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Landtag, 5. Sitzung vom 24.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 93

 

strukturen für Jugendliche geht. Es sind die Forderungen, die die Kinder- und Jugendanwaltschaften aufstellen, die für uns als politisch Verantwortliche immer wieder wichtige Hinweise sind und die wir auch ernst nehmen sollten. Wenn Sie sich da jetzt immer herausstellen - und das ist auch eine Debatte, die wir immer wieder führen - und sagen, na ja, aber das, was da drinsteht, das gefällt uns nicht, denn Deutschförderklassen finden wir eigentlich super wichtig, dann sage ich Ihnen: Auch da gibt es ganz viele andere Meinungen von ExpertInnen, die sagen, dass Deutschlernen und Sprachenlernen eigentlich am besten im Austausch mit Gleichaltrigen funktioniert - und nicht, indem man neue Ausgrenzungsformen schafft und Kinder und Jugendliche erst recht wieder in einen eigenen Bereich wegschiebt. Dazu komme ich vielleicht später noch.

 

Aber wenn Sie jetzt sagen, da gibt es die einzelnen Punkte, das gefällt mir inhaltlich nicht, und deswegen kann ich den Bericht nicht annehmen, dann, muss ich sagen, nehmen Sie offensichtlich auch unabhängige Stellen, die eine zentrale Monitoringaufgabe haben, so wie die Kinder- und Jugendanwaltschaft, einfach nicht ernst, denn darum geht es: Es liegt uns dieser Bericht vor, und wir als PolitikerInnen schauen uns an: Was sagt die unabhängige Stelle? - Und ehrlicherweise vielleicht noch ein zweiter Hinweis: Wenn Sie sich beim Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft, die die Einhaltung von Kinderrechten überprüft, denken, pffh, das ist aber eigentlich alles falsch, was da drinnensteht, dann würde ich vielleicht einmal meine eigene Überzeugung überdenken, denn da geht es um Kinderrechte, da geht es um Kinderrechtsverletzungen, und wenn Sie damit nicht d'accord gehen - mit einer Institution, die für die Einhaltung von ebendiesen Kinderrechten sorgt -, dann ist es vielleicht eher der eigene Bereich, über den man einmal nachdenken sollte.

 

Weil die Vorfälle in Favoriten angesprochen wurden und Kollege Berger offensichtlich nicht bis zum Ende gelesen hat, darf ich dazu auch noch ganz kurz ausführen, dass wir in Wien seit vielen, vielen Jahren - und auch darauf wird wieder im Bericht Bezug genommen - mit dem Wiener Netzwerk für Demokratiekultur Arbeit in diesem wichtigen Bereich der Demokratiekultur, der Deradikalisierung, der Prävention machen. Sie wissen, dass das Netzwerk bereits im Jahr 2014 geschaffen worden ist, zu einem Zeitpunkt, zu dem von vielen anderen Parteien oder auch auf anderen politischen Ebenen noch gar nichts in diesem Bereich passiert ist. Sie wissen, dass in diesem Bereich viel Präventionsarbeit passiert, viel Sensibilisierungsarbeit passiert und auch viel Vernetzungsarbeit passiert - auch das wird im Bericht noch einmal genau dargestellt und hervorgekehrt.

 

Sie wissen auch, dass in der Stadt Wien ganz klar ist - für uns, vor allem auch als Wiener Stadtregierung -, dass Gewalt, egal, in welcher Form sie passiert, egal, von wem sie ausgeht, in dieser Stadt keinen Platz hat, und wir kümmern uns um all diejenigen, die das Gefühl haben, dass sie ihre Probleme oder ihre Situation mit Gewalt lösen müssen, egal, ob sie das mit Fäusten ausfechten oder auch mit dem Degen. Wir finden, jede Art von Gewalt und jede Art von Radikalisierung und Extremismus sind abzulehnen.

 

Ich möchte mich abschließend noch einmal ganz, ganz herzlich bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft und bei Ihnen, liebe Kinder- und JugendanwältInnen, bedanken. Bitte den Dank auch an Ihr Team auszurichten, das wirklich großartige Arbeit leistet. Kinderrechte kennen keinen Lockdown - ich komme zurück an den Anfang meiner Rede -, weil es Institutionen wie die Kinder- und Jugendanwaltschaft gibt. - Vielen Dank.

 

Präsident Ing. Christian Meidlinger: Vielen Dank. Bitte desinfizieren! Jawohl. - Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abg. Berger zum Wort gemeldet. Es stehen dafür drei Minuten zur Verfügung. Bitte.

 

11.50.18

Abg. Stefan Berger (FPÖ)|: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Die von der Vorrednerin genannten Punkte, insbesondere bezüglich Heimopfer in Wien, kann man natürlich nicht so stehen lassen. Erstens habe ich nicht behauptet, dass Wien nichts getan hätte, sondern dass es sehr wohl Versäumnisse gibt.

 

Und weil Sie gesagt haben, es ist ja eh alles super und toll, möchte ich das hier auf diesem Wege korrigieren und darf einfach nur aus dem Bericht vorlesen, diese Passage befindet sich auf Seite 8. - Im Übrigen, weil Sie mir jetzt vorhalten, ich hätte den Bericht nicht zu Ende gelesen: Sie sind anscheinend nicht einmal bis Seite 8 gekommen, denn ansonsten hätten Sie diese Behauptung hier nicht aufgestellt. - Hier heißt es wörtlich:

 

„Angebote für ehemalige Heimkinder und eine angemessene Erinnerungskultur. Nach wie vor ist die Kinder- und Jugendanwaltschaft mit Fragen rund um ehemalige Heimkinder und ihre psychotherapeutische Versorgung befasst. Jene betroffenen Erwachsenen, die im Projektzeitraum bis 2016 keine Begutachtung über den Weissen Ring in Anspruch nehmen konnten und daher kein Kontingent an Psychotherapiestunden zugesprochen bekommen haben, sind auf sich selbst zurückgeworfen. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft versteht sich als Anlaufstelle für diese Menschen, die nach eigenen Erzählungen nie oder kaum Gehör dazu gefunden haben, was ihnen in ehemaligen Einrichtungen der Stadt Wien widerfahren ist. Die Übergriffe waren keine Einzelfälle. Größere Zusammenschlüsse von Wohngemeinschaften bergen bis heute die Gefahr systematischer und struktureller Gewalt. Wien braucht daher eine Kontrollstelle und Angebote zur respektvollen und individuellen Begleitung auf psychosozialer, rechtlicher und therapeutischer Ebene. Mit dieser Forderung schließt sich die Kinder- und Jugendanwaltschaft der Wahrnehmung der Volksanwaltschaft an, die Wien als einziges Bundesland benennt, das keine Kommission zur Wiedergutmachung mehr führt."

 

Und - letzter Satz -: „Ebenso ist festzuhalten, dass noch keine profunde Vergangenheitsbewältigung im Sinne einer Erinnerungskultur stattgefunden hat. Die schmerzvollen, durch öffentliche Einrichtungen erlittenen Erfahrungen der mehrfach traumatisierten Menschen brauchen öffentliche Anerkennung und die Mitwirkung der Behörden.“

 

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