«  1  »

 

Landtag, 29. Sitzung vom 25.01.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 31

 

Vor wenigen Tagen erging eine Einladung an die Beamtinnen und Beamten auch der Stadt Wien, dass man sich auf Bundesebene mit den anderen Bundesländern zusammensetzt, um das Thema automatisationsunterstützte Überwachung zu diskutieren. In diesem Zusammenhang ist dann auch die ursprüngliche Novelle der Straßenverkehrsordnung ausgeschickt worden. Das heißt, wir haben jetzt erstmals das, worauf wir so lange gewartet haben, wir halten das jetzt erstmals in Händen, nämlich: Was waren die ursprünglichen Pläne der Ministerin? Was stand ursprünglich in der Straßenverkehrsordnungsnovelle drin? Mit welchem Passus wollte man die Kameraüberwachung ermöglichen?

 

Ich betone noch einmal, wir reden nicht von einer 24-Stunden-Videoüberwachung, weil das wirklich ganz oft verwechselt wird, hier geht es um eine Fotokamera, wie wir sie auf den Autobahnen in Radargeräten ohnehin schon überall finden. Das war übrigens auch das Ergebnis eines Gutachtens, das der Städtebund gemeinsam mit dem Ministerium und etlichen Städten zum Thema Datenschutz in Auftrag gegeben hat. Die Datenschutzprofessoren sind zu dem Schluss gekommen, dass das, was wir hier in der Inneren Stadt machen wollen, in Österreich bereits vielfach gemacht wird, eben von der Asfinag zur Pickerlüberwachung mit Radargeräten. Fotokameras zur Verkehrsüberwachung sind in Österreich also überall üblich, und es spräche aus Sicht des Datenschutzes nichts dagegen, das auch in der Inneren Stadt mit einem klaren gesetzlichen Passus und natürlich mit klaren Reglements zu machen.

 

Wie würde das denn ablaufen? Ein Auto fährt in die Innere Stadt, es wird ein Foto vom Kennzeichen gemacht, und dann gibt es eigentlich drei Möglichkeiten. Das Auto fährt auf einen der über 5.000 Garagenplätze, dort wird das Kennzeichen wieder fotografiert. Sobald es diesen Abgleich gegeben hat, wird es im quasi städtischen System gelöscht. Fall Nummer 2: Sie bringen Ihrer kranken Großmutter das Mittagessen, fahren innerhalb von 30 Minuten wieder hinaus. Das Kennzeichen wird wieder fotografiert, wird aus dem System gelöscht. Fall Nummer 3: Sie halten sich länger als die erlaubten 30 Minuten in der Inneren Stadt auf. Das Kennzeichen wird an die Landespolizei geschickt, und von dort bekommen Sie automatisationsunterstützt ein Strafmandat, weil sie gegen die Regeln der verkehrsberuhigten Inneren Stadt verstoßen haben. Das sind die drei Fälle, die es nach dem Konzept, das vom 1. Bezirk erarbeitet worden ist, gibt.

 

Was steht jetzt im Entwurf, den die Ministerin ausgeschickt hat und worüber es dem Vernehmen nach in der Koalition - ich kann nur sagen, zu Recht - Diskussionen gegeben hat, weil die Bestimmungen, die im Entwurf stehen, uns eine Umsetzung einer kameraüberwachten Verkehrsberuhigung verunmöglicht hätten? Es steht nämlich drin: Während Demonstrationen, Sportveranstaltungen und ähnlichen Großereignissen, bei denen die betroffenen öffentlichen Verkehrsmittel für den regulären Verkehr gesperrt sind, sind die bildverarbeitenden technischen Einrichtungen in den betreffenden Bereichen auszuschalten und mit einer geeigneten Abdeckung zu verhängen. Ich meine, das ist sowieso schon einmal interessant: Im digitalen Zeitalter muss dann jedes Mal einer mit einer Leiter ausrücken und das mit irgendeinem Stofftuch verhängen, und zwar an 26 Einfahrten.

 

Jetzt habe ich dann einmal bei der Polizei gefragt: Na ja, wie viele Demonstrationen gibt es denn so ungefähr im 1. Bezirk im Jahr? Ich lasse Sie jetzt einmal raten, wie viele Demonstrationen es im 1. Bezirk gibt. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Zu viele!) Zu viele ist mit Sicherheit eine richtige Antwort, ja. 1.735 angemeldete Demonstrationen gibt es im 1. Bezirk. Wenn man sich das jetzt überschlagsmäßig anschaut, muss man zumindest drei Mal am Tag das System ausschalten und verhängen, drei Mal ist konservativ geschätzt, eher vier Mal eigentlich. Wir können, glaube ich, mit Sicherheit sagen, das würde dann keinen Sinn machen, denn wir als Stadt würden nicht viel Geld in ein System investieren, das dann eigentlich 99 Prozent der Zeit ausgeschaltet ist. Dann macht es auch keinen Sinn, weil du das dadurch auch nicht überwachen kannst, denn einer fährt rein, bäm, das System ist ausgeschalten, kein Mensch weiß, wann die 30 Minuten vorbei sind.

 

Man hat also, als man diesen Entwurf ausgeschickt hat, schon gewusst, dass das, so wie das hier drinnensteht, für Wien definitiv keinen Sinn machen wird. Sie erinnern sich vielleicht, dass ich an dieser Stelle auch schon öfter gesagt habe, dass wir uns große Sorgen machen, dass in diesem Entwurf ein paar Giftzähne enthalten sind, die es für Wien verunmöglichen, dieses System umzusetzen. Das hat sich leider nach der Lektüre dieses Entwurfs bewahrheitet, dass das offensichtlich genau der Plan war.

 

Es gibt noch eine zweite problematische Bestimmung, die lautet: „und gelindere Maßnahmen hierzu geprüft wurden.“ Was heißt das übersetzt? Wir müssen als Stadt nachweisen, dass wir mit anderen Maßnahmen, zum Beispiel nur dem Aufstellen von Verbotstafeln, dieses Ziel nicht erreichen. Wie können wir das nachweisen? Na ja, natürlich nur, indem man quasi einen Feldversuch macht. Das heißt, wir müssen die Tafeln aufstellen, dann werden wir nach einem Jahr sagen: Gut, hat nicht funktioniert, es fahren genauso viele Leute hinein wie vorher, und die Polizei kann ja nicht strafen. Sie hat ja schon mehrfach erklärt, warum das nicht möglich ist, weil die Zufahrt zu den Garagen gewährleistet bleiben muss. Das heißt, wenn die Polizei jemanden kontrolliert und der sagt, ich fahre in eine Garage, sagt die, okay, gute Fahrt, und das war es dann.

 

Das wird sich, glaube ich, recht schnell herumsprechen. Das heißt, wir müssten, wenn es nach diesem Gesetzentwurf geht, quasi einen In-echt-Feldversuch machen, diese Tafeln aufstellen, dann abwarten, eine Evaluierung machen, dann zeigen, dass es nicht funktioniert. Dann können wir die Tafeln wieder wegräumen und dann können wir erst eine Ausschreibung für ein kamerabasiertes System machen. Ob die Bevölkerung wirklich so viel Geduld mit uns hat, wage ich zu bezweifeln. Ob sie Verständnis dafür hat, dass wir dafür Steuergeld ausgeben, sozusagen sehenden Auges in Dinge zu investieren, die nicht funktionieren, das wage ich auch zu bezweifeln.

 

In Summe, muss ich Ihnen sagen, bin ich wirklich enttäuscht, dass die Frau Verkehrsministerin die Verkehrsberuhigung immer als sehr wichtiges Ziel ihres politischen

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular