Landtag, 23. Sitzung vom 26.01.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 52
die Frage zu stellen, wer es zahlt. Aber den Wienerinnen und Wienern ist es ehrlich gesagt wurscht, Hauptsache, die Leistungen werden erbracht. Aber wie können Sie sich hinstellen, sozusagen einmahnen, dass mehr Geld kommt, wenn durch Ihr eigenes Zutun, durch Ihre eigenen Fehlentscheidungen, durch Ihr eigenes schlechtes Regieren, das auch Renate Brauner zu verantworten hat, hier eine halbe Milliarde Euro in den Sand gesetzt wird? Schämen Sie sich nicht? Das ist die Frage, die ich heute stellen will! (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie von Abg. Karl Baron.)
Warum es aktuell ist: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Morgen sind die Delegierten der Sozialdemokratie aufgerufen, einen neuen Vorsitzenden zu wählen, einen nicht neuen Vorsitzenden, wie ich meine, weil beide Kandidaten, das sei mir gestattet, für mich keine Ansage in Richtung eines neuen Politikstils oder eines neuen Politikverständnisses machen. Sie sind beide gut sozialisiert worden, Parteibürokrat und roter Hochadel. Aber ich habe einen Wunsch, den ich mitgeben darf, nämlich, dass es im Zuge des Bürgermeisterwechsels auch eine Regierungsumbildung geben wird. Mein Wunsch wäre, dass Renate Brauner dann auch in Pension geht und nicht weiter die Finanzen dieser Stadt zu verantworten hat! - Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)
Präsidentin Veronika Matiasek: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten nur ein Mal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit nunmehr auf fünf Minuten begrenzt ist. Als nächster Redner hat sich Herr StR Dr. Wölbitsch zum Wort gemeldet
StR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Die Aktuelle Stunde hier im Landtag erinnert mich ein bisschen an die Ricola-Werbung unter dem Titel: „Wer hat's erfunden?“ Wie Sie wissen, wir haben bereits im November 2011, als schon absehbar war, wie sich die Schulden in dieser Stadt entwickeln, als ÖVP einen Antrag eingebracht und seitdem auch immer wieder diese Anträge wiederholt, auch in dieser Legislaturperiode immer wieder auf diese Forderung hingewiesen.
Aber viel wichtiger als die Frage, wer es erfunden hat oder wer der Erste war, ist natürlich, warum bis dato noch nichts passiert ist oder warum wir so eine Schuldenbremse in Wien noch nicht haben, wenn es doch in anderen Bundesländern wie zum Beispiel der Steiermark möglich ist, wo man eine 3-Prozent-Defizit-Obergrenze beschlossen hat, wo man auch beschlossen hat, es muss jedes Jahr ein ausgeglichenes Budget geschnürt werden. (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Wie ist es eigentlich in Niederösterreich?)
Gerade Wien hätte diese Schuldenbremse bitter nötig. Hiobszahlen sind schon jede Menge gefallen. Ich kann nur noch ergänzen, jeder Wiener oder jede Wienerin läuft mit einem Schuldenrucksack von 3.460 EUR pro Kopf herum, wenn man es pro Kopf ausrechnet. Das heißt, es ist schon relativ schwer, relativ schwer zu tragen und vor allem wieder abzubauen.
Das Argument der Frau Finanzstadträtin war immer, dass man gesagt hat, man will aus der Krise herausinvestieren. Jetzt gibt es in ganz Europa fast keine Krise mehr, aber anscheinend noch in Wien. Anscheinend hat dieses Konzept, wenn man sich die Arbeitslosigkeit und andere Zahlen anschaut, auch nicht funktioniert. Daher wäre mein Vorschlag, ändern wir doch das Konzept und versuchen jetzt nicht, aus der Krise herauszuinvestieren, sondern aus einer Krise herauszusparen. Das ist nämlich nicht nur einigen Ländern in Europa nachweislich erfolgreich gelungen, sondern es gibt auch Städte, die mit Wien durchaus vergleichbar sind, wo das anscheinend funktioniert. Weil immer wieder in den Raum geführt wird, dass es allen Städten so geht, wenn wir uns zum Beispiel Berlin anschauen, das mit einer sehr hohen Schuldenquote nach dem Kommunismus begonnen hat und auch von der Weltwirtschaftskrise getroffen wurde, wurden dort seit 2012 die Schulden Jahr für Jahr abgebaut.
Was man dort auch gut sehen kann, weil immer wieder das Argument kommt, aus der Krise heraus investieren, gegen die Arbeitslosigkeit investieren, ist, dort ist beides gelungen, man hat einerseits den Schuldenstand und andererseits auch die Arbeitslosigkeit, die dort im Moment bei 9 Prozent, und, wie wir wissen, in Wien im Moment bei 13 Prozent steht, reduziert. Oder wenn man noch eine andere Stadt nehmen will, München, auch recht gut vergleichbar, wo es gelungen ist, die Schulden im Jahr 2017 auf sage und schreibe nur noch 724 Millionen EUR zu reduzieren. Im gleichen Zeitraum, nur um das zu wiederholen, sind die Schulden in der Stadt Wien auf 6,49 Milliarden EUR angestiegen. Das heißt, Wien hat im Moment aktuell einen neun Mal so hohen Schuldenstand als München. Jetzt werden vielleicht Argumente kommen, man kann die Städte nicht vergleichen. Aber Städte wie München oder Berlin sind vergleichbar mit Wien und erlauben daher auch die Hypothese, dass es durchaus möglich ist, zu sparen und die Arbeitslosigkeit zu senken. (Beifall bei der ÖVP.)
Nachdem wir in Wien, glaube ich, kein Einnahmenproblem haben, bei all den Gebühren, Steuern, Abgaben, die jeder Wiener und jede Wienerin jeden Tag zu zahlen haben, haben wir natürlich ein Ausgabenproblem. Die Kollegin hat es schon gesagt. Daher werden wir sparen müssen, vor allem auch bei den großen Brocken. Es wurde schon genannt, die Reform der Mindestsicherung ist längst überfällig. Wir stehen bald bei einer Milliarde Kosten. Untersuchungskommission Milliardengrab Krankenhaus Nord, einerseits um zu schauen, dass dort nicht noch mehr Steuermilliarden versickern, aber auf der anderen Seite auch, um zu schauen, dass so etwas nicht wieder vorkommen kann. Wenn Liegenschaften der Stadt Wien veräußert werden, sicherzustellen, dass dies auch zu Marktpreisen erfolgt. Wir wissen aus dem letzten Jahr, dass das anscheinend nicht immer der Fall ist. Es geht um eine Reform der Sozialleistungen. Ich sage nur, Gemeindewohnungen. Auch das ist eine Sozialleistung, auch wenn es zwischendurch immer wieder vergessen wird. Gehalts-Check für Gemeindebau ist auf Bundesebene auch im Regierungsprogramm. Faire, transparente Vergabeverfahren, mehr Effizienz in Bürokratie und
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