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Landtag, 27. Sitzung vom 28.09.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 51

 

natürlich mit Schmerzen sehr viel zu tun. Das ist allerdings ein Bereich, in dem die Schmerztherapie im Allgemeinen sehr sinnhaft und auch sehr erfolgreich verläuft, weil man einfach weiß, worum es geht.

 

Ein großes Problem ist natürlich, und das hat der geschätzte Bericht der Volksanwaltschaft hervorgehoben, bei Personen, die nicht kommunizieren können. Das ist allerdings nicht nur bei Menschen mit Behinderung, das ist auch, und hier möchte ich mir einen ganz kleinen Rat erlauben, bei Säuglingen und Kleinkindern der Fall. Grundsätzlich sind alle Menschen, egal, welchen Alters, die nicht ausreichend kommunizieren können, mit erheblichen Problemen behaftet, ihre Schmerzen und auch die Reaktionen der Schmerzen darzustellen. Ich habe das selber in meiner Zeit als Ausbildungsarzt an der Kinderchirurgie festgestellt. Das war damals eine Zeit, in der man annahm, dass das Schmerznervensystem bei Kindern ungenügend ausgebildet ist, was in einer Hinsicht stimmt, nur nicht in der, in der man das angenommen hat. Man hat deshalb - ich habe das selber gesehen - Säuglinge nahezu ohne Narkose operiert.

 

Nun weiß man mittlerweile, dass es nicht nur Schmerznervenfasern gibt, sondern auch schmerzunterdrückende Nervenfasern. Gerade diese unterdrückenden Nervenfasern sind bei kleinen Kindern und Säuglingen unterentwickelt. Das heißt, diese bedauernswerten kleinen Menschen haben erst recht Schmerzen gespürt. Da war ich Zeuge von einigen Eingriffen, die sicherlich mein Berufsleben geprägt haben. Ich habe mich auch nachträglich mit Schmerztherapie bei Kindern, auch mit der entsprechenden Mustererkennung bei Kindern, beschäftigt, wie man Schmerz evaluieren kann. Also das können, Sie werden es selber wissen, Hautwiderstand, Puls, Atemfrequenz, und so weiter sein. Das ist bei akuten Schmerzen relativ einfach.

 

Das wird schon ziemlich schwierig bei chronischen Schmerzen. Denn eine Person, die sich mit einer eingeschränkten Kommunikation, möglicherweise auch mit einer eingeschränkten kognitiven Leistungsfähigkeit, nicht mitteilen kann, entwickelt ein anderes Reaktionsmuster bei chronischen Schmerzen als bei akuten Schmerzen. Hier beginnt die wirkliche Problematik, die man gezielt wissenschaftlich umsetzen muss, weil in diesem Bereich die Erfahrung nicht ausreicht. So - unter Anführungszeichen - relativ einfach es ist, akute Schmerzen bei Personen, auch bei Kleinkindern und Säuglingen, die sich nicht artikulieren können, einzuschätzen, durch eine entsprechende Behandlung die Antwort, den Respons, zu merken, so schwierig ist es natürlich bei chronischen Schmerzen bei Patienten, die nicht sprechen können. Ich würde hier vorschlagen - ich habe das schon mehrmals in diesem geschätzten Plenum gemacht -, dass man, und wir sind da sicherlich über alle Fraktionsgrenzen davon überzeugt, Kleinkinder, Säuglinge, Menschen mit Behinderung suffizient schmerztherapieren muss, dass man das auch erkennen muss, dass wir hier einen Runden Tisch oder einen Arbeitskreis oder eine Arbeitsgruppe installieren, die sich wirklich ernsthaft und regelmäßig mit der Schmerzbehandlung auseinandersetzt.

 

Ich muss leider erwähnen, dass es in Österreich eine fast schon dunkle Tradition des Übersehens einer Schmerztherapie gibt. Es ist keineswegs so, dass Wien jetzt schlechter als die anderen Bundesländer oder der Krankenanstaltenverbund schlimmer als Niederösterreich oder die Steiermark ist. Es gibt hier praktisch über das gesamte Bundesgebiet eine Tradition der nicht suffizienten Schmerztherapie. Das ist schade und das ist traurig. Vor allem ist es mehr oder weniger unverändert. Ich war vor Kurzem bei einem Schmerzsymposium. Einer der Hauptredner, ein schon älterer, erfahrener Schmerzspezialist und Facharzt, hat gesagt, es hat sich in den letzten 30 Jahren eigentlich nichts geändert. Das ist eigentlich zum Gruseln. Das ist wirklich zum Gruseln! Man wird zwar keine, was weiß ich, sechs Monate alten Kindern mehr ohne Narkose behandeln, ich meine, so schlimm ist es nicht mehr, aber bei Kleinkindern, bei Säuglingen mit chronischen Schmerzen, mit einer relativ schwierigen Mustererkennung des Schmerzes oder bei behinderten Menschen mit chronischen Schmerzen ist man schon gefordert. Es ist einfach das Bewusstsein nicht da.

 

Man kann relativ leicht durch Dokumentationen einschätzen, wie wenig Schmerztherapie gegeben wird. Man hat automatisch zwingend eine Dokumentation bei Analgetika. Das sind Fieberkurven. Das ist auch bei Pfleglingen oder Pflegepersonen sehr genau. Also das, muss ich ehrlich sagen, wird sehr genau durchgeführt. Wenn man das mit intramuralen Schmerzpatienten vergleicht, merkt man schon ordentliche Unterschiede. Es ist in Österreich nun einmal so, und das ist leider eine negative Tradition, dass der Schmerz als medizinischer Faktor zu wenig respektiert wird. Das ist umso überraschender, da Schmerz eigentlich der Hauptgrund ist, dass man eine Ambulanz oder eine Ordination aufsucht. Umso grotesker ist es eigentlich, dass es im Studium keine spezielle Schmerzausbildung gibt, dass es auch dann im Ablauf der Ausbildung zu wenige Möglichkeiten gibt, sich in der Schmerzbehandlung und vor allem in der Schmerzerkennung weiterzubilden. Hier sind wir alle gefordert.

 

Ich würde jetzt wirklich eindringlich die Volksanwaltschaft bitten, dass sie zu den Menschen mit Behinderung auch Säuglinge und Kleinkinder dazurechnet. Es ist eine erhebliche Problematik im Unterschied chronischer Schmerz zu akuter Schmerz. Es ist von der Mustererkennung und auch von der Behandlung her anders. Hier muss man wirklich differenzieren. Ich würde mir auch sehr wünschen, dass wir über alle Parteigrenzen gemeinsam, sozusagen Schulter an Schulter, für die großen und kleinen Patienten das Beste machen. - Vielen Dank! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Hanke. Bitte sehr.

 

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Abg. Marina Hanke, BA (SPÖ)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geschätzte Volksanwältin! Sehr geschätzter Volksanwalt!

 

Ich möchte mich am Anfang noch einmal kurz auf den Anfang der Debatte beziehen, auf die Frage der Fremdunterbringung, weil das natürlich auch für unsere

 

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