Landtag, 2. Sitzung vom 17.12.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 30
reiten muss, man muss nur den VorrednerInnen zuhorchen, dann hat man schon Stoff genug.
Aber zuerst zum Gesetz: Meine Damen und Herren, das Gesetz, das hier vorliegt, ist eine Notwendigkeit. Es ist deshalb notwendig, weil wir damit sicherstellen, dass nicht jener Zustand eintritt, dass der durch Covid-19 erzeugte besondere Bedarf für Menschen, die nicht in die Kriterien der Bedarfsorientierten Mindestsicherung hineingerechnet werden, auf der einen Seite eine Förderung bekommen, die aber auf der anderen Seite bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Abzug gebracht wird. Ich habe adjustiert, dass ungefähr alle Redner in dem Haus dafür gewesen sind, und das finde ich auch gut.
Zur Materie an sich: Auf Grund eines Erfolges der Sozialdemokratischen Fraktion im Nationalrat ist es gelungen, bestimmte Teile des höchst unsozialen Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes des Bundes zu Fall zu bringen. Nicht alle, aber wesentliche Hürden sind geblieben, die Benachteiligung von Mehrpersonenfamilien, die Benachteiligung von subsidiär Schutzberechtigten. Ich denke, dass es eine politische Aufgabe sein wird, diese Ungerechtigkeiten zu bekämpfen, und da habe ich eine gewisse Hoffnung und setzte sowieso auf unseren Koalitionspartner, aber auch auf die GRÜNEN, die ja auf Bundesebene einen Beitrag leisten können, um da Verbesserungen herbeizuführen.
Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Korosec, weil Sie da Krokodilstränen über die Frage der Verfassung und Verfassungskonformität vergossen haben: Ich bin ja in Vertretung des Bürgermeisters der Vertreter der Stadt Wien im Ausschuss der Regionen. Dort treffe ich gelegentlich den Herrn Landeshauptmann von Tirol. Ich werde Kollegen Platter ausrichten, dass Sie ihm ausrichten lassen, dass er sich beim Tiroler Sozialhilfegesetz am Riemen reißen soll, denn Tirol hat eine ähnliche Herangehensweise - wie auch Vorarlberg, also insgesamt sechs andere Bundesländer - in der Frage, wie man mit der Mindestsicherung umgeht, und hat die soziale Bundeslinie noch nicht umgesetzt. Das heißt, wir finden uns in guter Gesellschaft. Wie gesagt, Herrn Platter werde ich das ausrichten.
Eines möchte ich Ihnen schon sagen, wenn wir dauernd von Verfassungsbruch reden: Den Verfassungsbruch beziehungsweise die Verfassungswidrigkeit erkenne ich momentan serienweise in Regelungen des Bundes, es ist ja jedes zweite Gesetz aufgehoben. Und verkennen Sie mein Bekenntnis zur Bundesverfassung nicht, ganz im Gegenteil, es gibt ja kaum einen, der mehr zur Bundesverfassung steht wie ich. Das kann ich aber auch von Ihnen erwarten, darum bin ich manchmal von Ihnen enttäuscht und deprimiert, dass Sie es sich immer so drehen, wie Sie es brauchen.
Apropos brauchen: Meine Damen und Herren, unsere Herangehensweise an die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist, dass wir uns überlegen, und dafür bin ich Ihnen auch sehr dankbar, Herr Landesrat, was die Menschen brauchen. Was brauchen die Menschen, um ein würdiges, gutes Leben führen zu können? Ihre Herangehensweise ist: Was steht maximal zu? - Immer weniger, immer weniger, immer weniger, immer weniger, und das ist halt grauslich. Meine Damen und Herren, Politik wird in Bildern gemacht. In Ihrem Bild sehe ich die armen Menschen in einem endlos langen Zug über die Straße gehen, und Sie stehen am Straßenrand und überlegen sich, wie man ihnen die Schuhe wegnehmen kann. Das ist elend! Das ist elend, meine Damen und Herren, aber ich will es auf Grund der Dauer der Rede nicht auf die Spitze treiben. Ich weise Sie nur darauf hin, dass ja bekanntlich das Bessere der Feind des Guten ist, demzufolge ist einer der zentralen Bestandteile des Regierungsprogramms die Schaffung einer Richtwertekommission.
In dieser Richtwertekommission werden wir uns natürlich evaluieren und anschauen, wie wir denn die Fürsorge und die Hilfe für die schwachen Menschen in unserer Stadt, in unserer Gesellschaft regelmäßig und ständig verbessern werden. Herr Landesrat, Sie wissen, Sie können sich auf uns verlassen, dass wir, meine Fraktion, die Fraktion der NEOS - und ich fordere auch alle anderen in diesem Haus auf, das zu tun - da konstruktiv mitarbeiten werden, nämlich für eine Verbesserung der Lage der armen Menschen.
Es liegen, wie wir vernommen haben, drei Anträge vor. Zu zwei Anträgen brauche ich mich nicht zu äußern, das sind die Anträge der ÖVP und der FPÖ. Da geht es darum, wie man Armut arm lässt und Leuten nicht hilft: Herzlos, grausam und kalt. Und ein Antrag der GRÜNEN: Meine Damen und Herren, manchmal werden Anträge gestellt, um einen Eindruck zu erwecken. Dieser Antrag ist ein solcher, denn wenn in diesem Antrag gefordert wird, dass es zu keiner Kürzung kommt, unterstellt das ja immanent, dass die Regierung eine solche Kürzung vorhätte. Da frage ich Sie einfach: Woher haben Sie das? Das Gegenteil ist wahr, gar nichts wollen wir kürzen, überhaupt wollen wir nicht kürzen.
Ganz im Gegenteil, wir überlegen, Richtwertekommission, wie wir die Situation verbessern und wie wir mehr für die armen Leute machen können. In dem Zusammenhang: Der Antrag, den Sie gestellt haben, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, widerspricht der bundesgesetzlichen Regelung. Jetzt könnte ich mich nicht erinnern, dass der Sozialdemokrat oder die Sozialdemokratin in der Bundesregierung sitzt, aber Mitglieder der Grünen Partei schon. Das heißt, ich würde Ihnen vorschlagen, dass Sie wesentliche Inhalte dieses Antrags in die Bundesregierung einbringen und dort umsetzen und dort dafür sorgen, dass das nicht passiert.
Eine Einfrierung des bestehenden Zustandes widerspricht der Idee der Richtwertekommission, nämlich zu einer Verbesserung beizutragen. Die Unterstellung, dass wir etwas kürzen wollen, habe ich bereits zurückgewiesen. Darüber hinaus sage ich Ihnen nur, dass wir zum Beispiel beim Beschäftigungsbonus plus selbst auch Verbesserungsbedarf sehen und schon darum nicht alles so bleiben soll, wie es ist. Uns geht es nicht darum, dass etwas so bleibt, wie es ist, meine Damen und Herren, es geht darum, dass es besser wird. Das ist die entscheidende Frage.
Diesen Weg werden wir weitergehen, und im Übrigen ersuche ich um Ihre Zustimmung zur Gesetzesvorlage. - Danke schön.
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