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Landtag, 22. Sitzung vom 26.04.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 55

 

Die Wiener Wohnbeihilfe schützt immer weniger Menschen immer weniger. Dieser Satz wird Ihnen bekannt vorkommen, ich habe ihn bereits im Zuge einer Dringlichen Anfrage an den Herrn Bürgermeister im Dezember gesagt. Seitdem ist nichts passiert, außer eines: Durch die hohe Inflation sind weitere Wienerinnen und Wiener aus der Wohnbeihilfe geflogen. Durch die hohe Inflation haben weitere Wienerinnen und Wiener eine Reduktion ihrer Wohnbeihilfe hinnehmen müssen.

 

Seitdem ist nichts passiert, obwohl Ihnen allen, also jedem Einzelnen von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, der massive Wirkungsverlust der Wohnbeihilfe ab Dezember klar sein sollte. Seitdem ist nichts passiert und das, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, ist nicht akzeptabel. (StR Dominik Nepp, MA: Eigentlich nicht!) Das ist nicht akzeptabel, denn was soll die Wohnbeihilfe leisten? Die Wohnbeihilfe soll armutsgefährdete und armutsbetroffene Menschen vor Armut durch Miete schützen. Die Wohnbeihilfe soll Menschen mit niedrigem Einkommen vor zu hohen Wohnkosten schützen. Und die Wohnbeihilfe soll sicherstellen, dass Wienerinnen und Wiener die Mietkosten stemmen können. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Diese Aufgabe, sehr geehrte Damen und Herren, kann die Wohnbeihilfe nicht mehr leisten. Diese Aufgabe kann die Wohnbeihilfe nicht mehr leisten, weil die Einkommensstufen sage und schreibe 23 Jahre lang nicht an die Inflation angepasst wurden. Was wir wollen, ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Wiederherstellung dieser Leistungsfähigkeit der Wohnbeihilfe als Schutzschirm gegen Armut, als Schutzschirm gegen Wohnkostenüberlastung. Unsere Forderung an Sie ist: Stellen Sie diese Leistungsfähigkeit wieder her! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Die Einkommensstufen der Wohnbeihilfe wurden zuletzt vor 23 Jahren angepasst. Seitdem verlieren Jahr für Jahr Menschen den Schutz der Wohnbeihilfe, und das hat einen ganz einfachen Grund. Die Löhne werden angepasst, sie sind aber auf Grund der Inflation kein bisschen mehr wert. Wenn nun die Einkommensstufen der Wohnbeihilfe nicht mit der Lohnentwicklung steigen, dann ergibt sich der Effekt, den wir als kalte Progression aus der Einkommenssteuer kennen. Wir haben deshalb schon im Dezember Maßnahmen gegen diese kalte Progression aus der Wohnbeihilfe gefordert, und Sie haben bis jetzt nichts gemacht. Das ist ein Skandal, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich kann Ihnen diese Kritik nicht ersparen. Wie kann man ignorieren, dass die Ausgaben für die Wohnbeihilfe seit 2008 real um 80 Millionen EUR gekürzt wurden, um 80 Millionen EUR alleine im Jahr 2021, von den Folgejahren kennen wir die Zahlen noch nicht. Sie haben mit Ihrer Untätigkeit die Leistungsfähigkeit der Wohnbeihilfe beschädigt, die Wohnbeihilfe ist nicht mehr wirksam genug, um Armut zu bekämpfen.

 

Zu sagen, die Wohnbeihilfe funktioniert ja noch, wäre ungefähr so, wie wenn man bei einem Auto, ich habe jetzt ein SPÖ-Modell ausgewählt, nacheinander aus allen vier Reifen die Luft auslässt und dann zum Fahrer sagt: Fahr, das Auto funktioniert ja eh noch! - Ja, die Grundfunktion (erheitert) des Autos ist auch mit ausgelassenem Reifen theoretisch da, aber fahren kann man damit nicht mehr. Genauso ist es bei der Wohnbeihilfe: Die Grundfunktion ist da, aber gegen Armut durch Wohnkosten sichert sie nicht mehr ab, weil Sie ihr die ganze Luft langsam ausgelassen haben. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist nicht akzeptabel. Das funktioniert nicht, das gehört repariert und um im Bild zu bleiben: Machen Sie die Wohnbeihilfe wieder fahrtüchtig, machen Sie die Wohnbeihilfe wieder leistungsfähig! Die Dringlichkeit einer Reform ist deshalb gerade jetzt so groß, weil die Inflation so hoch ist. Noch einmal das Bild vom Auto: Während bisher die Luft ganz langsam aus den Reifen geströmt ist, wirkt die hohe Inflation so, wie wenn jemand ein großes Loch in alle Reifen gestochen hätte.

 

Die Inflationsentwicklung der letzten zweieinhalb Jahre verschärft das Problem bei der Wohnbeihilfe massiv, und die Zahlen sprechen ja für sich. Die Zahl der BezieherInnen ist von einem Höchststand im Jahr 2008 von 59.000 auf 38.000 gesunken. Wenn man das Bevölkerungswachstum berücksichtigen würde, müssten wir jetzt eine Zahl von 70.000 BezieherInnen haben, wenn man davon ausgeht, dass sich die Situation seit 2008 nicht völlig verändert hat. Das heißt, durch die fehlende Anpassung der Einkommensstufen haben zumindest 30.000 Haushalte den Schutz der Wohnbeihilfe komplett verloren, und das ist einfach nicht akzeptabel. Das funktioniert nicht, das gehört repariert, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Noch deutlicher wird das Problem, wenn man die Ausgaben der Stadt betrachtet. 2008 wurden 92 Millionen EUR für Wohnbeihilfe ausgegeben, 2021 waren es 53 Millionen EUR. Wenn man die Bevölkerungsentwicklung und die Inflation seit 2008 berücksichtigen würde, müssten die Ausgaben jetzt bei 133 Millionen EUR liegen. Das heißt, die Leistungsfähigkeit der Wohnbeihilfe gegen Armut wurde bis 2021 im Vergleich zu 2008 um 80 Millionen EUR gekürzt, 80 Millionen EUR Kürzung allein im Jahr 2021.

 

Wer das ignoriert, sagt, fahren wir doch einfach ohne Luft in den Reifen weiter, wird schon gehen, der Rest des Autos funktioniert ja noch. Was uns allen beim Auto völlig kurzsichtig erscheinen würde, sehr geehrte Damen und Herren, machen Sie gerade bei der Wohnbeihilfe, ohne Muh und Mäh. Sie tun so, als könnte man noch ein paar Reifen vom Auto abschrauben und trotzdem weiterfahren. Sie tun so, als würde ein bisschen Schutz genügen, als würde ein bisschen Leistungsfähigkeit ausreichend sein. Das funktioniert nicht, das gehört repariert. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wir kämpfen mit einem stark beschädigten Instrument gegen die Armut und dann wundern wir uns, warum Armutsgefährdung durch Wohnkosten steigt. Das ist leider zu kurzsichtig, sehr geehrte Damen und Herren, und wir fordern Sie auf, das endlich zu reparieren. Wir schlagen vor, dass die Einkommensstufen aus dem Jahr 2000, die seitdem nicht erhöht wurden, auf das heutige Preisniveau angepasst werden.

 

Das würde den BezieherInnenkreis erweitern und die Leistungen für viele Haushalte erhöhen, und damit kann

 

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