Landtag, 24. Sitzung vom 23.03.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 52
Ich habe im Verlauf der heutigen Sitzung auch ein bisschen darüber nachgedacht, warum die Wiener Sozialdemokratie plötzlich so gerne Kontrollrechte ausüben möchte. Ich kann mir das eigentlich nur mit einem Blick auf den Bund erklären. Dort war der Oppositionsschock ein gewaltiger. Christian Kern hat sich bis zum heutigen Tag nicht im Geringsten davon erholt. In Wien möchte man daraus lernen. Man möchte, selbst noch Regierungsfraktion, sicherheitshalber schon ein bisschen Tätigkeiten der Opposition mitmachen, damit der Schock, sollte es einmal mit der Regierungstätigkeit in Wien vorbei sein, nicht so groß ist.
Meine Damen und Herren, das ist allerdings in einer Stadtverfassung, die den demokratischen Spielregeln genüge tut, nicht vorgesehen, und wir müssen Sie enttäuschen. (Beifall bei der ÖVP.)
Kommen wir zum konkreten Punkt: Es gibt seit Juni letzten Jahres eine Allparteienarbeitsgruppe zur Reform der Geschäftsordnung. Das wurde nicht zuletzt auf Grund von innerhalb der Regierung vorhandenen Streitigkeiten bezüglich des Wahlrechtes während der letzten Periode offensichtlich. Damals hat man bemerkt, dass die Geschäftsordnung in verschiedensten Bereichen einer Nachbesserung harrt, um es einmal höflich auszudrücken, und genau deshalb wurde diese Kommission ins Leben gerufen. Wir, alle Fraktionen, sind dieser Tage zum fünften Mal zusammengesessen. Inhalt dieser Arbeitsgruppe sollte sein: Reform der Geschäftsordnung für den Gemeinderat, Reform der Geschäftsordnung für den Landtag, für die Gemeinderatsausschüsse, für den Stadtrechnungshof, generell die Kontrollsituation, Reform der Untersuchungskommissionen und Untersuchungsausschüsse - worüber wir heute im Speziellen reden - und auch eine Reform der direkt-demokratischen Möglichkeiten in dieser Stadt. In weiterer Folge wurde eine eigene Untergruppe für die Reform der Geschäftsordnung der Bezirksvertretungen etabliert. So weit, so gut, wie ich meine.
Es gab in diesen fünf Sitzungen manchmal ein paar Fortschritte, manchmal war es ein bisschen zäh, wie es nun einmal ist, wenn fünf unterschiedliche Parteien an einem Tisch sitzen und nach Ergebnissen ringen. Zwei Dinge standen von Anfang an außer Zweifel, einerseits - da wurde vor allem die Sozialdemokratische Fraktion nie müde, das immer wieder aufs Neue zu betonen -: Es gibt ein Gesamtpaket oder es gibt kein Paket, andererseits wurde gerade im Bereich der Reform der Untersuchungskommissionen absolute Einigung darüber erzielt, dass man sich am Beispiel des Nationalrates ein Vorbild nehmen und die Minderheitsrechte weiter ausbauen möchte. So weit, so gut, dachten wir, bis wir plötzlich auf Grund des aktuellen Anlasses erleben, dass sich die Sozialdemokratie sozusagen selbst eine Untersuchungskommission verordnet (Zwischenruf von Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher. - Abg. Armin Blind in Richtung Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Tun Sie nicht ablenken, Herr Kollege!), und um den Schaden so gering wie möglich zu halten, hat man plötzlich ein Puzzlesteinchen rausgenommen. Das führt zwar - das ist vielleicht für den einen oder anderen Vertreter der Sozialdemokratie durchaus ein erfreulicher Nebeneffekt - zu sehr charmanten Wortmeldungen bezüglich der Regierungsfraktion, wie etwa derjenigen des Abg. Wiederkehr, der sich ja nur dafür, dass er auch am Tisch Platz nehmen darf, kaum zu widersprechen traut.
Aber, meine Damen und Herren, wir haben das Problem nicht an der Wurzel angepackt (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: So ist es!), denn wenn wir quer über alle Parteien ausmachen, es gibt ein Gesamtpaket oder nicht, und dann nimmt man einzelne Punkte raus, weil es einem gerade so passt, dann verlange ich zumindest eines von Ihnen, meine Damen und Herren der Sozialdemokratie, nämlich dass Sie den Unmut der anderen Parteien verstehen. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Christian Oxonitsch: Wer hat einen Initiativantrag vorher eingebracht? Wer war das? Die ÖVP?)
Meine Damen und Herren, wir wollen, dass die Dinge, die außer Zweifel gestellt sind, jetzt auch zur Abstimmung kommen, damit wir bei einer Untersuchungskommission, die ja mit Ende April in die Wege geleitet wird, schon mit Spielregeln agieren können, die wirklich State of the Art sind und denjenigen auf Nationalratsebene so nahe wie möglich kommen. (Beifall bei der ÖVP. - Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Dem Kollegen fällt anscheinend keine Antwort ein!) - Frau Kollegin Brauner, wir sind hier in keinem Dialog. (Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Nein, eh nicht, nur Fragen und Zwischenrufe sind erlaubt, oder?) - Wenn Sie sich in die Debatte einbringen, würde es mich von Herzen interessieren, wie Sie das als Mitglied der Stadtregierung sehen. Bitte melden Sie sich zu Wort und sprechen Sie nicht davon, dass er nicht bereit ist zu antworten, denn wir sind hier eben nicht in einem Dialog, sondern dieses Rednerpult hat die Aufgabe, dass jemand eine Rede hält und die anderen im Idealfall zuhören und ihre Argumente ebenfalls mit einer Wortmeldung einbringen. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, und ich möchte das auch den Kollegen von den NEOS mitgeben, da Kollege Wiederkehr tatsächlich sich getraut, sich darüber zu empören, dass man den einzelnen Filetstückchen der Sozialdemokratie vielleicht die Gefolgschaft verwehrt. Ich sage Ihnen ganz offen, es war immer klar, und das haben alle Fraktionen, nicht nur meine Fraktion, auch alle anderen Oppositionsparteien immer gesagt: Ja, wir wollen, dass in den Untersuchungskommissionen alle Parteien vertreten sind. Das impliziert natürlich auch, dass NEOS dabei sind. Aber es gibt jetzt auch vom rein Handwerklichen andere Möglichkeiten als die Anträge, die heute rausgelöst wurden. Man kann es, das ist in der Tat wesentlich schlauer, so machen wie beispielsweise im Stadtrechnungshof, dass man nicht nach jedem Wahlergebnis herumdoktern muss, damit die kleinste Fraktion auch dabei ist, sondern dass man sozusagen einen Automatismus hat, der sicherstellt, dass alle Parteien dabei sind. Das hat nichts mit demokratischer Unreife, sondern mit Hausverstand zu tun, aber wenn Sie länger dabei sind, werden Sie das vielleicht auch noch irgendwann begreifen, Herr Kollege. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
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