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Landtag, 26. Sitzung vom 28.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 84

 

gebracht in dieser komplexen Frage: Was tun wir mit den Fällen, wo es gar kein Verfahren gegeben hat, sondern einfach eine Zahlungsvereinbarung mit den Erben - und damit also keinen Exekutionstitel, et cetera - gibt? - Da gab es ein weiteres OGH-Urteil, das aber in Wirklichkeit den Behindertenbereich betroffen hat und gar nicht die Pflege und Betreuung, und jetzt gibt es erst seit Jüngstem wieder ein neues OGH-Urteil - das ist erst wenige Tage alt -, das der Fonds Soziales Wien erwirkt hat und das jetzt ultimative Klarheit in vielen Fragestellungen schafft.

 

Und daher ist natürlich der Fonds Soziales Wien jetzt gerade dabei, dieses neue Erkenntnis auch in rechtliche Handhabung umzusetzen. Das wird wahrscheinlich den Finanzminister nicht besonders erfreuen, weil dieses letzte Urteil die Finanzvereinbarung, die die Landeshauptleute getroffen haben, wieder ein Stückchen nach oben geschraubt hat. Und Sie müssen sich vorstellen, dass ja in dem Rechnungswerk des Fonds Soziales Wien, der bekannterweise nach RLG bilanziert, die Ergebnisse von Verlassenschaftsverfahren und Vereinbarungen in der Vergangenheit logischerweise schon erlöswirksam gebucht sind. Das sind ja auch Forderungen gegen Erben auf der Grundlage von Ratenvereinbarungen. Das heißt, der Fonds Soziales Wien ist im Augenblick gezwungen, die Rechnungsabschlüsse der letzten Jahre rückabzuwickeln, damit wir überhaupt in der Lage sind, das präzise Rechenwerk dem Finanzminister zur Abrechnung der Kosten vorzulegen. Das ist eine Irrsinnsarbeit. Der Fonds Soziales Wien hat nur unter dem Titel dieser Pflegeregressregelung in der Zwischenzeit eine halbe Million Aufwand gehabt, hat 170.000 EUR Aufwand nur für Rechtsanwaltskosten auf Seiten des Fonds Soziales Wien gehabt. Das ist alles inakzeptabel, das ist unerträglich, ist aber leider nicht zu verhindern, denn ich glaube, wir sind uns einig, wir hätten alle miteinander einen Bericht des Rechnungshofes, wurscht, ob Stadtrechnungshof oder Bundesrechnungshof, nicht akzeptiert, in dem dann drinsteht, dass die Vorgangsweise bei der Abrechnung von Steuergeldern im Zusammenhang mit der Pflege unpräzise, schlampig oder in einer nicht durch das Gesetz gedeckten Weise großzügig vonstattengegangen wäre. Wir hätten das alle nicht akzeptiert - noch dazu, wo der Bundesrechnungshof jetzt gerade in mehreren Ländern, darunter auch in Wien, im Fonds Soziales Wien, genau die Abrechnung von Pflegekosten überprüft. Also von einer Organisation, die jetzt gerade den Rechnungshof im Haus hat, zu verlangen, sie soll das Gesetz großzügig interpretieren - ich glaube, das können wir alle miteinander nicht.

 

Und in dem Sinne bitte ich um Verständnis, auch um Ihre Unterstützung, nämlich um Verständnis dafür, dass der Fonds Soziales Wien gar nicht glücklich ist, ich als Stadtrat gar nicht glücklich bin über die Vorgangsweise. Ich hoffe noch immer, dass die Sozialministerin sich bereit erklärt, ein Gesetz zu machen. Ich sage das gar nicht vorwurfsvoll. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Der Gesetzgeber macht das Gesetz!) Einen Gesetzesentwurf vorschlägt; Sie haben recht, Entschuldigung. Aber sie muss ihn vorschlagen, sie könnte ihn vorschlagen. (Neuerlicher Zwischenruf von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Schade, dass Sie mich immer daran erinnern, dass ich ein Anfänger bin, aber Sie haben natürlich vollkommen recht. Aber sie könnte natürlich einen Gesetzesvorschlag vorlegen. Und sie weiß auch, dass wir ihr dabei helfen würden - und das meine ich nicht überheblich und nicht pampig, sondern es ist gar nicht leicht, das zu machen, und wir Länder wären bereit, ihr zu helfen. Also ich hoffe, es gelingt uns gemeinsam, sie davon zu überzeugen, es doch zu tun. - Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung der Frage. Auf die 1. Zusatzfrage wurde verzichtet. Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Mag. Kowarik. - Bitte schön.

 

9.53.33

Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Danke, Herr Stadtrat, Herr Landesrat, für die Beantwortung. Sie haben natürlich recht: Diese Situation, vor die uns der Bundesverfassungsgesetzgeber gestellt hat, war keine einfache - um das einmal vorsichtig zu sagen - für alle Beteiligten, und ich glaube, auch die Vorgangsweise bei der Gesetzgebung ist einmalig in dieser Republik gewesen. Es ist so, es war der politische Wille da, auch meiner Fraktion im Nationalrat, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren, und ich bestätige das, was Sie auch gesagt haben, nämlich dass die grundsätzliche politische Richtung die richtige war. Jetzt stehen wir vor dieser Situation.

 

Eines erlaube ich mir anzumerken: Es wird in der Anfrage des Kollegen auf dieses Verfahren vor dem OGH, 1 Ob 62/18a, verwiesen - Sie haben schon gesagt, dass es am 30.4. dazu die Entscheidung gegeben hat. Ich befasse mich damit auch beruflich als Substitut eines Notars, für uns ist das natürlich unser tägliches Brot. Ich meine, man kann das gut oder schlecht finden, dass das jetzt vom OGH ausgelegt werden muss - da bin ich bei Ihnen, ja -, aber da ist, glaube ich, schon relativ eindeutig herausgekommen, dass das Gesetz so zu verstehen ist - da geht es jetzt weniger um die Übergangsbestimmungen, sondern das eigentliche materielle Gesetz sagt das aus -, dass mit diesem Gesetz die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage verloren ist.

 

Das heißt, es ist geklärt, zumindest in diesem Urteil, dass wir uns als Land Wien für alle Verfahren, in denen es eben keine Entscheidung gemäß § 30 Abs. 3 des Wiener Sozialhilfegesetzes, also keine gerichtliche Entscheidung, gibt, die Ansprüche - bitte verzeihen Sie - auf gut Wienerisch in die Haare schmieren können. Das ist, glaube ich, eindeutig geklärt. Da hätten uns, glaube ich, auch keine Übergangsbestimmungen geholfen, denn das ist der Sukkus dieses Gesetzes, und das ist, glaube ich, relativ klar herauslesbar. Also da hätte uns der Bundesgesetzgeber auch nicht helfen können.

 

Was meine Frage ist und was ich, wie soll ich sagen, man könnte sagen, gefährlich finde, oder was halt auch noch auf uns zukommen könnte, ist der Punkt 5.5. Sie haben gesagt, es gibt jetzt ein neues OGH-Urteil. Das wurde offensichtlich noch nicht veröffentlicht, ich kenne es zumindest noch nicht, vielleicht habe ich es auch noch nicht gefunden. Der FSW war offensichtlich Verfahrenspartei, darum haben Sie es zugestellt bekommen.

 

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