Landtag, 49. Sitzung vom 25.09.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 44
Es ist natürlich grundsätzlich erfreulich, wenn einem Beschluss des Landtages entsprochen wird, und ich freue mich doppelt, weil es ein Antrag der ÖVP im März dieses Jahres auf Einsetzung einer solchen Historiker- beziehungsweise Expertenkommission war. Ich freue mich nach wie vor, dass es einen Mehrparteienantrag gegeben hat, es dann letztendlich auf Grund dieser Initiative zum Beschluss gekommen ist und jetzt die beiden Stadträte, die diese Mitteilung gegeben haben, diesen Beschluss umgesetzt haben. Ich war einigermaßen gespannt auf diese Mitteilung, was sich dahinter verbergen würde, und habe mir gedacht, das muss etwas ganz Besonderes sein. Näheres hat man im Vorfeld nicht erfahren können und etwas ganz Besonderes haben wir auch nicht erfahren, denn so überraschend ist das ja nicht, dass die Stadträte das machen, was der Landtag beschließt, nämlich die Expertenkommission tatsächlich einzusetzen.
Was neu ist, das ist, dass der Herr Stadtrat versucht hat, mit dem Herrn Hoguet ins Gespräch zu kommen, dass er eine Einladung ausgesprochen hat, die offenbar bis heute nicht angenommen worden ist. Ich habe sehr genau zugehört, was die Eingrenzung des zeitlichen Bereiches des zu untersuchenden Zeitraumes betrifft, und da habe ich vom Herrn Stadtrat etwas gehört, und zwar soll diese Expertenkommission die Geschichte der Rothschild’schen Stiftung bis zum Jahr 1956 untersuchen. Und da werde ich ein bisschen skeptisch und vorsichtig, da es ja letztendlich um die Verantwortung der Stadt Wien in der Zweiten Republik geht, wie diese Stadt Wien mit dem historischen Erbe umgeht, wie die NS-Politik der Stadt aussieht, wie die Restitutionspolitik aussieht. Und was im Jahr 1956 passiert ist, das war eben, aus unserer Sicht, nicht zureichend, denn auf Grund eines Urteils der Rückstellungskommission musste die Rothschild’sche Stiftung wieder ins Leben gerufen werden. Sie hat auch tatsächlich Rechtspersönlichkeit bekommen, allerdings nur eine juristische Hülle, denn die Verwaltung ist seit diesem Zeitpunkt durch den Magistrat erfolgt. Das hat mit der Vertretungsbefugnis in der Stiftungsurkunde natürlich nichts mehr zu tun, denn in der Stiftungsurkunde war die Vertretung durch ein zwölfköpfiges Kuratorium vorgesehen, maßgeblich bestellt durch die Familie Rothschild.
Darf ich auch lobend erwähnen, dass es mich freut, dass Prof. Sandgruber dieser Kommission angehört. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Er hat zu Beginn dieses Jahres doch einige Kritik geäußert und es zeugt schon von Größe, dass man diesen Kritiker in diese Expertenkommission aufnimmt. Ich weiß das schon zu schätzen. Eben dieser Sandgruber sagt uns aber auch, dass es doch zu einem Vergleich im Jahr 1962 gekommen ist, den man sich auch näher anschauen müsste, nämlich zu einem Vergleich zwischen zwei Magistratsabteilungen, zwischen der MA 12, die die Vertretung dieser Stiftung ausgeübt hat, und der MA 65. Ergebnis war, dass man 500.000 Schilling an die Rothschild’sche Stiftung bezahlt hat und dafür im Gegenzug der Stadt die Verwaltung der Stiftung übertragen worden ist.
Also ich meine, es würde sich schon lohnen, das näher zu untersuchen. Ebenso würde es sich lohnen, den Verkauf des Maria-Theresien-Schlössels zu untersuchen, der auch um einiges später stattgefunden hat. Auch hier hat die MA 12 an die Stadt Wien verkauft und die stiftungsbehördliche Genehmigung ist durch die MA 62 erfolgt. Das heißt, es war da nur der Magistrat betraut und der Magistrat hat diese Dinge mit sich selbst ausgemacht.
Vielleicht bin ich auch etwas zu hellhörig und es ist gar nicht so gemeint und die Historikerkommission wird das alles genauer untersuchen. Ich bin nur als langgedienter Oppositionspolitiker in diesem Haus vorsichtig, wenn ich höre, dass bis zu den 50er Jahren untersucht werden wird. Man sollte sich vielleicht anschauen, wie man mit dem Erbe Rothschild überhaupt umgegangen ist. Es wurden ja immerhin beide Rothschild-Palais geschleift, es wurde das Krankenhaus Rothschild geschleift, der Bahnhof wurde geschleift. Das riesige Denkmal von Salomon Rothschild, das es dort gegeben hat, steht nicht mehr im öffentlichen Raum, sondern nur im Jüdischen Museum.
Also da könnte man sich schon einiges zum Umgang der Stadt Wien mit dem jüdischen Erbe überlegen. Und daher kommen noch nicht die große Zustimmung, das große Lob und die große Begeisterung zum jetzigen Zeitpunkt bei mir auf, aber man wird sehen, wie sich die Dinge entwickeln.
Wichtig ist uns natürlich auch das, was wir schon im März gesagt haben. Man muss sich das im Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz genau anschauen, ob das wirklich so gemeint ist, dass der Magistrat alles mit sich selbst ausmachen darf, weil ja der Magistrat zum einen die Stiftung vertritt und zum anderen auch Stiftungsbehörde ist.
Diese Forderung bleibt aufrecht, da bringen wir einen Antrag ein. Und die zweite große Forderung in diesem Zusammenhang bleibt auch aufrecht, nämlich dass es zu keiner Verbauung des Gebietes kommt, dass der Rosenhügel weiterhin in großen Teilen Grünraum bleibt und weiterhin für medizinische Zwecke zur Verfügung steht.
Das letzte Mal im März habe ich drei Anträge eingebracht, einer hat überraschenderweise eine Mehrheit gefunden. Vielleicht werde ich heute auch überrascht und Sie stimmen einem dieser beiden Anträge von uns auch zu.
Präsident Ernst Woller: Ich möchte mitteilen, dass sich Herr Abg. Wiederkehr für die restliche Sitzung entschuldigt hat.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Margulies. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Werter Kollege Ulm!
Gleich vorweg: Ich denke, diese Freude können wir dir heute nicht machen, dass wir den beiden Anträgen zustimmen. Nichtsdestotrotz möchte ich die Gelegenheit nutzen, nämlich mich tatsächlich zu bedanken, dass es jetzt zur Einsetzung einer HistorikerInnenkommission kommt.
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