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Landtag, 22. Sitzung vom 26.04.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 55

 

destens 16, 17 Jahren das Thema der Persönlichen Assistenz. Begonnen hat alles mit dem Beitritt Österreichs zur UN-Konvention für Menschen mit Behinderung, wo Österreich - nicht die Bundesländer, Österreich - versprochen hat, Maßnahmen umzusetzen wie die Persönliche Assistenz und das persönliche Budget für Menschen mit Behinderung.

 

Seither warten wir, ehrlich gesagt, darauf, dass da in irgendeiner Form schlaue Schritte stattfinden. Wobei ich schon zugebe, dass es immer mehrere Wege nach Rom gibt, und ich bin ganz aufgeschlossen, auch mehrere Wege nach Rom zu diskutieren, zu überlegen, gemeinsam zu planen. Es ist aber ein bisschen frustrierend - das sage ich ganz offen und es betrifft definitiv nicht nur den jetzigen Sozialminister, das brauchen wir nicht zu diskutieren -, dass wir seit ewigen Zeiten in dieser Frage nicht weiterkommen. Seit 15 Jahren gibt es daher in Wien ein Provisorium, ein Übergangsprovisorium, das auch ein solches ist, das auch als solches deklariert ist, das auf den Kernfokus abzielt, der immer schon als Thema im Raum gestanden ist, wenn man über die Frage der Organisation und die Finanzierung von Persönlicher Assistenz geredet hat, wo wir gesagt haben, wir brauchen eine intelligente Weiterentwicklung des Instrumentes Pflegegeld.

 

Das Instrument Pflegegeld ist 1993 für Menschen, die altersbedingt pflegebedürftig sind, geschaffen worden. Damals ist nur dazugehängt worden, dass da auch Leistungen für Menschen mit Behinderung finanziert sind. Sie kennen das: ein siebenstufiges Einstufungssystem, wo Menschen mit Behinderung im Wesentlichen nicht vorkommen, ein bisschen implizit vorkommen, Pflegestufe 5 gilt automatisch, wenn man an den Rollstuhl gefesselt ist, aber das hat an sich mit der Einstufung für altersbedingte Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit wenig zu tun.

 

Wir alle, die sich mit dem Thema ein bisschen näher beschäftigen, wissen auch, welche große Emotion bei den Menschen mit Behinderung - nachvollziehbarerweise - herrscht, wenn es darum geht, eine klare Unterscheidung zu machen zwischen altersbedingt pflegebedürftig und Menschen mit Behinderung, die ganz andere Bedürfnisse haben, ein ganz anderes Selbstverständnis haben und zu Recht auch einen anderen Anspruch an die Betreuungs- und Unterstützungssysteme haben.

 

Daher bin ich auch der Meinung, dass die recht haben, die sagen, wir sind nicht pflegebedürftig, sondern wir sind Menschen mit Behinderung, wir werden auch vielfach behindert im Leben und daher brauchen wir andere Unterstützungssysteme. Deswegen habe ich immer gesagt, es ist an sich gescheit - Persönliche Assistenz, ein persönliches Budget, das kann ich gut nachvollziehen -, kann aber nur in irgendeiner Form in Harmonie mit den Spielregeln des Pflegegeldes erfolgen. Deswegen haben wir vor 15 Jahren in Wien die Persönliche Assistenz ermöglicht, im Rahmen der sogenannten Pflegegeldergänzungsleistung, als freiwillige Leistung des Landes, vollzogen vom FSW. Wir sind das Bundesland mit den allermeisten Menschen mit Behinderung, die Persönliche Assistenz als Leistung beziehen. Das sind immerhin 362 Personen, die diese Leistung beziehen, Jahresvolumen 20 Millionen EUR.

 

Wir brauchen keine schwierige Kopfrechnung zu erledigen, um zu wissen, was das im Durchschnitt heißt, wie viel Menschen diese Leistung im Durchschnitt bekommen. Der Durchschnitt, kann ich Ihnen sagen, hat eine Spanne, die noch wesentlich größer ist, als sich da an der Durchschnittsleistung erahnen lässt. Deswegen habe ich mich auch gefreut, ehrlich gefreut, als ich gehört habe, dass Minister Rauch daran arbeitet, eine neue Regelung für die Persönliche Assistenz zu schaffen.

 

Tatsächlich hat er uns das im März 2022 in einer Landessozialreferentenkonferenz vorgestellt und angekündigt - nicht mehr, aber das ist ja okay -, er hat sich das jetzt vorgenommen, er möchte eine Österreich-weite Regelung zum Thema Persönliche Assistenz. Wir haben damals nicht viel diskutiert, wir haben das begrüßt, haben gesagt, das ist super. Mehrere Bundesländer haben ja schon Leistungen, manche haben viel, manche ein bisschen. Es gibt aber Länder, die sich, so wie auch wir in Wien, schon seit vielen Jahren mit dem Thema beschäftigen, allen voran die Kollegen in Oberösterreich, die Kollegen in der Steiermark, auch im Burgenland, auch in Kärnten. Da gibt es überall in unterschiedlicher Dimension die Leistung Persönliche Assistenz.

 

Wir haben damals gesagt, das ist super, wenn wir uns mit dem Thema beschäftigen, wir sind dabei, lass uns das in Ruhe durchdiskutieren. Das muss nicht von heute auf morgen über die Bühne gebracht werden, das kann man auch gründlich diskutieren, sehr, sehr gut. Dann haben wir einmal monatelang nichts gehört. Dann haben wir gehört, es wird daran gearbeitet, und zwar mit den Bundesländern, die noch keine Persönliche Assistenz haben. Da haben wir uns gedacht, okay, auch in Ordnung, da werden wir schon etwas erfahren. Im September 2022 - Vorankündigung im März - haben wir permanent nachgefragt und haben dann, weil wir keine Rückmeldung bekommen haben, einen Beschluss gefasst, alle Bundesländer, am 16. September 2022, an den Minister gerichtet, die Bitte um Einbindung der Länder bei der Frage der Harmonisierung: „Die LandessozialreferentInnenkonferenz sieht es als zwingend erforderlich an, vor Beginn des Pilotprojektes über die Formulierung und Ausgestaltung dieses Persönliche-Assistenz-Modells im Detail informiert zu werden.“ - Zitat Ende -, damit wir es dann auch gemeinsam diskutieren können.

 

Denn wir haben Österreich-weit schon mehrere Hundert Menschen in der Leistung. Wenn es eine neue Förderrichtlinie gibt, ist es ja nicht wirklich eine schwierige Übung, zu sagen, lass uns das diskutieren, weil uns sonst möglicherweise etwas bei denen passiert, die wir jetzt schon in der Leistung haben. Dann sind Beamte eingeladen worden, Beamte haben dann viele Bedenken zu dem vorgelegten Entwurf vorgetragen, die Reaktionsfähigkeit oder -willigkeit des Ministeriums: null. Vom ersten Entwurf, den man im September gesehen hat, bis zum letzten Entwurf, der dann veröffentlicht worden ist, haben sich genau fünf Beistriche verändert.

 

Am 5. Dezember wurde uns Sozialreferenten präsentiert, dass es einen Piloten geben wird, und am 6. Dezember eine Pressekonferenz mit dem Klubobmann der ÖVP.

 

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