Landtag, 22. Sitzung vom 26.04.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 55
schichte ist, dass Sie noch immer an dieser gesamten Geschichte mit der Spekulation hängen. Ich verstehe schon, dass Sie von Strombörsen, Energiebörsen wenig Ahnung haben (Ruf bei der ÖVP: Aber Sie!), das hat sich im Zuge der Untersuchungskommission auch schon oft gezeigt, weil Sie immer von der Spekulation reden. Und eigentlich war es ja gut, weil wir ganz am Anfang der Untersuchungskommission drei Experten hatten, die sich wirklich auskennen und die nicht von der SPÖ kommen. Alleine Johannes Benigni hat in seinen Aussagen ziemlich klar gesagt: Gewöhnlich sind Handelsbücher von Unternehmen derart komplex, dass das Außenstehende gar nicht bewerten können! Und er hat auch ganz klar gesagt - weil in diesem Fall immer das Risikomanagement Gegenstand der Diskussion ist -, dass enorme Liquiditätserfordernisse nicht Teil eines normalen Risikomanagements sind. Das können Sie in der Bilanz nicht einmal abbilden, sonst könnten Sie ein Geschäft gar nicht führen.
Ich finde es auch immer wieder spannend, wenn Sie fordern, wir müssen das Geschäftsmodell der Wien Energie ändern. Wirklich super! Und was konkret, und wie und Sonstiges? Eigentlich ist das nicht Teil dieser Untersuchungskommission und, ganz im Gegenteil, es ist auch nicht die politische Aufgabe, ein Geschäftsmodell eines Unternehmens, das am Markt steht, zu ändern. Ich meine, Entschuldigung, wie weit geht das überhaupt noch? (Beifall bei NEOS und SPÖ. - Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: … steht zu 100 Prozent im Besitz der Stadt, ist nicht börsenotiert und gar nichts! Ein börsenotierter Konzern, der hat drei Mal mehr Transparenzanforderungen als die Wien Energie!)
Das heißt, wenn ich Sie richtig verstehe, liebe ÖVP, wollen Sie ja dann auch das Geschäftsmodell des Verbundes ändern, der zum größten Teil im österreichischen Eigentum ist, Sie wollen auch das Geschäftsmodell der EVN oder der Salzburg AG möglicherweise verändern. Ich finde es ja überhaupt sehr interessant und ich unterstütze ja durchaus auch Vorschläge, ich unterstütze vor allem jenen Vorschlag, den auch der Bundesrechnungshof im Sinne von Bestellung, und so weiter von Aufsichtsräten vorgelegt hat. Ich halte diesen Vorschlag für sehr, sehr gut - wie eine solche Auswahl erfolgen soll und Sonstiges, auch das werden wir in Wien in die Diskussionen einbringen. Aber dann sage ich: Halten Sie sich bitte genauso an die Spielregeln! Denn wissen Sie, wer ist denn der Aufsichtsratsvorsitzende der Salzburg AG? - Lhptm Haslauer. Wer ist die Aufsichtsratsvorsitzende der EVN? - Eine ehemalige Stellvertreterin von Sebastian Kurz. Also wenn Sie mit diesen Vorschlägen kommen, dann kehren Sie bitte vor Ihrer eigenen Haustür! (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Zusammenfassend: Wir nehmen diese Untersuchungskommission und die anderen Instrumente der Aufklärung wirklich ernst. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ja, das haben wir gesehen!) Und wir nehmen auch die Schlussfolgerungen, welche Art von Verbesserungen notwendig sind, wirklich ernst. Dafür stehen wir, dafür setzen wir uns ein, und das werden wir auch entsprechend umsetzen. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Wah!) - Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Präsident Ernst Woller: Danke. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Abg. Arsenovic. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. Johann Arsenovic (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Danke, dass Sie heute brav mit uns aushalten, das finde ich cool. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das ist seine Aufgabe!) Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte ZuseherInnen! Werte Kollegen!
Ja, lieber Stefan, wir GRÜNE haben keine Aufsichtsratsvorsitzende bei Energieversorgern, deswegen kann ich … (Zwischenruf von und Heiterkeit bei Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM sowie Heiterkeit bei StR Karl Mahrer.) - Na ja, „noch“ hast du noch nicht gesagt.
Ich bin auch kein Jurist und werde mich jetzt nicht zu einer Diskussion der Stadtverfassung - wie meine Vorredner - hinbewegen. Ich möchte aber schon auch noch einmal meine persönlichen Eindrücke von der Untersuchungskommission erzählen, die ja dann im Endeffekt auch zu dem heutigen Antrag geführt haben.
Vielleicht für all jene, die nicht in der Untersuchungskommission sitzen, noch einmal ganz kurz, worum es wirklich gegangen ist, also vorweg vielleicht auch noch einmal einige Fakten zur Wiener Stromversorgung und zur Wien Energie, damit man das vielleicht noch einmal ein bisschen in Erinnerung ruft: Die Stadt Wien verbraucht am Tag zirka 15.000 Megawattstunden Strom, das sind zirka 6 Terawattstunden pro Jahr. Dieselbe Menge wird ungefähr produziert. Allerdings kann man ja Strom kaum speichern - es geht schon, über Wasserstoff und Pumpkraftwerke, aber in diesen Mengen natürlich nicht -, und die Stadt Wien hat auch kaum, sehr wenig, Alternativenergie beziehungsweise auch Wasserkraftwerke.
Also was tut man? - Der größte Teil des Wiener Stroms wird mit Gas produziert, wobei das Verhältnis so ist, dass man mit zehn Einheiten Gas zirka viereinhalb Einheiten Strom produzieren kann. Das passiert über Kraft-Wärme-Kopplungen, das heißt, Strom wird hauptsächlich dann produziert, wenn wir in der Stadt Wärme benötigen, das heißt, im Winter. Quasi das Abfallprodukt der Wärme ist dann der Strom, und wir produzieren im Winter ungefähr doppelt so viel Strom, wie wir brauchen, und im Sommer de facto gar nichts. Da man aber beim Strom immer die Menge zur Verfügung stellen muss, die im Moment gerade gebraucht wird, muss man natürlich den Strom anderswo besorgen, beziehungsweise wenn man einen Überschuss hat, muss man versuchen, diesen los zu werden. - So weit so gut.
Da gibt es eben drei Möglichkeiten, wie man das machen kann, wie das die Versorger tun. Die eine Möglichkeit ist, ich kann mir tagtäglich über den „Day ahead“-Markt, also über den Spot-Markt, Strom organisieren. Das Risiko ist, dass ich tagtäglichen Kursschwankungen ausgesetzt bin, und das ist natürlich ein großes Risiko.
Die zweite Möglichkeit sind OTC-Geschäfte - das heißt „over the counter“, also über den Ladentisch -: Ich finde jemanden, der zum Beispiel genau die Menge Strom braucht, die ich gerade habe, oder ich finde jemanden, der mir genau die Menge Strom liefert, die ich gerade brauche. Der Nachteil und das große Risiko ist natürlich, dass
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