur knapp herausfällt, oder sei es, weil er sogar so wenig verdient, dass sein kleines Geld mit der Mindestsicherung aufgestockt wird, unterm Strich aber dennoch die gleiche Summe übrig bleibt, als würde er gar nichts arbeiten.

 

Das System ist grundfalsch, aber es ist Realität. Wir brauchen in der Wirtschaftspolitik eine Senkung der Lohnnebenkosten, damit UnternehmerInnen höhere Gehälter zahlen können und Arbeitsplätze schaffen können, und wir brauchen eine Einschleifregelung, die sicherstellt, dass es sich immer auszahlt zu arbeiten, egal, wie viel man verdient. (Beifall von Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc.)

 

Diese Neuregelung muss sicherstellen, dass ab dem Überschreiten des Freibetrags die Bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht im Ausmaß des über dem Freibetrag liegenden Erwerbseinkommens gekürzt wird, sondern in einem geringeren Verhältnis, damit sich die Arbeit wieder auszahlt.

 

Außerdem wollen wir eine vermehrte Umstellung auf Sachleistungen, und zwar nicht, wie vorher gesagt worden ist, mit Essensgutscheinen und ich weiß nicht, mit was für Phantasien, sondern hier geht es ganz klar um die Bereiche Bildung, Wohnung und Kinderbetreuung und vor allem um eine von uns schon so oft geforderte Verbesserung der Datenerhebung, damit Transparenz hergestellt wird und diese Debatte hier auch wirklich versachlicht werden kann.

 

Aber jetzt das Wichtigste: Die Mindestsicherung muss endlich einheitlich in Bundeskompetenz. Es darf nicht sein, dass jeder Landeskaiser macht, wie es ihm in den Sinn kommt, und das auf Kosten anderer Bundesländer, allen voran auf Kosten Wiens. (Beifall bei den NEOS.)

 

Gerade in der aktuellen Flüchtlingssituation können wir mit einer Wohnsitzauflage sicherstellen, dass nicht, so wie jetzt, Wien diese riesige Herausforderung fast im Alleingang stemmen muss, während sich andere Bundesländer mit teilweise grauslichen und recht fragwürdigen Methoden aus der Verantwortung stehlen.

 

„Wer will, der kann!“ - Das hat der ehemalige Flüchtlingskoordinator Konrad unlängst gesagt, und es stimmt. Aber Wien kann es nicht alleine, sondern nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung. Es braucht auch ein sinnvolles Integrationsangebot und vor allem Sprach- und Bildungsangebote, damit die geflüchteten Menschen so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt integriert werden und an der Gesellschaft teilhaben können, und zwar nicht nur in Wien, sondern auch in anderen Bundesländern. (Abg. Dominik Nepp: In anderen Ländern!) - In anderen Ländern wäre es genauso schön, das stimmt. Da gibt es auch schöne Beispiele. Ich glaube, Sie haben da ja einige Vorbilder auch in der Nachbarschaft. - Ja, liebe ÖVP, das geht hauptsächlich an eure Adresse, es ist euer Sebastian Kurz, der hier seinen Job nicht gemacht hat. Es gibt akuten Reformbedarf, und Sie liegen hier selbst in der politischen Hängematte.

 

Wenn ich den „profil“-Artikel zur Wifo-Studie lese, wo ganz klare Zahlen für sich selbst sprechen, dann kann ich auch die teilweise Realitätsverweigerung der GRÜNEN nicht verstehen. Diese Studie ist pure Realität, und es ist wirklich traurig, wenn man die Zugänge von Kollegin Hebein, die ich übrigens sehr schätze, im bereits genannten „profil“-Artikel liest. Sie sagt - ich zitiere: „Wir haben einfach keine Arbeit, schon gar nicht im niederen Bereich.“ - Das ist überraschend realistisch, auch wenn ich nicht ganz verstehe, was der „niedere Bereich“ ist, den Sie hier meinen. (Abg. Birgit Hebein: Niedriglohn!) Vielleicht ist das Ihrer Ansicht nach die Arbeit im Stadtgartenamt, von der Sie in weiterer Folge sprechen. Sie sagen dort nämlich weiters im O-Ton: „Im Stadtgartenamt könnten auch drei die Arbeit von zwei machen.“

 

Ist das wirklich Ihr Plan oder die Lösung der Probleme, einfach jeden Mindestsicherungsbezieher in den öffentlichen Dienst zu stecken, und dann ist alles super? - Ich sehe da keine Innovation. Und ich habe lange meine Rede hier zum letzten Punkt verändern wollen, weil ich mir von Ihrer Seite Ideen erwartet habe. Sie sind dann später auch hier herausgegangen und haben gesagt, jetzt kommen unsere Ideen - und das Einzige, wovon Sie gesprochen haben, ist, dass Sie wieder eine Idee von uns in irgendeiner Art und Weise ganz gut gefunden haben, aber es war so ein bisschen schwammig. Mir fehlen bei Ihnen einfach die Ideen für die Zukunft, die Innovationsansätze. Kollege Ellensohn wird uns das jetzt sicher noch präsentieren: alle Ideen der GRÜNEN zur Reform der Mindestsicherung. Ich freue mich schon extrem darauf.

 

Aber noch mehr Stillstand und Kosten für die Stadt, wie Sie es in diesem Interview gesagt haben? - Ich weiß, Sie haben dort wahrscheinlich wesentlich mehr gesagt - das ist normal, Überraschung. Aber ich hätte einfach gehofft, dass Sie hier mehr sagen, und da habe ich noch

 

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