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Landtag, 13. Sitzung vom 21.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 35

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil heute auch so viel von Verdienen und von Leistung die Rede war: Ja, es ist an der Zeit, Respekt und Anerkennung auch für jene einzufordern, die unser Land während der Corona-Krise am Laufen gehalten haben. Wir wissen - und es ist mehrfach von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern auch angesprochen worden -, dass Einbürgerung meist am Geld scheitert. Aber diese Menschen, die in der Pandemie Pflegeheime, Supermärkte, Krankenhäuser geführt haben, alles gegeben haben, sollen auch die Möglichkeit haben dazuzugehören, als Anerkennung nämlich auch als Teil dieses Landes zu gelten. Sie haben bereits Großartiges für Österreich geleistet, und daher ist es grundfalsch, wenn die ÖVP das Trennende in den Vordergrund stellt und sogar von einer Entwertung der Staatsbürgerschaft spricht.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Kollege Wölbitsch, der den Antrag begründet hat, hat auch keinen einzigen Vorschlag auf den Tisch gelegt. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Was? Das habe ich ja gemacht!) Er hat keinen Vorschlag auf den Tisch gelegt, er agiert planlos (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ich war gar nicht planlos!) und hat ein Mal mehr gezeigt, dass die ÖVP in Wahrheit kein Interesse an einem gelungenen Integrationsprozess hat. Sie hat kein Interesse, dass es einen einfacheren Zugang zur Staatsbürgerschaft geben soll, sonst würde sie im Umkehrschluss ja auch nicht gut integrierte Kinder abschieben. Ich erinnere an den 28. Jänner 2021, als die zwölfjährige Tina und ihre fünfjährige Schwester nach Georgien abgeschoben wurden. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Sie kennen aber schon die Gewaltentrennung!)

 

Sie wissen es, es war eine Abschiebung, die von massiven Protesten von Menschenrechtsorganisationen und auch der Opposition begleitet war. Hier wurden gut integrierte Kinder abgeschoben. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Mag. Caroline Hungerländer: Das war eine rechtsstaatliche Entscheidung! - Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Sie kennen schon die Gewaltentrennung!) Ja, ich verstehe ja Ihre Aufregung, weil es ein Widerspruch zu Ihrer Argumentation ist.

 

Und es tut Ihnen natürlich weh, dass der verantwortliche Innenminister Nehammer war, der heutige Bundeskanzler. Das Bundesverwaltungsgericht - und jetzt kommen wir zum Schluss - hat diese Abschiebung auch als rechtswidrig bezeichnet. Es war also ein eklatantes Versagen des damaligen Innenministers, des heutigen Bundeskanzlers, der gut integrierte Kinder abschiebt, weil sie leichter zu fassen sind als so mancher Kriminelle. Diese Kinder kann man aus der Schule oder von zu Hause in der Nacht abholen, ansonsten haben Sie keinen Plan. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es herrscht hier offensichtlich eine irrationale Angst. Ich habe in mehreren Beiträgen auch vernommen, dass mit der Staatbürgerschaft Menschen auch das Wahlrecht erhalten. Gerade die von Ihnen zitierte Studie, die Sie in einem anderen Zusammenhang verwenden, sagt ja umgekehrt, dass der Erwerb des Wahlrechts als Grund für die Beantragung der Staatbürgerschaft nicht erstrangig genannt wird. (Abg. Mag. Caroline Hungerländer: Na eh!) Ich frage mich also, wovor Sie sich fürchten.

 

Aber den Vogel, finde ich, hat ja Kollege Wölbitsch gestern in seinem Pressegespräch abgeschossen. Sie waren ja auch dabei, Frau Hungerländer, Sie wissen es. Er hat den Vogel abgeschossen, als er gesagt hat: Eine Vereinfachung des Staatbürgerschaftsrechts würde nur die Migrationswelle antreiben. Also ich muss Ihnen sagen, so etwas Dummes habe ich in meinem Leben noch nicht gehört! (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Sie werden doch nicht annehmen, dass Menschen flüchten, die gefährliche Fahrt über das Meer auf sich nehmen, hunderte ertrinken, weil es um die österreichische Staatsbürgerschaft geht? (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ja! Weil man ihnen etwas vorspielt, was man nicht halten kann!) Denken Sie doch bitte einmal nach, bevor Sie reden. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Sie haben offensichtlich von Krieg, Hungersnot und Verfolgung noch nichts gehört. In welcher Welt leben Sie eigentlich? (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Das frage ich mich auch!) Von einer leichtfertigen Vergabe der Staatsbürgerschaft kann ebenso keine Rede sein. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Sie leben in einer SPÖ-Blase! Der schlechteste Generalsekretär aller Zeiten!)

 

Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass die MA 35 zu reformieren ist, und der zuständige Stadtrat Wiederkehr hat ja die Reformen auch bereits eingeleitet. Lange Wartezeiten, hohe Einkommenshürden und Gebühren behindern die soziale Integration.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme daher auf den Punkt: Das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht produziert täglich Fremde im Land. Es ist restriktiv, kompliziert, bürokratisch und vor allem kostenintensiv, und Menschen mit geringem Einkommen sind massiv belastet und letztendlich ausgeschlossen. Das ist das, was Sie offensichtlich unter gelungenem Integrationsprozess verstehen. Daher gilt es, Chancengleichheit zu fördern, Hürden abzubauen und auch die Demokratie zu stärken. Dafür legen wir im Unterschied zu Ihnen auch konkrete Vorschläge auf den Tisch, denn ein Demokratiedefizit ist nicht vermeintlich, sondern offenkundig, wenn etwa jedes fünfte Neugeborene in Österreich keine österreichische Staatsbürgerschaft erhält.

 

Lassen Sie mich vielleicht kurz aus einem Leitartikel der Chefredakteurin Kathrin Gulnerits von „News“ zitieren, die das sehr gut auf den Punkt gebracht hat und auch beschreibt, in welcher Situation sich die ÖVP befindet. Ich zitiere, sie schreibt: „Würden sie doch einfach ein anderes Wahlverhalten an den Tag legen. Ja, dann wäre vielleicht alles anders. Dieses ganze Gefasel vom ‚hohen Gut‘ und der ‚Integration durch Leistung‘, das zynische Zündeln mit Sätzen wie ‚eine Staatsbürgerschaft muss man sich verdienen‘ und die ewige Schwarzmalerei von drohenden Masseneinbürgerungen, die ein Staatsbürgerschaftsautomatismus auslösen würden - all das könnten wir uns dieser Tage einmal mehr ersparen. Aber nein, ein einfacher Zugang würde wohl der ÖVP keine neuen Wählerinnen und Wähler bringen. Also Ende der Diskussion.“ - Ende des Zitats.

 

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