Landtag, 27. Sitzung vom 28.09.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 51
Fraktion ein sehr wichtiges Thema ist und die Frau Schwarz und die ÖVP auch einen Antrag einbringen. Ich möchte einmal ganz grundsätzlich sagen, was eh auch wie immer im Bericht der Volksanwaltschaft angemerkt ist, Wien ist eine Großstadt. Deswegen sind bei allen Zahlenvergleichen, die wir anlegen, natürlich auch Großstadtphänomene immer zu berücksichtigen. Wenn wir, was Fremdunterbringung angeht, in andere Großstädte schauen, die vergleichbar sind, sehen wir ähnliche oder sogar höhere Zahlen, gerade wenn wir zum Beispiel nach Deutschland schauen.
Zu den Vergleichszahlen möchte ich aber auch im Bundesländervergleich noch etwas sagen, weil es mir wichtig ist, da auch hervorzuheben, dass wir uns anschauen müssen, welche Jugendlichen bei der Wiener Kinder- und Jugendhilfe eigentlich betreut werden, welche da bei uns im System sind. Das sind nämlich auch Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Das sind auch Kinder und Jugendliche mit psychiatrischen Auffälligkeiten. Das sind Kinder und Jugendliche, die in anderen Bundesländern oftmals in anderen Systemen sind und deswegen dann natürlich auch nicht mit eingerechnet werden, dort zum Beispiel in der Behindertenhilfe oder in Gesundheitssystemen.
Aber was wir bei der Zahlenrechnung einbeziehen müssen, sind natürlich viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die bei uns auch in Betreuung genommen worden sind. Da hat Wien die Betreuungsquote in den letzten Jahren übererfüllt, vor allem deswegen, weil andere Bundesländer ihrer Verpflichtung aus der Grundversorgungsvereinbarung einfach nicht nachgekommen sind. Wenn wir in der ganzen Debatte schon von Kindeswohl sprechen, dann geht es dabei auch um diese.
Ich möchte noch auf zwei Punkte in der Frage der Fremdunterbringung hinweisen, einerseits, dass wir die ambulanten Angebote der Kinder- und Jugendhilfe als Stadt Wien sehr stark ausgebaut haben und das auch noch weiter tun werden. Da geht es natürlich um die Reduktion der vollen Erziehung. Da geht es aber vor allem auch darum, den Kinderschutz in qualitativer Sicht einfach weiter nach vorne zu bringen, immer weiter zu verbessern. Ein Beispiel, das mir da einfällt, weil auch die Ausbildung angesprochen worden ist, ist der Masterlehrgang gemeinsam mit dem FH-Campus zur Ausbildung von Fachkräften im Bereich der ambulanten Kinderschutzarbeit, wo wir ein Vorzeigebeispiel sind.
Als letzten Punkt, weil es angesprochen worden ist und auch im Antrag der ÖVP steht, möchte ich noch auf die Frage der Kindesabnahme kommen. Ich kann die Kollegin Schwarz da sehr beruhigen. Kindesabnahme ist auch in Wien immer die allerletzte Maßnahme. Das tragende Prinzip der Kinder- und Jugendhilfe sind die Kinderrechte, der Schutz der Familienautonomie und natürlich die Anwendung des gelindesten Eingriffs. Das ist das, was bei uns genauso zählt. Es gibt viele gute Angebote rundherum, die immer zuerst eingesetzt werden, wo immer genau geschaut wird, was man alles machen kann. Es ist keine leichtfertige Entscheidung, die getroffen wird, wenn es zu einer Kindesabnahme kommt. Das sind Sachen, die unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sehr bewusst, sehr bedacht machen, nach einem sorgfältigen und standardisierten Abklärungsverfahren. Darum wollte ich darauf hinweisen, dass im Vordergrund natürlich immer das Kindeswohl steht. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Ich möchte mich natürlich auch noch einmal bei der Volksanwaltschaft für den Bericht bedanken. Die Volksanwaltschaft leistet extrem wichtige Arbeit. Das ist etwas, was wir eigentlich jeden Tag sehen, wenn wir die Arbeit mitbekommen, aber natürlich immer, wenn uns der Bericht vorliegt, dessen Anmerkungen und Vorschläge wir immer sehr ernst nehmen und sie auch als Auftrag sehen, Dinge zu verbessern.
Die Volksanwaltschaft steht zur Seite, wenn sich Bürger und Bürgerinnen von einer Behörde ungerecht behandelt fühlen. Sie ist aber auch dafür zuständig, darauf zu achten, dass die Menschenrechte geschützt und gefördert werden. Institutionen, die gerade so etwas machen, die Menschen dabei unterstützen, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen, und die auch Menschenrechte, Einbringungsmöglichkeiten in den Vordergrund stellen, sind extrem wichtige Institutionen in unserer Gesellschaft. Ich möchte genau deswegen auch in dieser Debatte einen Antrag einbringen, der sich genau mit dieser Thematik beschäftigt, nämlich mit Interessenvertretung, mit Mitbestimmung.
Im Regierungsprogramm der Bundesregierung, das wir im Dezember 2017 bekommen haben, ist vorgesehen, dass das aktive Wahlalter bei den Betriebsratswahlen auf 16 Jahre gesenkt wird. Das ist eine Sache, die an sich ein sehr positives Signal ist. Damit einhergehend soll aber auch das System der Jugendvertrauensräte und Jugendvertrauensrätinnen abgeschafft werden. Das ist die direkte Interessenvertretung der Lehrlinge und die direkte Interessenvertretung der jungen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Betrieb. Es ist für mich wirklich unverständlich und absolut nicht nachvollziehbar, wie man eine so bewährte, seit mittlerweile vielen Jahrzehnten bewährte, Institution abschaffen möchte. Das verstehe ich einfach nicht.
Ich weiß auch nicht, ob die Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ schon einmal in ihrem Leben mit einem Jugendvertrauensrat oder mit einer Jugendvertrauensrätin geredet haben und einmal geschaut haben, was sie machen. Das sind junge Leute, die sich jeden Tag für andere junge Leute einsetzen und darauf schauen, dass es den Lehrlingen, die in Ausbildung sind, und den jüngsten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Arbeitssystem gut geht. Das sind die, die darauf schauen, dass die Rechte der jungen Leute eingehalten werden, wenn zum Beispiel Überstunden nicht angerechnet werden oder Überstunden gemacht werden, wo sie nicht gemacht werden dürfen. Das sind die, die aber auch darauf schauen, dass Ausbildung gut und qualitativ passiert. Wir haben leider immer noch Fälle, wo Lehrlinge für irgendwelche Tätigkeiten eingesetzt werden. Das sind genau die Fälle, wo der Jugendvertrauensrat/die Jugendvertrauensrätin kommt und schaut, dass auch nach dem Berufsbild ausgebildet wird, wie es notwendig ist. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
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