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Landtag, 23. Sitzung vom 21.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 68

 

mien. Ich möchte auch nicht verabsäumen, darauf hinzuweisen, dass zeitgleich mit dem Bericht der PatientInnen- und Pflegeanwaltschaft auch der Bericht der Wiener Heimkommission vorgelegt wurde. Die Wiener Heimkommission hat ja ihre Geschäftsstelle in der Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft, und seit 21. November 2022 bin ich auch Leiter dieser Heimkommission. Der entsprechende Bericht liegt, wie gesagt, ebenfalls vor und wurde bereits online gestellt.

 

Jetzt möchte ich etwas ins Detail gehen, was man über das Wiener Gesundheitswesen aus Sicht der PatientInnen- und Pflegeanwaltschaft sagen kann. Kurz gesagt: Es ist ein gemischtes Zeugnis, und vielleicht ist auch das der Grund dafür, dass ich mitbekommen habe, dass alle Fraktionen ein bisschen zufrieden mit dem Bericht sind. Das ist meist dann der Fall, wenn man versucht, einen Bericht ausgewogen zu verfassen und die Dinge nicht zu einseitig darzustellen.

 

Es wurden schon statistische Daten genannt: Wenn man nur die Zahl der schriftlichen Eingaben und der telefonischen Anfragen mit dem Jahr 2021 vergleicht, so würde sich hier ein Rückgang des Geschäftsanfalles ergeben. Auf der anderen Seite haben wir im Jahr 2021 in 783 Fällen mit behaupteten Schäden aus Behandlungsfehlern zu tun gehabt. 2022 waren es ein paar mehr, nämlich 790. Interessant dabei ist auch, dass im Hinblick auf diese Fälle im Jahr 2021 festgestellt wurde, dass 595 Mal kein Behandlungsfehler vorlag beziehungsweise keine Befassung des Patientenentschädigungsfonds möglich war, während das im Jahr 2022 nur auf 398 Fälle zugetroffen hat. Das heißt also, es gab eine Erhöhung der berechtigten Beschwerden.

 

Man sieht, Statistiken sind, auch wenn man sie „nicht selbst gefälscht“ hat, mit Vorsicht zu genießen und ermöglichen viele Interpretationen. Es beginnt schon damit, dass es die Sondersituation von Corona schwer macht, zu quantifizieren, ob der Rückgang an Beschwerden und Anfragen noch im Zusammenhang mit Corona zu sehen ist oder gerade wegen Corona ein besonders hohes Beschwerdeaufkommen vorliegen müsste. Welche sonstigen Faktoren können eine Rolle spielen, und so weiter? Es wurden die Ombudsstellen der Krankenanstalten angesprochen. Vielleicht funktionieren die Ombudsstellen recht gut und es ist deshalb zu einem Rückgang der Beschwerden bei uns gekommen? Ich glaube auch, dass, wenn jetzt Beschwerden über Wartezeiten auf Operationen rein zahlenmäßig etwas zurückgegangen sind, das noch kein gutes Zeichen sein muss, denn wir haben seitens der PatientInnenanwaltschaft immer klargestellt: Wir sind nicht dafür da, dass wir intervenieren. Wenn ein Patient kommt und sagt: „Ich habe eine Wartezeit von einem Jahr zu befürchten, können Sie mir nicht helfen?“, können wir nicht im Spital anrufen und sagen, bitte ziehen Sie diesen Patienten oder diese Patientin vor - was in der Praxis wohl passiert. Anders ist es im Entlassungsmanagement, wenn da der Hut brennt, also wenn die Leute wirklich vor der Situation stehen, sie müssen aus dem Spital raus, sie sind austherapiert, aber sie wissen nicht, wohin zu Hause, dann rufen sie natürlich bei uns an und dann ist es Gott sei Dank oft möglich, auch im Zusammenhang mit dem FSW für Betreuungsmöglichkeiten zu sorgen.

 

Ich habe auch versucht, um der Gefahr einseitiger Interpretationen von Statistiken vorzubeugen, einmal die Zahl der Beschwerdefälle der Zahl der tatsächlich in Wien behandelten Patientinnen und Patienten gegenüberzustellen - ich habe nur das Zahlenmaterial vom WIGEV -, aber das zeigt dann letztlich doch, dass, vergleicht man die Zahl der behandelten Fälle mit den Beschwerdefällen, wir es hier mit einem Promillebereich zu tun haben. Das heißt, die prinzipielle Aussage, dass das Gesundheitssystem funktioniert, das Vertrauen gerechtfertigt ist, würde ich schon unterschreiben.

 

Aber - jetzt komme ich zum „aber“ - es gibt schon beachtliche Problemfelder, und die sollten ernst genommen und in keiner Weise irgendwie bagatellisiert werden. Es ist heute schon wiederholt angesprochen worden, es gibt ein veritables Personalproblem in den Krankenanstalten, vor allem, was die Pflegekräfte betrifft, aber auch zum Teil, was Fachärztinnen und Fachärzte betrifft. Und die Konsequenzen wurden auch schon genannt. Wenn es zu wenig Personal gibt, dann wartet man länger, es kann passieren, dass man in der Notfallambulanz abgewiesen oder an ein anderes Spital weiterverwiesen wird, es kommt zu Verschiebungen von OP-Terminen, es kommt zu Wartezeiten auf die Krankentransporte und überlange Tätigkeiten der Sanitäter dieser Krankentransportdienste, weil diese die PatientInnen nicht nur ins Spital bringen, sondern dort auch noch Papiere für sie besorgen müssen, auch wenn sie sie abholen, also es gibt da keine klare Aufgabentrennung zwischen dem Spitalspersonal und dem Sanitätsdienst. Es kommt zu Kommunikationsmängeln, die Leute haben weniger Zeit mit den Patientinnen und Patienten zu reden, die beklagen sich darüber, dass sie zu wenig informiert sind, und es kommt zu Bettensperren, es kommt zu Gefährdungsanzeigen. Das war ein Phänomen, das sich im letzten halben Jahr doch sehr deutlich verstärkt hat, und ich glaube, dass es schon auch ein Indikator für diesen allseits immer wieder auch medial beschriebenen Personalmangel ist. Letztendlich ist klar, Behandlungsfehler sind nie ganz auszuschließen, aber wenn das Personal knapp ist, wenn ich rascher arbeiten muss, dann ist auch die Gefahr, dass ich Fehler mache, größer.

 

Wie man dem beikommen kann, ist eine schwierige Frage. Es ist auch nicht meine Aufgabe als PatientInnenanwalt, hier Gesundheitspolitik zu machen, aber ich habe versucht, im Bericht darauf hinzuweisen, dass aus meiner Sicht eine rasche Abhilfe notwendig ist und dass alles, was an verstärkten Ausbildungsmaßnahmen kolportiert wird, sei es auf dem Ärztesektor, sei es auf dem Pflegekraftsektor, meiner Ansicht nach erst langfristig wirken wird können. Außerdem laufen wir Gefahr, dass wir immer dem Bedarf hinterherhinken, denn wir dürfen nicht vergessen, wir werden älter, wir werden leider kränker, der Bedarf steigt und alle Prognosen, wie viele Pflegekräfte wir in den nächsten zehn Jahren brauchen werden, können durch diese demographische Entwicklung schon überholt werden. Das heißt, der Schlüssel müsste lauten, wir müssen die Arbeitsbedingungen verbessern. Das ist zum Teil, glaube ich, eine finanzielle Frage, das ist aber auch eine

 

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