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Landtag, 49. Sitzung vom 25.09.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 44

 

Amtsf. StR Peter Hacker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Sie erinnern sich wahrscheinlich noch an die Schlagzeile, die die Grundlage Ihrer Anfrage ist. Es war am 23. November 2018 aufgedeckt „Millionenskandal um Asylgeld“. Und die Geschichte beginnt: „Wie eine Überprüfung des Innenministeriums ergab: Skandal, 10 Millionen EUR Steuergeld in der Asylindustrie versumpert.“ Das ist die G‘schicht. Ich hab‘ damals zunächst einmal den Chef des Wiener Rechnungshofes angerufen und hab‘ ihn gebeten, mir zu sagen, ob er in der Lage ist, eine Überprüfung dieser Vorwürfe durchzuführen. Aber eigentlich war sehr schnell klar, das ist nicht möglich, weil der Wiener Rechnungshof keine Möglichkeit hat, auch die Datenbanken und Datenwelten des Innenministeriums zu überprüfen und daher in Wirklichkeit relativ sinnlos, mit einem derartig ungeheuerlichen Vorwurf den Wiener Rechnungshof zu beauftragen oder zu bitten, eine Prüfung zu machen.

 

Ich hab‘ dann mit der Präsidentin des Bundesrechnungshofes telefoniert und hab‘ dann mit ihr vereinbart und das dann auch getan, ihr schriftlich, nämlich am 3. Dezember, zu schreiben: „Ich ersuche Sie um eine wohlwollende Überprüfung, ob der Rechnungshof des Bundes in der Lage ist, diese Vorwürfe, die hier vom Innenministerium gegen eine Einrichtung der Stadt geäußert werden, zu überprüfen.“ Und ich bin sehr froh darüber, dass die Rechnungshofpräsidentin diesem Wunsch, dieser meiner Bitte nachgekommen ist und einen Bericht in Auftrag gegeben hat.

 

Eigentlich finde ich es am Rande ja bemerkenswert, mit welcher Leichtigkeit wir uns hier im Landtag, also dem Ort, wo letztlich auch die Gesetzgebung stattfindet, darüber hinwegsetzen, dass ein Rohbericht ja eigentlich noch dem Vertraulichkeitsgebot unterliegt und es eigentlich interessant ist, mit welcher Leichtigkeit wir hier Anfragen auch auf der Grundlage von Rohberichten stellen und eine politische Debatte versuchen, auf der Grundlage von Rohberichten zu entfachen, die eigentlich noch erstens unter Vertraulichkeit sind, und zweitens, weil es der Rohbericht ist, auch noch nicht fertiggestellt ist. Aber ich nehme an, dass Sie den Bericht gelesen haben, Herr Abgeordneter. Deswegen denke ich mir, es ist wichtig. Und wenn wir schon die Gelegenheit aufmachen, über einen Rohbericht zu berichten, dann lassen Sie mich auch über den Rohbericht berichten, den ich im Hinblick vor allem auf den Auslöser dafür, nämlich dieser ungeheuerliche Vorwurf, dass die Administration für den Flüchtlingsbereich in der Bundeshauptstadt 10 Millionen EUR verjuxt hat. Dieser Vorwurf ist ungeheuerlich, das ist nicht irgendwas, so eine Kleinigkeit, sondern es ist wirklich ungeheuerlich. Und der Rechnungshof hat in seinem Rohbericht klar gemacht, dass aus den angeblichen 10 Millionen EUR genau 7.000 EUR geworden sind, 7.000 EUR bei einem Abrechnungsvolumen von hunderten, von tausenden Buchungszeilen und einem gesamten Buchungsvolumen von zirka 500 Millionen EUR!

 

Anders gesagt, die Buchhaltung und die Abrechnung hat eine Fehlerquote von 0,0014 Prozent bei hunderttausenden Buchungen, Prüfungen von Einzelbelegen, von Rechnungen über Kaugummipackungen, Rechnungen über Fahrscheine, Frauentampons, Zigarettenpackungen, Kinokarten. Das hat nämlich der Rechnungshof in seinem Rohbericht auch klar gemacht, dass es eigentlich ziemlich absurd ist, auf welchem Kleinniveau hier die Abrechnung der gesamten Flüchtlingseinrichtungen in ganz Österreich erfolgt. Ich denke, man muss in aller Klarheit und Deutlichkeit feststellen, dass der Rechnungshof in seinem Rohbericht diesen ungeheuerlichen Vorwurf gegen die Flüchtlingsadministration in Wien sehr unmissverständlich klar und eindeutig widerlegt hat und dafür gilt mein, und ich denke, wohl auch unser aller Dank an die vielen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die diese Abrechnung jeden Tag ordnungsgemäß vollziehen.

 

Grundsätzlich ist natürlich festzuhalten, so wie in jedem Abrechnungssystem, dass es ja überhaupt keine Überraschung ist, dass Leistungen verrechnet, gegenverrechnet werden, dass Rechnungen gebucht werden, Rechnungen in Abrechnungssysteme kommen und bei nachfolgenden Überprüfungen Korrekturen stattfinden. Ich meine, das ist ja so selbstverständlich wie das Kleine Einmaleins der Buchhaltung.

 

Was aber in dem Rohbericht auch sehr spannend ist, und wenn wir schon darüber diskutieren, sprechen wir auch gerne darüber, dass der Rechnungshof wieder einmal, es ist nicht zum ersten Mal, wieder einmal einen Bericht vorlegt, in dem er eine ganze Reihe von Problemen aufdeckt über unzureichende Kostenhöchstsätze, über ein Regelwerk, das auf der Basis von händischen Abrechnungen vollzogen werden muss, es keine automatisierte Abrechnung zwischen dem Bund und den Bundesländern gibt. Und wieder einmal gibt es einen Rechnungshofbericht, in dem der Rechnungshof sagt, die grundlegende Datenbank des Innenministeriums ist für diese Aufgabenbewältigung völlig ungeeignet.

 

Ich weiß gar nicht, wie viele Beschlüsse von Sozial- und Flüchtlingslandesräten es inzwischen gibt. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Beschlüsse es im Koordinationsrat gibt, wo das Innenministerium aufgefordert wird, seine Datenbank zu überarbeiten. Ich weiß gar nicht, wie viele Zusicherungen des Innenministeriums es in den letzten 20 Jahren gibt, die Datenbank ordnungsgemäß aufzubauen. Es gibt sogar Finanzierungsübereinkommen mit dem Innenministerium, wo die Länder zugestimmt haben, sich an diesen Kosten zu beteiligen - Effekt null, bis heute keinerlei Bewegung bei einer Datenbank, die seit 20 Jahren dramatisch überfordert ist. Auch das zeigt dieser Rechnungshofbericht eindeutig und unmissverständlich.

 

Zuletzt gab es im Dezember 2019 eine Sitzung der Landesräte für Flüchtlingsfragen mit dem damaligen Innenminister, das war der Innenminister der Übergangsregierung. Und der Innenminister der Übergangsregierung, der ja auch ein bekannter Finanzfuchs ist und sich mit den großen Zahlen dieser Republik beschäftigt, jetzt wieder als Leiter der Finanzprokuratur, weiß ganz genau, wie wertvoll es ist, gute Datenbanken zu haben. Er hat damals zugestimmt, dass erstens einmal die Grundversorgungsvereinbarung überarbeitet werden muss, dass

 

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