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Landtag, 4. Sitzung vom 25.03.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 52

 

Zu den Gründen, warum die Erlangung der Staatsbürgerschaft immer wieder nicht gelingt, zählen die langen Verfahrensdauern und vor allem die hohen Verfahrenskosten, was durchaus nicht nur, wie Sie jetzt gesagt haben, an der Bundesebene liegt, sondern auch an der Landesebene.

 

Wir hören von überbordenden Prüfungen beziehungsweise bekommen immer wieder Berichte von Menschen, gemäß welchen manchmal fast der Eindruck entsteht, dass es bewusste Behinderungen für die KundInnen gibt. Zum Beispiel werden mehrmals Verfahrensunterlagen etwa beim privaten Kreditschutzverband rekrutiert. Das kostet jedes Mal etwas, und es muss dann wieder eine neue Bestätigung gebracht werden, weil die Behörde so lange arbeitet. Von der Volksanwaltschaft, dem Stadtrechnungshof und anderen werden die langen Verfahrensdauern kritisiert. Der Wiener Landesverwaltungsgerichtshof ist überbordet, weil die Anträge bei der MA 35 zu lange behandelt werden.

 

Seit 2005 bin ich nun schon fast durchgängig in diesem Haus, und ich erlebe - wobei ich das jetzt gar nicht böse meine - immer wieder gebetsmühlenartig, dass der zuständige Landesrat oder die zuständige Landesrätin die MA 35 seit Bestehen aufstockt beziehungsweise andere Führungsköpfe einsetzt. Gewisse Punkte ändern sich aber nie: Das Personal ist maßlos überfordert. Sie sprachen selbst von über 150.000 Fällen pro Jahr. Außerdem sind die Kundinnen und Kunden oftmals unzufrieden, weil die Verfahrensdauern zu lange sind.

 

Ich komme nun zu meiner Frage, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter: Wie wollen Sie sicherstellen, dass entsprechende Weiterbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten inklusive möglicherweise auch einem Coaching oder zumindest einem Coaching-Angebot für die MitarbeiterInnen, anstatt nur neuer Aufgaben zu mehr Motivation innerhalb der MA 35 führen? Was wird geschehen, dass bei Antragstellungen für Aufenthaltsverlängerungen tatsächlich eine für beide Seiten raschere Abwicklung ermöglicht wird, damit die Menschen nicht reihenweise zum Landesverwaltungsgerichtshof gehen müssen?

 

Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung.

 

Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Lieber Herr Abgeordneter!

 

Ich glaube, wir sind beide einer Meinung, dass die Anzahl der Einbürgerungen in Relation zu den Menschen, die hier leben, zu gering ist und dass vor allem im letzten Jahr 2020 genau diese Relation zwischen effektiven Einbürgerungen und der Zahl der Menschen, die in Wien leben, so gering wie seit vielen Jahren nicht mehr war. Das löst natürlich ein massives Demokratiedefizit aus, weil diese Menschen ja nicht mitbestimmen können, obwohl sie zum Teil schon sehr lange hier leben. Mein Ziel und meine Vorstellung von einer weltoffenen Stadt und von einer lebendigen Demokratie bestehen darin, dass Menschen auch mitbestimmen können, und darum muss es das gemeinsame Ziel sein, dass mehr Menschen mitbestimmen können.

 

Es gibt unterschiedliche Wege, wie wir dort hinkommen. Ein Aspekt ist sicherlich, die Verfahren zu beschleunigen und zu schauen, welche Hürden es gibt, und zwar sowohl bundesgesetzliche Hürden als auch Hürden bei der Vollziehung auf Landesebene, und wie wir auf Landesebene darauf hinwirken können, dass die Verfahren schneller werden. Der Rahmen ist trotzdem bundesgesetzlich.

 

Die Frage hat gelautet, was wir tun können, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch weiterqualifiziert und ausgebildet werden und nicht neue Aufgaben dazukommen. - Das mit den neuen Aufgaben ist so, dass solche oft dazukommen, ohne dass man etwas dafür kann. So haben wir uns zum Beispiel Brexit wohl alle nicht gewünscht beziehungsweise habe ich mir das zumindest nicht gewünscht. Der Brexit ist aber gekommen und stellt auch eine zusätzliche Belastung dar. Ich habe mir zwar gewünscht, dass die Nachfahren von NS-Verfolgten die Staatsbürgerschaft bekommen können, das ist aber trotzdem eine zusätzliche Belastung. Es gab hier also immer wieder zusätzliche, neue Aufgaben, die aber auch gut gemeistert wurden.

 

Wichtig ist natürlich, in die Ausbildung und Fortbildung und vor allem auch auf der ersten und zweiten Führungsebene zu investieren, wo sehr engagierte Personen tätig sind. Es geht darum, diese weiter zu stärken und auch darauf zu schauen, dass bei Fluktuationen in der Abteilung auch entsprechend qualifiziertes Personal nachrückt. Das ist mein Verständnis gemeinsam mit dem Abteilungsleiter, und in diese Richtung werden wir auch arbeiten, nämlich gutes Personal auch weiterhin zu finden und zu fördern.

 

Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung. Die 3. Zusatzfrage wird gestellt von Abg. Gasselich. Ich erteile ihm das Wort.

 

10.09.49

Abg. Mag. Patrick Gasselich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Landesrat!

 

Danke für die bisherigen Ausführungen. Dass es einen Reformbedarf bei der MA 35 gibt, ist, glaube ich, allseits bekannt und ganz logisch. Die Kritik von unserer Seite auch anhand der aufgezeigten Fälle ist absolut keine Kritik am Personal, weil klar ist, dass hier einfach eine Überlastung besteht.

 

Sie haben in der Fragestunde im Dezember gesagt, dass es eine Personalbedarfsanalyse gibt. Mich hat das ein bisschen verwundert, weil gerade die NEOS, als sie in der Opposition waren, sehr stark auf dieses Thema aufmerksam gemacht haben und mehr Personal wollten. Sie haben gesagt, dass bis Mitte 2021 diese Personalbedarfsanalyse umgesetzt beziehungsweise angestoßen wird, wie Sie es ausgedrückt haben.

 

Meine Frage ist jetzt: Woher kam der Schwenk, dass es doch jetzt sofort in einem ersten Schritt eine Personalaufstockung gibt, und was geschieht weiter mit dieser angekündigten Personalbedarfsanalyse?

 

Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung.

 

Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Mir war es sehr wichtig, mir zu Beginn genau anzusehen, wo die Herausforderungen oder Probleme liegen. In der Rolle als Oppositionspartei kann man natürlich sehr schnell einmal eine Aufstockung fordern. Den wirklichen Einblick in alle Abläufe bekommt man aber erst, wenn man sich

 

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