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Landtag, 34. Sitzung vom 19.06.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 79

 

Die neu ernannten Richterinnen und Richter werden gemäß dem richterlichen Dienstrecht in den ersten drei Jahren nach der Ernennung jährlich und danach alle drei Jahre vom Personalausschuss beurteilt. Die Erfahrungen der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass einerseits diese aktuelle Häufigkeit nicht erforderlich ist, es andererseits aber sein kann, dass eine anlassbezogene Beurteilung schon vorher notwendig wäre, was dieses fixe Dreijahresintervall aber nicht zulässt. Aus diesen Gründen - und wir haben das im Tätigkeitsbericht bei den legistischen Anregungen und Vorschlägen angeführt - wäre eine Annäherung der Wiener Regelungen an die Bestimmungen des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes zweckmäßig. Nach der dortigen Regelung erfolgt betreffend einen neu ernannten Richter eine Dienstbeschreibung für das zweite der Ernennung folgende Kalenderjahr. Er darf sich also quasi ein Jahr einarbeiten, nach Ende des zweiten Jahres wird er dann beschrieben, und dann ist das so geregelt, dass der Präsident des Gerichtshofes die Neubeschreibung eines Richters zu beantragen hat, wenn Gründe dafür sprechen, dass die letzte Gesamtbeurteilung nicht mehr zutreffend ist. Es kann aber auch ein Richter jederzeit eine Neubeschreibung beantragen, wenn er der Ansicht ist, dass seine geltende Dienstbeschreibung nicht passt, oder auch aus anderen Gründen, wenn er sich unter Umständen irgendwo bewerben möchte und eine aktuelle Beschreibung haben möchte.

 

An dieser Stelle möchte ich auch auf die Anmerkungen des Herrn Abg. Weber zu einer Frage eingehen, die bei den legistischen Vorschlägen auch genannt ist. Das Thema ist auch von Herrn Abg. Dr. Stürzenbecher angesprochen worden, und die Empfehlung kam von GRECO. In der Bundesverfassung ist es derzeit so geregelt, dass die Personalsenate der Landesregierung, aber ebenso der Bundesregierung, was das Bundesverwaltungsgericht anlangt, Vorschläge machen können. Und das gilt eigentlich auch für den Verwaltungsgerichtshof, nur, dass dort die Vorschläge der Vollversammlung bindend sind. Es können also der jeweilige Personalsenat oder, wenn es keinen gibt, die Vollversammlung der Landesregierung beziehungsweise der Bundesregierung betreffend Bundesverwaltungsgericht oder Verwaltungsgerichtshof Vorschläge machen. Diese Vorschläge beziehen sich auf Richterstellen, und diese sind nicht bindend, beziehungsweise beim Verwaltungsgerichtshof sind sie bindend. Der Wortlaut dieser Bestimmung des Art. 134 besagt, dass das mit Ausnahme des Präsidenten und Vizepräsidenten gilt, und das ist genauso geregelt für den Präsidenten beziehungsweise Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes und auch für den Verwaltungsgerichtshof.

 

In der Justiz hat man vor Kurzem eine Neuregelung für die Auswahl des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes beschlossen. Durch Bundesgesetz wurde ein gerichtsübergreifender Personalsenat geschaffen, und der jetzt neu bestellte OGH-Präsident Prof. Kodek wurde schon nach diesem System bestellt. Es war auch Anlass für die Vollversammlung, sich mit diesem Thema zu befassen und den Vorschlag zu machen, man solle nach diesem Muster auch betreffend die Verwaltungsgerichte so vorgehen. Wenn man allerdings die Kommentarliteratur konsultiert - zum Beispiel eine ganz aktuelle Kommentierung aus dem Jahr 2024 in einem führenden Verfassungskommentar von Korinek und Holoubek, dort kommentiert von Jabloner, dem früheren Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes, und Hofrat Faber -, dann stellt man fest, dass diese Kommentatoren meinen, dass diese Textierung im Art. 134 anders als Art. 86 der Bundesverfassung, worauf sich dieses System beim OGH stützt, so etwas ausschließt, dass also die Bundesverfassung solche Vorschläge durch den Personalausschuss oder durch richterliche Gremien ausschließt. - Das ist die Literaturmeinung dazu in diesem Kommentar.

 

In Hinblick auf den Arbeitsanfall möchte ich, unter Berücksichtigung des baldigen Dienstantrittes der 10 neuen Richterinnen und Richter, einen Blick in die Zukunft wagen. Im Berichtszeitraum 2023 standen - wir haben ja angeführt, dass es zahlreiche Ruhestandsversetzungen, zahlreiche Antritte von Mutterschutz, Elternkarenzen und Teilauslastungen gab - etwa 80 Vollzeitäquivalente zur Verfügung. Im Hinblick darauf erhebt sich zunächst die Frage. Was verstehen wir darunter? 80 Richter konnten von der Arbeitskapazität her judizieren. Die anderen sind ausgefallen durch Ruhestand, Mutterschutz, Elternkarenz. Das Gericht hat aber 85 Dienstposten, und 6 Dienstposten können im Überhang geführt werden, insofern kann man also jetzt einmal untechnisch von 91 Dienstposten sprechen. Wir haben das dann ausgerechnet: Wenn 80 Richter mit der Arbeitslast belastet werden können und wir 91 Dienstposten haben, dann fehlen etwa 11 Dienstposten. Das war auch der Grund, warum wir diese neuen Ernennungen im Überhang jetzt durchführen können. Und es ist auch sehr notwendig, denn obwohl diese 15 Richter, die ich genannt habe, 2022 und 2023 ernannt wurden, ist durch diese Elternkarenzen und Pensionierungen die Anzahl der Richter, die judizieren, weiterhin gesunken und befindet sich auf dem Stand 2019 bis 2022.

 

Auch in den nächsten Jahren werden Richterinnen und Richter in größerer Zahl in den Ruhestand versetzt werden. Das ist ja derzeit ein allgemeines Phänomen, unter dem alle Dienststellen leiden, und einhergehend mit der deutlichen Verjüngung der Richterschaft wird es naheliegenderweise vermehrt zu Elternkarenzen und Teilauslastungen zur Pflege von Kindern kommen. Aus diesen beiden genannten Gründen fehlt dann die Kapazität, um die Arbeitslast zu bewältigen. Ich muss daher meine eindringliche Bitte an Sie aufrechterhalten - das ist ja auch von den Vorrednern schon gesagt worden -, dass man diese rasche Nachbesetzung frei werdender richterlicher Planstellen weiterhin gut im Blick behalten muss. Wir haben intern im Gericht verschiedenste Listen, anhand welcher wir rechtzeitig sehen, wann wer den Ruhestand antritt, wann wer eine Teilauslastung beantragt. So rechnen wir die entsprechenden Kapazitäten aus und treten dann ans Amt der Landesregierung heran und sagen: Wir müssten wieder um eine Ausschreibungsgenehmigung bitten. Warum bitten? Weil das ja sozusagen Überhänge sind, die über den normalen Dienstpostenplan hinausgehen.

 

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