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Landtag, 5. Sitzung vom 24.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 64 von 93

 

vielmehr erhebliche Versäumnisse: So wurden im Jahr 2003 Eigentümerwechsel an der Gemeinnützigen genehmigt, obwohl Angehörige des Baugewerbes gemäß § 9 WGG an der Übernahmegesellschaft beteiligt waren. Als im März 2010 bekannt wurde, dass Treuhandkonstruktionen in der Eigentümersphäre vorhanden waren, dauerte es eineinhalb Jahre, bis die Stadt Wien aktiv wurde und eine Aufdeckung der Treuhandschaften forderte. Im Rechnungshofbericht heißt es dazu: ‚Der Rechnungshof empfahl der Stadt Wien, zeitnah nach Bekanntwerden unklarer oder dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz möglicherweise widersprechender Eigentumsverhältnisse an gemeinnützigen Bauvereinigungen eigene Erhebungen bei diesen vorzunehmen.‘ Recherchen des Rechnungshofes ergaben, dass in der mittelbaren Eigentümerstruktur 41 Unternehmen zu finden waren. Darunter Gesellschaften mit Sitz in Zypern und Osteuropa, wie dem Bericht ‚Aufsicht über gemeinnützige Bauvereinigungen‘ zu entnehmen ist. Im Jahr 2017 wurde bekannt, dass es neuerlich zu irregulären Konstruktionen in der Eigentümerstruktur des Unternehmers gekommen ist. Diesmal durch Vertragswerte involviert - wobei selbstverständlich für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung gilt: Der Immobilienmagnat und Milliardär Michael Tojner und dessen Umfeld. Dies geht unter anderem aus einem Dokument mit der Bezeichnung ‚Notariatsakt‘, Geschäftszahl 5818 - unterfertigt bei Notar Dr. Martin Gratzl im Jahr 2010 durch Michael Tojner hervor. Öffentlich zugängliche Unterlagen dokumentieren, dass die mittelbare Erwerberin der Muttergesellschaft der WBV-GFW - die Keystone Holding SA mit Sitz in der Schweiz - jedenfalls in der Vergangenheit - hinter seinem Treuhänder Mag. Christian Hosp verborgen Michael Tojner zuzuordnen war. So heißt es auf Seiten 11 bis 12 der ‚Pflichtveröffentlichung gemäß §§ 35 Abs. 2, 14 Abs. 2 und 3 Wertpapiererwerbs- und -Übernahmegesetz‘ im Zusammenhang mit der VARTA AG.

 

Aktionärsstruktur der ETV - größter Aktionär der ETV ist die Keystone Holding SA, eine Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht mit Sitz in Zollikon, Schweiz, und eingetragen im Handelsregister des Kantons Zürich, Schweiz, unter der Nummer“ - die können Sie entnehmen - „Die Keystone Holding SA hält derzeit 10.816 Aktien an der ETV, dies entspricht 77,26 Prozent des Kapitals der ETV. Die übrigen Aktien der ETV befinden sich im Streubesitz.

 

Sämtliche Anteile an der Keystone Holding SA werden von Herrn Mag. Christian Hosp, wohnhaft in Herrliberg, Schweiz, gehalten.

 

Diese sämtlichen Aktien der Keystone Holding SA hält Herr Mag. Christian Hosp auf Grund einer Treuhandvereinbarung treuhänderisch für Herrn Dr. Dr. Michael Tojner, wohnhaft in Wien, Österreich. Auf Grund dieser Treuhandvereinbarung ist Herr Mag. Hosp verpflichtet, seine Rechte aus sämtlichen Aktien an der Keystone Holding SA ausschließlich nach Weisung von Herrn Dr. Dr. Tojner auszuüben, und Herr Dr. Dr. Tojner trägt sämtliche wirtschaftlichen Chancen und Risiken aus diesen Aktien.

 

In einem Sonderprüfbericht zur WBV-GÖD kam der Revisionsverband zu folgenden gravierenden Erkenntnissen, die an dieser Stelle im Wortlaut abgebildet werden: Die am heutigen Tage abgeschlossene Sonderprüfung hat ergeben:

 

Der Landesregierung als Aufsichtsbehörde kommt im Verfahren nach § 10a WGG eine umfassende Prüfungspflicht zu. Die mittelbaren Anteilsabtretungen von 99,99 Prozent an der WBV-GÖD von LINEA und FR-Fundus Real an die Keystone Holding SA sowie danach an die Christian Hosp Beteiligungs GmbH wären nach Auffassung des Revisionsverbandes gemäß § 10a WGG genehmigungspflichtig durch das Land Wien gewesen.

 

Im Falle eines Genehmigungsverfahrens gemäß § 10a Abs. 1 WGG zu den Anteilsabtretungen wäre zudem der Tatbestand des § 9 WGG - überwiegender Einfluss von Personen, die als Angehörige des Baugewerbes einzustufen sind - in die Überlegungen mit einzubeziehen.

 

Die Vereinbarung eines Optionspreises zusätzlich zum Abtretungspreis der Anteile - Punkt 5.1 des Optionsvertrages - ist nach § 10a Abs. 2 WGG nicht vorgesehen und ist aus Sicht der Revision als Umgehung der o.a. Bestimmung zu qualifizieren.

 

Sofern die mittelbare Abtretung der Anteile an der WBV-GÖD nicht nach § 10a Abs. 1 WGG rechtsunwirksam ist, steht die Bauvereinigung WBV-GÖD spätestens seit 17. Mai 2017 unter dem Einfluss eines Angehörigen des Baugewerbes in der Schweiz.

 

Sämtliche Erklärungen über die wahren Eigentumsverhältnisse der WBV-GÖD beziehungsweise Treuhandschaften, welche Dipl.-Ing. Gregorich und Mag. Baumgartner ab dem Jahr 2010 im Zuge der jährlichen Jahresabschluss- und Gebarungsprüfung abgegeben hatten, waren unvollständig, da diese weder die Kaufoption, die Abtretungsvereinbarung mit Global Equity Partners Beteiligungs Holding GmbH noch die Treuhandschaften der LINEA und der FR Fundus für die Keystone Holding SA ab 2015 offengelegt hatten.

 

Vordergründig kam man der Aufsichtsverpflichtung zumindest nach: Nach wiederum mehr als langem Hin und Her wurde ein nachträglicher Antrag auf Genehmigung der Anteilstransaktionen im Herbst 2018 abgelehnt. Allerdings erst auf erheblichen medialen wie politischen Druck hin. Auch ein Regierungskommissär gemäß § 30 WGG wurde schließlich bestellt. Allerdings konnte die Causa bis zum heutigen Tag nicht abgeschlossen werden. Jedenfalls auch, weil sich Michael Ludwig, Kathrin Gaál und die MA 50 von Anfang an gravierende Verzögerungen und Verfehlungen leisteten, wie wiederum der Rechnungshof nachweist: ‚Der Rechnungshof hob hervor, dass der Stadt Wien mit Gutachten, Stellungnahmen und einem Beschluss des Firmenbuchgerichts umfassende Grundlagen für eine fundierte behördliche Entscheidung vorlagen, ob auch der mittelbare Anteilserwerb an einer gemeinnützigen Bauvereinigung genehmigungspflichtig war.‘ Entgegen dem Hinweis des genossenschaftlichen Revisionsverbandes kam man der Verpflichtung, das Firmenbuch über die erheblichen Ungereimtheiten in der Eigentümerstruktur - die im Übrigen bis

 

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