Landtag, 5. Sitzung vom 24.06.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 93
heute bestehen - nicht rechtzeitig nach. Auch hier zeigt sich der Rechnungshof kritisch: ‚Der Rechnungshof kritisierte, dass die Stadt Wien das Firmenbuchgericht nicht über den mittelbaren Anteilserwerb an der gemeinnützigen Bauvereinigung A vom Mai 2017 informierte. Dies, obwohl sie dazu verpflichtet war, nachdem eine Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes im Mai 2018 klargestellt hatte, dass dieser Anteilserwerb rechtsunwirksam war. Der Rechnungshof wies darauf hin, dass auch der Revisionsverband im Juli und August 2018 gegenüber der Stadt Wien eine Meldung an das Firmenbuchgericht durch die Stadt Wien anregte.‘
Auch die Objektivität beziehungsweise Seriosität der MA 50 ist durch deren eigenes Handeln massiv anzuzweifeln. So wurden Gespräche mit Parteienvertretern geführt, ohne, dass darüber - wie üblich - entsprechende Aufzeichnungen geführt worden wären. Der Rechnungshof hält dazu fest: ‚Der Rechnungshof kritisierte, dass die Stadt Wien Kontakte mit Organwaltern und Vertretern von Parteien im Verfahren zur Entziehung der Gemeinnützigkeit der gemeinnützigen Bauvereinigung A und zur Genehmigung des Anteilserwerbs an der gemeinnützigen Bauvereinigung A nicht dokumentierte. Er wies dabei insbesondere darauf hin, dass bei solchen Kontakten auch verfahrensrelevante Fragen der Rückabwicklung des Anteilserwerbs an der gemeinnützigen Bauvereinigung A besprochen wurden und ein Parteienvertreter sowie dessen Verhältnis zum Leiter der verfahrensführenden MA 50 auch Gegenstand einer Anfrage im Wiener Gemeinderat waren. Der Rechnungshof gab zu bedenken, dass allfällige Naheverhältnisse von Parteienvertreterinnen und -vertretern zu Bediensteten der verfahrensführenden Abteilung die Objektivität der behördeninternen Willensbildung beeinflussen könnten.‘
Das im Nachfolgenden auszugsweise faksimiliert wiedergegebene Protokoll einer Aussage vom 24. April 2019 einer hochrangigen Mitarbeiterin der MA 50 vor dem Verwaltungsgericht Wien verdeutlicht die Problematik in Zusammenhang mit geheimen Dienstbesprechungen seitens OSR Dr. Dietmar Teschl in der Causa WBV-GÖD dramatisch.
Die Vertreterin der belangten Behörde gibt Folgendes zu Protokoll: ‚Ich möchte dazu ausführen, dass ich behördenintern in diesem Verfahren in keiner Weise beteiligt war, ich wurde nie beigezogen und kann daher ergänzend - insbesondere, wenn ich gerade auf Spruchpunkt 2 des Bescheides angesprochen werde - darlegen. Ich möchte betonen, dass ich mich nicht entschlage, sondern dass ich kein weiteres Wissen habe. Ich möchte darauf hinweisen, dass am 14.11.2018 eine Besprechung des Behördenleiters der MA 50, Dr. Teschl, mit Vertretern der Beschwerdeführerinnen stattgefunden hatte, zu welcher ich ausdrücklich von diesem ausgeladen wurde.‘
Die angeführten Exempel haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Festzuhalten bleibt, dass Kathrin Gaál bisher keine wirklich valide Antwort zu den Versäumnissen in der Causa geben konnte.
Auch in der Causa Dittelgasse blieb die Aufsichtsbehörde untätig. Ausgangspunkt war ein umstrittenes Bauprojekt in Wien-Donaustadt, an dem die WBV-GPA, die Siedlungsunion und die WBV-GÖD beteiligt waren. Vorstandsobfrau der Siedlungsunion war damals Ingrid Schubert, die auch als Wiener SPÖ-Landtagsabgeordnete fungierte. Vorgeblich, um die berechtigten Widerstände gegen das Projekt zu beruhigen, wurde ein Unternehmen mit Mediation beauftragt. Die Leistung des Unternehmens beschreibt die ‚Presse‘ im Artikel ‚Das 100.000 EUR Mediationsprojekt‘ vom 4. April 2018 folgendermaßen: ‚Die Kosten für diese Mediation - die im Wesentlichen aus einer Website und einer größeren Veranstaltung bestand - könnten die künftigen Mieter zum Schluss selbst tragen müssen.‘ Auch der Zeitpunkt der Beauftragung mutet nach Recherchen der Tageszeitung seltsam an: ‚Die Bauträger - Siedlungsunion, WBV-GÖD und WBV-GPA - entschieden, dass ein Mediationsprozess helfen könnte. Allerdings zu einem Zeitpunkt, wo sowohl Flächenwidmung wie Bebauungspläne schon abgesegnet waren - eine Baubewilligung zu bekommen, ist bei korrektem Vorgehen also nur mehr ein amtliches Verfahren.‘ Das beauftragte Unternehmen steht im Eigentum von Karin Schubert, Ingrid Schuberts Tochter. Offensichtlich um die Genehmigungspflicht des Aufsichtsrates gemäß § 9a WGG infolge des nahen Verwandtschaftsverhältnisses zu umgehen, wählte man eine Umgehungskonstruktion: Die Beauftragung erfolgte nicht durch die Siedlungsunion, sondern im Wege eines Konsortialbauträgers. Allerdings kam die Siedlungsunion nunmehr indirekt für 25 Prozent der Kosten auf, wie der Rechnungshof aufzeigt. Bezeichnenderweise stellte der Revisionsverband in seinem Prüfbericht der Siedlungsunion zum Geschäftsjahr 2017 fest, ‚dass ein Aufsichtsratsbeschluss für eine mitfinanzierte, aber nicht beauftragte Leistung fehlte.‘ Zumindest vermeintliche Schlupflöcher werden im Interesse hochdotierter Aufträge an nahe Angehörige schamlos genützt. ‚Der Rechnungshof erachtete es daher als zweckmäßig, auf die wirtschaftliche Zurechnung eines Rechtsgeschäftes abzustellen und nicht auf den Formalakt der direkten Beauftragung zwischen den gemeinnützigen Bauvereinigungen und den Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern beziehungsweise ihren nahen Angehörigen. Ausschlaggebend sollte sein, wer die Folgen aus der Beauftragung, insbesondere die daraus resultierenden Kosten, zu tragen hat‘, kommentieren die Prüfer diesen roten Schildbürgerstreich. Die konkreten Details des Auftrages sowie Inhalte zu erbrachten Leistungen waren offenkundig nicht auffindbar: ‚Nähere Details zum konkreten Inhalt des Auftrags, zu den vereinbarten Stundensätzen oder Leistungspauschalen, allfällige schriftliche Vereinbarungen zwischen den drei gemeinnützigen Bauvereinigungen über die Beauftragung und Kostentragung, Leistungs- beziehungsweise Zeitaufstellungen waren der Stadt Wien nicht bekannt. Der Rechnungshof war mangels Prüfzuständigkeit nicht berechtigt, Prüfungshandlungen bei den drei gemeinnützigen Bauvereinigungen durchzuführen.‘ Diese Kompetenz wäre allerdings bei Kathrin Gaál gelegen, indem sie Sonderprüfungen zu dieser skandalösen Auftragsvergabe veranlasst hätte. Aber
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