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Landtag, 5. Sitzung vom 24.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 93

 

gefreut über die entsprechende Aussage des Vizekanzlers, der es offensichtlich ähnlich sieht.

 

Tatsächlich haben die Landes-Sozialreferenten eine Sitzung im März gehabt, wo wir sehr intensiv darüber diskutiert haben, welche Verbesserungen, Veränderungen wir sehen, welche Notwendigkeiten an Verbesserungen und Veränderungen wir quer durch alle neun Bundesländer sehen. Es war vor allem eine Diskussion zwischen den Bundesländern und weniger eine Diskussion mit dem Bund, weil der Bund sich dieser Diskussion relativ entzogen hat. Aber wir haben einen einstimmigen Beschluss im März gefasst. Alle neun Landesräte für Soziales haben den Beschluss gefasst, dass wir über das letzte soziale Sicherungsnetz eine Evaluierung haben wollen, weil wir nicht zufrieden sind und auch Schwierigkeiten im Vollzug sehen. Wir haben auch beschlossen, dass wir den Sozialminister auffordern, die Versorgungslücken im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz zu schließen.

 

Wir sehen in allen Bundesländern Schwierigkeiten im Vollzug. Wir sehen in allen Bundesländern diese Versorgungslücken und brauchen natürlich entsprechende Bewegung auf Bundesseite, weil wir uns das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz logischerweise nicht selber schreiben können. Aber ja, es gibt da eine sehr einheitliche Meinung zwischen den Bundesländern, dass es Weiterentwicklung braucht. Natürlich gibt es keine einheitliche Meinung in allen Details, das ist ja nicht überraschend, aber es gibt eine wirkliche Übereinstimmung darin, dass der Zustand, den wir jetzt haben, sehr unbefriedigend ist.

 

Wir sind als Bundesland, und ich als Landesrat, ab 1. Juli auch die Vorsitzenden der Sozialhilfereferentenkonferenz, haben für ein Jahr diesen Vorsitz, und ich habe das mit meinen Kolleginnen und Kollegen in den Bundesländern schon besprochen, dass neben dem Thema der Pflegereform das Thema der Sozialhilfereform in diesem Jahr zweifelsohne einen besonderen Fokus haben wird. Ich glaube, das wird sehr produktiv werden, sehr konstruktiv werden. Das wird sehr viel Arbeit werden, aber es wird sicherlich ein sehr gutes Vorankommen geben. Und ich hoffe, dass es auf Bundesseite eine entsprechende Bewegung gibt.

 

Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung.

 

9.41.00†Amtsf. StR Peter Hacker - Frage|

Die 4. Anfrage (FSP-746001-2021-KVP/LM) wurde von Abg. Korosec gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Soziales, Gesundheit und Sport gerichtet. [Die Wiener Mindestsicherungsstatistik, die traditionell im späten Frühjahr auf der Internetseite der MA 40 publiziert wird, ist bis dato noch nicht veröffentlicht. Jedenfalls die Summe der WMS-Bezieher muss jedoch bereits bekannt sein. Sehr geehrter Herr Stadtrat, wie hoch war im Jahr 2020 die Anzahl der Bezieherinnen und Bezieher der Wiener Mindestsicherung als Jahressumme (als Einmalzählung) sowie im Jahresdurchschnitt?]

 

Ich ersuche um Beantwortung.

 

Amtsf. StR Peter Hacker: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete!

 

Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Ich verstehe nicht ganz, warum wir diese Fragen im Ausschuss diskutieren, ich Ihnen die Antwort zukommen lasse und dann diskutieren wir es hier noch einmal. Aber es ist Ihnen natürlich vollkommen unbenommen. Ihre Frage ist, wie hoch die Anzahl der Bezieher im Jahr 2020 für die Wiener Mindestsicherung war und wie viele verschiedene Personen, also die Jahressumme als Einmalzählung und im Jahresdurchschnitt, und auf diese Frage kann ich Ihnen Folgendes berichten: Die Anzahl der Bezieherinnen und Bezieher der Wiener Mindestsicherung im Jahr 2020 betrug im Jahresdurchschnitt 136.267 Personen und in der Einmalzählung bezogen insgesamt 169.717 verschiedene Wienerinnen und Wiener Leistungen aus der Wiener Mindestsicherung.

 

Präsident Ernst Woller: Danke. Die 1. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Korosec gestellt.

 

9.42.33

Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Herzlichen Dank für die Information. Wir haben die Unterlagen noch nicht. Normalerweise um diese Zeit haben wir ja bereits das vergangene Jahr, diesmal ist das nicht der Fall, daher meine Frage.

 

Herr Landesrat, mich würde aber Folgendes interessieren: Die Volksanwaltschaft hat zwei Mal die Mindestsicherung in Wien sehr heftig kritisiert und zwar im Zusammenhang mit den subsidiär Schutzberechtigten, eben in dem Zusammenhang, dass das nicht auf das Niveau der Grundversorgung reduziert wurde. Und die Volksanwaltschaft meint - und ich sehe das genauso -, das ist ein Verfassungsbruch. In welcher Form werden Sie das korrigieren beziehungsweise wenn Sie es nicht korrigieren, wie können Sie es rechtfertigen?

 

Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung.

 

Amtsf. StR Peter Hacker: Ich meine, wir wollen doch einmal herausarbeiten, worum es Ihnen geht. Es geht Ihnen darum, dass wir subsidiär Schutzberechtigten das Niveau der Leistungen, die sie aus der Mindestsicherung bekommen, fast halbieren. Darum geht es Ihnen. Also ich finde, Sie sollten das auch sagen, Frau Korosec. Sie sollten sagen, die ÖVP, die angeblich so christlich-soziale Wurzeln hat, ist dafür, dass subsidiär schutzberechtigte Personen, also Menschen, die einen legalen Aufenthaltsstatus in unserem Land haben, dann, wenn sie keine Arbeit finden, was bekanntermaßen bei einem befristeten Aufenthaltsstatus schwierig ist - aber Sie als christlich-soziale Partei sind dafür -, dass diese Menschen eine Unterstützungsleistung bekommen, ungefähr die Hälfte des Betrages, den Mindestsicherungsbezieher bekommen, also unterhalb der Grenze, mit der man sich auch noch irgendetwas in seinem Leben leisten kann. Ich finde, Sie sollten das in aller Klarheit sagen. Ich finde, Sie sollten sagen, dass Sie dafür sind, dass österreichweit ein paar Tausend Menschen vom Staat in die absolute Armut geschickt werden sollen. Ich finde es ja auch gar nicht schändlich, wenn das Ihre politische Position ist. Ich finde es überhaupt nicht schändlich, aber sagen Sie es auch, dass das Ihre politische Position ist. Und nein, ich bin der Meinung, dass das nicht verfassungswidrig ist, dass wir diese Position in Wien nicht teilen und daher nicht umsetzen.

 

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