Landtag, 2. Sitzung vom 17.12.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 30
werden selbstverständlich auch heute zustimmen, es handelt sich um die Erweiterung von temporären Bestimmungen hinsichtlich der längeren Gültigkeit von Daten und Bescheiden sowie einer allgemeinen Anrechnungsausnahme. Wir bekennen uns als neue Volkspartei natürlich auch zur Mindestsicherung, das Mindestsicherungsgesetz ist uns als letztes soziales Mittel wichtig.
Gerade während der Covid-Krise wird es natürlich eine stärkere Beanspruchung geben, die es natürlich auch abzufedern gilt. Ich gebe Ihnen völlig recht, Frau Kollegin Berner, es ist natürlich selbstverständlich, in einer Zeit, in der es schwierig ist, ist eben die Mindestsicherung dafür da, um auszuhelfen. Dennoch, und das kann ich natürlich nicht so hinnehmen, daher sehe ich das nicht so zu feiern, denn es hätte bereits mit 1.1.2020 zu einer Umsetzung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes kommen müssen. Die Stadt Wien hat sieben Monate Zeit für ein verfassungskonformes Ausführungsgesetz gehabt, Wien ist da allerdings noch immer säumig und begeht damit einen Verfassungsbruch.
Wenn man sich das neue Regierungsprogramm ansieht, dann wird sich offenbar auch daran nichts ändern. Auch wenn wir heute gerade im Bereich der Volkswirtschaft zu diskutieren haben - Sie wissen, ich war Volksanwältin, habe daher nach wie vor sozusagen eine besondere Zuneigung und Verbundenheit zur Volkswirtschaft -, so wird von der Volksanwaltschaft da auch ganz klar gesagt, dass es ein Verfassungsbruch ist. Das ist nicht wegzudiskutieren, und es ist mir eigentlich unverständlich, Herr Landesrat, dass Sie das so akzeptieren und so hinnehmen.
Die Verfassung, meine Damen und Herren, ist die Grundlage des politischen Handelns, die Verfassung steht in der Hierarchie des Rechts ganz oben und die Verfassung ist ein ganz, ganz wesentliches Kriterium einer Demokratie. Durch dieses Nichthandeln wird es mit Füßen getreten, das ist mehr als bedenklich und dieses Verhalten ist mehr als zu kritisieren.
Auch ich bin sehr verwundert, dass von den NEOS, einer Partei, die in Wien in der Regierung ist, die eigentlich sonst bei jeder Gelegenheit die Verfassung schützen will, was natürlich grundsätzlich auch sinnvoll ist, heute alle schweigen. Das ist ein bedenkliches Zeichen für die Zukunft dieser Regierung. Mein Folgeredner wird darauf dann noch besonders eingehen.
Meine Damen und Herren, wir haben in dieser Stadt ein sehr stabiles Sozialsystem. Die Wienerinnen und alle Österreicherinnen und Österreicher haben über die letzten Jahre und Jahrzehnte dieses System durch harte Arbeit aufgebaut und finanziert. Zum Glück haben wir ein stabiles System für all jene, die sich nicht mehr selbst helfen können. Die Covid-Pandemie war und ist natürlich in erster Linie eine Gesundheitskrise, aber sehr dicht dahinter folgen natürlich die wirtschaftliche und die soziale Krise, und somit wird die Sozialhilfe bestimmt stärker beansprucht werden müssen. Die entscheidende Frage in der Krise ist natürlich, inwiefern dieses System in der jetzigen Form den Herausforderungen der Krise gerecht werden kann. Denn unser Ziel liegt eindeutig darin, dass das jetzige System gerechter wird. Insgesamt debattieren wir dieses Thema ja bereits seit der Soziallandesrätin Wehsely, und aus unserer Sicht ist es das - nämlich gerecht - jedenfalls nicht.
Das war ja auch der Grund, dass die ehemalige Bundesregierung diese Änderungen eingeleitet hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, da hat man sich ja etwas dabei gedacht. Seit 2010 ist die Zahl der Mindestsicherungsbezieher um über 60 Prozent gestiegen, jetzt etwas gefallen und jetzt wird es natürlich weiter steigen. Die Ausgaben für die Mindestsicherung sind um 120 Prozent gestiegen. 2019 gab Wien täglich 1,8 Millionen EUR für die Mindestsicherung aus. Es leben in Wien 60 Prozent aller Mindestsicherungsbezieher Österreichs, obwohl Wien nur 20 Prozent der Einwohner Österreichs hat. Sehr geehrte Damen und Herren, das sind einfach nur die Fakten, und diese Fakten sprechen für sich.
Und ja, der Verfassungsgerichtshof hat Teile des Grundsatzgesetzes vor rund einem Jahr gehoben, aber der beträchtliche Teil ist weiterhin in Geltung. Der Zweck der Reform war folgender: Dass weniger Personen in das Sozialsystem zuwandern, dass es wirklich nur jenen Menschen zu Gute kommt, die diese Hilfe auch wirklich brauchen. Gleichzeitig soll es auch besonders vulnerablen Gruppen - wie Menschen mit Behinderung, alle AlleinerzieherInnen - Vorteile bringen, oder auch das Schonvermögen sollte generell erhöht werden. Was Wien da allerdings betreibt, ich sage es noch einmal, ist ein reiner und ein bewusster Verfassungsbruch.
Wir respektieren die Verfassung zu 100 Prozent und stehen für echte Reformen. Wir wollen keine Abhängigkeiten schaffen, sondern mit dieser Novelle Unabhängigkeiten ermöglichen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen für ein gerechtes soziales Netz, das jenen hilft, die Hilfe brauchen, und wir stehen zu einer Mindestsicherung, die den Betroffenen als Sprungbrett hilft. Das Sprungbrett ist nämlich notwendig und wichtig und wird in den nächsten Monaten und vielleicht Jahren noch wichtiger sein. Insbesondere stehen wir aber zu den demokratischen Werten und Prinzipien in unserem Land und in unserer Stadt, daher fordern wir Sie auf, dieses antidemokratische Verhalten zu beenden. Herr Soziallandesrat, beenden Sie diesen Verfassungsbruch und setzen Sie das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz um. Daher bringe ich auch einen Antrag ein, ja, zu dem ich die sofortige Abstimmung betreffend Umsetzung Ausführungsgesetz Sozialhilfe erwarte.
Meine Damen und Herren, auch ich darf Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest wünschen, alles Gute für das Neue Jahr und vor allem: Bleiben Sie gesund!
Präsident Ing. Christian Meidlinger: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Florianschütz. - Frau Abgeordnete, dürfte ich den Antrag haben?
Abg. Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ): Sehr geehrter Her Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren via Livestream und an den Bildschirmen! Frau Abg. Korosec ist eine weise Frau, sie hat darauf hingewiesen, dass ich auf ihre Wortmeldung Bezug nehmen werde. Das ist eine self-fulfilling prophecy, denn der Inhalt macht es notwendig. Na ja, manchmal ist es so, dass man für eine Rede gar nichts vorbe
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